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(67) Wie Teurdank sich einer Krankheit fristet über und
wider der Arzt und Unfallo Rat.

Nicht gar ein lange Zeit verging,
Daß der Held durch zůfellig Ding
Fiel in fast schwere Krankheit.
Solchs was dem Unfallo nit leid,
Gedacht: »Nun wird es werden recht,
Daß ich mein Sach mit im mach schlecht.«
Merkt, daß die Sucht teglich zůnam,
Darumb er zů dem Helden kam,
Sprach: »Herr, ich sich, daß Ir seid schwach,
Und mert sich die Krankheit all Tag.
Mein Frau hie ein gůten Arzt hat,
Den wollt ich hören und seim Rat
Folgen, ob Eur Sach bessert sich.«
Der Held sprach: »Ich empfinde mich
Voller Hitz und schwach in dem Leib.
Darumb auf das erst beschreib
Denselben Arzt, daß er zů mir
Kommen well her in dein Haus schir.«
Unfallo einen Boten sandt
Hin, der denselben Arzt wol kannt,
Daß er sich machet auf den Weg
Zů im, dann ein Herr fast krank leg,
Dem müßt er fristen sein Leben,
Der wurd im vil Gulden geben.
Der Arzt, als er die Meinung hett
Glesen, bald er zůrichten tet
Das, so im zů der Sach not was,
Kam zů Unfallo. Als er das
Ward gewar, gieng er zum Doktor.
Und ee er zum Held kam, zůvor
Redt er mit im dergleichen Wort,
Sprach: »Herr, in diser Stuben dort
Da leit ein Herr, der ist krank seer.
Was mag ursachen ursachen: verursachen. sein Leger?
Ir habt seinen Brunnen Brunnen: Harn, Urin. beschauet,
Saget mir, ob Ir Euch getrauet,
Im zů helfen von der Krankheit.«
Der Arzt sprach: »Nun seid nit verzeit verzeit: verzagt.!
Mit Gott und meiner Erznei
Will ich in der Sucht machen frei,
Dann nach Anzeig des Brunnen Schein,
Mag die Krankheit aus der Hitz sein.
Nach Inhalt Avicenna Avicenna: arab. Philosoph und Mediziner (980-1037) Leer,
So můß man im schwach Erznei seer
Eingeben, dann die stark soll nit;
Ein subtil Komplex wont im mit.«
Also bald das erhört Unfallo,
Was er der Red von Herzen fro,
Gedacht im: Wol, das ist der Sinn,
Der den Helden můß richten hin.
Sprach: »Mein lieber Herr der Doktor,
Mich bedunkt, Ir habt gesagt war,
Dann er von Natur ist subtil,
Drumb zimbt im stark Erznei nit vil.«
Damit si bed zů dem Held dar
Gingen. Unfallo sprach: »Nembt war,
Herr, hie hab ich bracht den Doktor.
Der will, ee er Euch ein geit, vor
Mit Euch reden, und dann darnach
Sich weiter schicken zů der Sach.«
Der Doktor seine Krankheit besach,
Begreif im seinen Puls und sprach:
»Herr, Ir seid von Art gar subtil,
Darumb Euch nicht gezimen will,
Stark Erzenei einzůgeben,
Wollt Ir anders Euer Leben
Fristen. Darumb folget meim Rat,
So hoff ich, es werd han kein Not.«
Der Held tet, was im der Arzt hieß
Etlich Tag; doch in nit verließ
Sein Krankheit, sonder noch mer schwach
Er ward für an von Tag zů Tag.
Der Held eins Mals im Sessel saß,
Befand, daß all Erzenei was
Zů schwach, die im der Arzt geben
Hett. Gedacht in im: Mein Leben
Steet on das in großer Gefer,
Dieweil die Erzenei nit mer
Will würken, sonder macht mich schwach.
So will ich selbs, so fer ich mag,
Sterker Erzenei empfahen,
Und dardurch dem Tod genahen
Oder wider zů meim Gesund
Kommen. Gleich in derselben Stund
Sandt er ein gheimen Diener sein
Eilunds in die nechst Stadt hinein.
Der bracht im sterker Erzenei,
Die nam er mit dem Herzen frei.
Nun hört, was ich Euch weiter sag.
Es stund nicht an drei ganzer Tag,
Der Held nam zů an seim Gesund.
Als er dasselb merken begund,
Wollt er von dem Arzt nit mer ein
Nemen. Das bracht Unfallo Pein,
Daß sich bessert des Helden Krankheit.
Vor Leid hett er nahend verzeit,
Er wißt nit die Geschicklicheit,
Damit der Held im hett bereit
Die Erzenei heimlich und still.
Darnach nicht über etlich Tag vil
Was der Held ganz und gar gesund.
Unfallo sich heimlich begund
Zů kümmeren von Herzen seer,
Dann er weßt schier kein Gefer mer,
Darein er mocht ein Helden bringen,
Wie ich Euch will weiter singen.


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