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(93) Wie der küen, edel Held Teurdank an einem Streif
vil der Feind umbracht.

Neidelhart sich weiter besann,
Was er mit dem Held wollt fahen an.
Gieng darauf zů dem Helden dar,
Sprach: »Herr, ich sage Euch fürwar,
Daß die Feind haben fürgnommen,
An heut aus der Stadt zů kommen,
Und wellen ziehen auf ein Beut,
Werden mit in nemen vil Leut.
Nun mag ich auf mein Eid sprechen,
Daß in wer jetz abzůbrechen.
Wollt Ir dann auch raten darzů,
So will ich auf den Morgen frů
Vor Tags halten in disem Wald
Und mein Volk verstecken im Halt.
So gebt Ir in einen Fürlaß,
Alsdann will ich zů rechter Maß
Kummen und in mit meim Haufen
Erst der rechten Kirchweich kaufen
Und darnach mit Gwalt ein Streif tan.«
Teurdank sprach: »Ich will mirs gefallen lan!
Rüst dich allenthalben darzů,
Daß du morgen vor Tag ganz frů
Seist mit deinem Volk in dem Halt,
So will ich mich lan sehen bald,
Und als ich wollt Treffen stellen.
Ist es dann Sach, daß si wellen
Meinem Volk sein zů gwaltig,
Dann so will ich mit Ordnung mich
Gegen dir wider wenden gering,
Villeicht ich sie auf dein Volk bring,
So mûssen si beleiben all.«
Neidelhart sprach: »Herr, in dem Fall
So laßt mich nit mer dann sorgen.
Habt allein Fleiß auf den Morgen,
Daß si uns mit nicht entrinnen,
Ir sollt alsdann werden innen,
Wie ich mich gen in halten will.«
Als nun kam das angesetzt Zil,
Daß jedermann hielt in seim Halt,
Sach der Teurdank her mit Gewalt
Die Feind gegen im zů ziehen.
In kein Weg wollt er si fliehen,
Sonder sprengt si frölichen an,
Schlůg nider daraus seinen Mann,
Daß er toter auf der Erd lag.
Auf den Held geschach mancher Schlag,
Desselben er wenig acht nam.
Zůletzt die Schlacht überhand nam,
Darin der Held manchen erstach,
Die man vor im tot ligen sach
Am selben Streifen hin und her.
Zů vil der Toten gwesen wer,
Zů legen auf einen Wagen,
Ich glaub, der hetts nit mögen tragen,
Die er mit seiner Hand umbracht.
Neidelhart im im Halt gedacht:
Nu hab ich mer gesehen nie
Großer Wunder, dann daß jetz hie
Sovil Volks ganz on alle Zal
Soll fliehen so zu manchen Mal
Vor des Held Kraft und Schicklicheit.
Mir ist, wiß Gott, von Herzen leid,
Daß mein Anschlag nit will fürgan.
Teurdank der Held hette getan
Den Feinden ein großen Schaden,
Was deshalb mit Müe denn beladen
Von wegen der schweren Arbeit.
Darumb er zum Neidelhart reit
Und sprach: »Warumb hast du nit mir
Mit allem deinem Volk so schir
Nachgefolgt und helfen die Feind
Bis auf das Haubt erlegen heint?«
Neidelhart zů dem Helden sprach:
»Herr, warlichen, alsbald ich sach,
Daß die Feind mit aller Macht
Niderlagen in diser Schlacht,
Gedaucht mich, on alle Not seinon alle Not sein: es sei unnötig.,
Daß ich und das ander Volk mein
Denselben hetten nach gerennt,
Dann Ir habts allein wol geendt.
Ir sollt mir auch glauben fürwar,
Wirdet der Tat mein Frau gewar,
Si wird Euch des genießen lan
Und keinen für Euch wellen han.«
Mit der Red verbarg er sein List.
Gelaubt, hett Neidelhart gewißt,
Daß Teurdank nit sollt worden sein
Erschlagen mit seinem Volk klein,
Er hett den Zug nit fürgnommen.
Wers übel geraten, er wer nit kommen
Aus seinem Halt umb einen Tritt,
Er hett dem Held geholfen nit.
Doch dieweil ime sein Anschlag
Hett gefelt, saß er den ganzen Tag
Und gedacht mit Fleiß auf neu Weg,
Dardurch der Held zůletzt niderleg.


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