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(29) Wie Unfallo den Teurdank in ein geferlichen Fall
auf einem Eis fûret.

Einsmals darnach Unfallo saß
In seinen Gedanken. Da was
Mittlerzeit ein Knecht kommen,
Sprach: »Herr, habt Ir nit vernommen,
Wie gefroren ist heint ein Eis,
Bedecket mit großem Schne weiß?
Darvor mag des niemands nemen war.
Wer aber kumbt auf dasselb dar,
Der můß fallen, und obs im leid
Wer. Das sag ich bei meinem Eid,
Hart ist dasselb neben der Straß.«
Alsbald Unfallo höret das,
Da fiele im in seinen Sinn:
Mocht ich den Held bringen dahin,
Villeicht beschech im darauf ein Schad,
Dieweil das Eis also ist glatt.
Ging zů dem edlen Teurdank dar,
Sprach: »Herr, nemet in geheim war,
Wellet Ir heint reiten mit mir,
Ich will Euch zeigen ein groß Zier
Von vil schönen Jungfrauen zwar;
Aber wir müssen allein dar
Reiten bei eitler eitler: völliger. finster Nacht.«
Teurdank sich darauf nit lang bedacht,
Sonder sprach: »Geren ich mit reit;
Darumb, wann es dich bedunkt Zeit,
So laß mich allein wissen das.«
Unfallo verzug, bis Nacht was,
Schicket er zů dem Held mit Eil;
Wann es nun wer an seiner Weil,
So wollten si reiten darvon.
Teurdank legt seine Reitkleid an,
Saß auf sein Pferd, das was fast gůt,
Und reit hinweg mit gůtem Můt.
Als si kamen an das Ort dar,
Teurdank der nam des Eiss nit war,
Sonder reit gleich mitten darauf.
Von Stund do lag ob einem Hauf
Er und sein Pferd in solcher Weis
Am Rucken auf hertem Eis.
Also geschwind was derselb Fall,
Daß der Sattel ganz überall
Zů Stucken under ime brach.
Als solchs der Unfallo ersach,
Warnet er den teurlichen Mann,
Sprach: »Herr, Ir sollt Euch gehût han
Vor disem Eis hart, hell hell: schwach, dünn. und glatt.«
Teurdank der sprach: »Du kombst zů spat,
Dann ich hab nun gefallen schon.
Hettst du die Warnung vor geton!«
Unfallo ganz dergleichen tet,
Als ob er gern geholfen hett,
Sprach: »Herr, gelaubt mir bei meim Eid,
Daß ich in einer Fantasei reit.
Dardurch so hab ich Euren Fall
Ubersehen auf dises Mal,
Sonst wollt ich wol mit rechter Maß
Bei Euch verkommen haben das
Bald. So saget mir, lieber Herr,
Ob Ir nit habt empfangen Schwer Schwer: Schmerz.
Oder sonst ein einiches Leid.«
Darauf im der edel Held seit:
»Zerbrochen ist der Sattel mein
In dem Fall under mir allein;
Sonst so bin ich frisch und gesund,
Darzů mein Pferd zů diser Stund,
Dann Gott mir in meinen Sinn gab,
Daß ich im Fall sprang vom Pferd ab.«
Fälschlichen sprach der Unfallo:
»Des bin ich je von Herzen fro«;
In seim Herzen im anders was.
Teurdank wider auf sein Pferd saß
Und reit mit dem Unfallo dar
An dasselb Ort, dahin er war
Von dem Unfallo bescheiden.
Derselb trůg heimliches Leiden,
Daß gar nit wollten für sich gan
Gegen Teurdank, dem edlen Mann,
Seine Renk und böse Fürschleg.
Nun hört, was er weiter für Weg
Fürnam gegen dem edlen Held,
Wie die hernach werden erzelt.


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