Ludwig I. von Bayern
Gedichte
Ludwig I. von Bayern

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Der Haunstein.

Ballade

Sehet dort auf jenen Höhen,
An des Klausners Cell' vorbey,
Trümmerndes Gemäuer stehen,
Ragen in die Lüfte frey.

Gräßlich thut's dort oben hausen,
Dumpfes Stöhnen wird gehört,
Schauervoll vernimmt man's sausen,
Wo das Bergschloß liegt zerstört.

Lang in dieses Schlosses Mitte,
Hohen Muthes, ungeschwächt,
Treu der alten biedern Sitte,
War ein ritterlich Geschlecht;

Lebte froh und lebte bieder,
Bis, von Habsucht arg gefaßt,
Die zwey letzten, welche Brüder,
Mordbegierig sich gehaßt.

Unfern von den grünen Wiesen,
Die hindurch ein Nach sich schmiegt,
Sich die Brüder niederstießen,
Wo die schmale Stelle liegt.

Drum verweilet tiefe Trauer,
Wehet immer grausend da
In den Lüften Geisterschauer,
Wo die blut'ge That geschah.

Jährlich an demselben Tage
Flammen werden zwey gesehn;
Mit dem mitternächt'gen Schlage
Gräulich hört man dort es gehn.

Und die Flammen kommen wieder,
Wo geschah der Brudermord,
Bis sich gegenseitig Brüder
Einst das Leben retten dort.


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