Ludwig I. von Bayern
Gedichte
Ludwig I. von Bayern

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Lebens-Erfrischung.

In des langen Friedens stillem Schatten
Muß der Muth der Sterblichen ermatten,
Streitend wächst der Baum dem Himmel zu.
Um zu kämpfen ist der Mensch geboren,
Kampflos geht das Leben ihm verloren,
Fähig sind nur Geister ew'ger Ruh.
Ruhe weilet nirgendwo auf Erden,
Niemals in des Sterblichen Gemüth;
Durch des Lebens drückende Beschwerden
Sie in jener Welt allein erblüht.

Wenn sich nicht erheben Trennungswellen,
Hindernisse selbst entgegenstellen,
Mußt du, zu behalten was du hast.
Mußt auf Augenblicke frey entbehren.
Es vermissend, wird der Mensch begehren,
Was ihm gegenwärtig eine Last.
In dem opfernd eigenen Entsagen
Keimet überirdischer Genuß.
Jenseits wird's zur Freude immer tagen,
Währet selig ew'ger Liebe Kuß.

Immer wechselnd naht die Fluth und weichet,
Und es sinkt die Sonne und entsteiget,
Daß der Tag entzücke, wird es Nacht.
Wolken müssen auch den Himmel trüben,
Denn es ward und wird allein hierüben
Durch Entbehrung Wonne angefacht.
Bleibende Vereinigung erkaltet,
Weil sie jung ist, nur die Blüth' erfreut.
Blos alsdann die Liebe nicht veraltet,
Wenn der Trennung Schmerz sie uns erneut.

Soll das Leben niemals dir veralten,
Mußt du's wissen immer frisch zu halten,
Schlürfe Freude nie zum Ueberdruß.
So wie das Verlangen dir geendet,
Hat sich auch die Freude weggewendet,
Der Genuß zernichtet den Genuß.
Drücket dich der Ehe stete Gleiche,
Stürzt das Traumschloß, das du dir gebaut,
O! dann flieh, damit die Last entweiche,
Mach' dein Weib dir wiederum zur Braut.

Will die Lust sich in dem Herzen legen,
Mußt du sie durch Trennung neu erregen,
Das Entbehrte ist in Reiz gehüllt.
Jenseits blos des Raumes aller Sterne,
In der ewig namenlosen Ferne
Wird das Sehnen dauernd nur gestillt;
Aber Wechsel unser Leben zeige,
Nach dem Winter erst der Lenz gefällt;
Ach! des Glückes ungetrübte Gleiche,
Sie ist nicht für diese ird'sche Welt.

Schöner winken im entleg'nen Schimmer,
In des Duftes magischem Geflimmer
Uns die Berge, ziehen mächtig an,
Zauberreize einzig das umschweben,
Was nicht heut' dem Menschen ist gegeben,
Und befriedigen kann nur der Wahn.
Wünschen mußt du, mußt dich immer sehnen,
Nie giebt Wirklichkeit das Bild zurück,
Wie sich's zeiget in der Liebe Thränen;
Blos in dem Gefühle lebt das Glück.


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