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(82) Wie der unerschrockenlich Held Teurdank ein Küriser
aus den zweien fieng, die von dem Neidelhart bestellt
worden, den Held zů erwirgen, und in doch allein nicht
dorften angreifen.

Neidelhart hett nit Rast noch Rů,
Bis er dem Held richt ein Unglück zů.
Auf ein Mal er in fragen tet,
Ob er nit mer einen Lust hett,
Zů sehen die Feind. Der Held sprach:
»Gern, bei mir findt Ir kein Abschlag!
Wann Ir wollt, so zeuch ich mit dar,
Dann ich bin deshalb kommen har.«
Das gefiel dem Neidelhart wol
Und sprach: »Lieber Herr, ichen soll
Mit sambt Euch auch ziehen darvon.
Wiewol ich bin ein alter Mann,
So will ich doch in keiner Not
Von Euch fliehen, sollt ich halt tot
Beleiben darumb auf der Fart.«
Teurdank reit mit dem Neidelhart
Von allem Volk ein Weg hindan,
Dann Neidelhart hieß das still stan.
Neidelhart der was gerüst wol
Von Harnasch und was man han soll,
Dacht: Wann mich die Feind rennen an,
So mag ich entrinnen darvon.
In solchen reiten si fürbaß
Und kamen, da der Feind Halt was,
Nahend bei einem dicken Wald;
Zwen ließen sich daraus sehen bald.
Neidelhart sprach: »Lieber Herr, lant lant: laßt.
Uns fliehen behend bedesambt.«
Er wisset aber wol vorhin,
Daß solchs wer wider des Helds Sinn.
Darauf er im antwurtet schier:
»Lieber Neidelhart, gelaub mir,
Ich folg auf das Mal nit deiner Leer,
Ich sech dann zůvor der Feind mer.«
Dieweil si redten, da geschach,
Daß in dem Wald der recht Halt brach.
Das merket Neidelhart, floch darvon,
Aber Teurdank greif si kecklich an;
Der Feind einen er rannt vom Pferd.
Das ersach sein Gesellschaft wert,
Druckten im nach mit aller Macht.
Der Feind ein jeder im gedacht:
Hie ist nit gůt zů beleiben mer!
Die Flucht kam under ir ganz Heer,
Wiewol ir zwen an einen Mann
Waren. Teurdank der schri si an
Und an der Flucht noch vil herab rannt,
Zůletzt er sich widerumb wandt
Und mit seinem Volk gesund heim kam.
Alsbald das Neidelhart vernam,
Bat er den Teurdank mit Fleiß seer,
Daß er im sagt, wo er doch wer
Von im als eilunds hinkommen;
Sein Reiten hett er nit vernommen,
Weßt nit, wo er in hett verlorn.
Teurdank antwort: »Ich gab die Sporn
Meinem Pferd, alsbald ich ersach
Die Feind. Zu inen was mir gach,
Ich rannt gegen inen hinein
Und meint, Ir sollt nechst bei mir sein,
So verlor ich Euch auf der Fart.«
Darauf antwort im Neidelhart:
»Ich sach von weitem in dem Halt
Ein groß Volk halten vor dem Wald.
Da macht ich mich eilunds darvon,
Dann in was nichts zu gwinnen an.
Mein Roß ist schwach und darzů treg,
Was hulfs Euch, daß ich nider leg;
Gedacht, Ir wurdt mir folgen nach.«
Teurdank der antwurt im und sprach:
»Das dunkt mich nit gar weislich tan,
Daß Ir Euch wellet understan,
Zů sehen die Feind auf eim Pferd,
Das doch nit ist zwelf Gulden wert.«
Der Held verschwig Neidelhart, daß
Von im sein Feind gschlagen was.
Indem ein jeder wider kam
In sein Leger, meniglich nam
Groß Freud ab der erlichen Tat,
So Teurdank jetzo vollbracht hat
Durch sein mandliche Teurlicheit.
Allein dem Neidelhart was leid,
Alsbald er die Sach recht erfůr.
Zů den Heiligen er ein Eid schwůr,
Er wollt je nit lassen darvon,
Sonder sich mit Fleiß understan,
Den Held zu jagen aus dem Land
Oder doch zu bringen in Schand.


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