Ludwig I. von Bayern
Gedichte
Ludwig I. von Bayern

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Campagna di Roma.

VII. Elegie.

Oede verlanget der Geist; wo irdische Leere sich findet,
    Bildet die Seele allein ihren Gedanken ein Reich;
Wo es von Menschen verlassen in einsamer Ruhe verweilet,
    Ueber gewesener Macht schwebt in Betrachtung der Geist.
Wieder von Neuem erglänzen und schöner als selbe gewesen,
    Die Paläste sodann, Tempel erstehen geschmückt,
Und es wölben von Neuem sich triumphalische Bogen,
    Laut tönt Siegesgesang, feyerlich nahet der Zug.
Neues erscheinet, das Alte vergeht, ist nicht zu erhalten;
    Roma's Zeit ist vorbey, herrschen wird Roma nicht mehr,
Mumie aus der Vergangenheit; unbedeutend erscheinet
    Uns darum nunmehr, was sich ereignet in ihr.
Ob nun dieser in ihr Gebieter ist oder ob Jener,
    Sie erwachet nicht mehr, ewig ist, Roma, dein Schlaf!
Langsam beweget sich Woge auf Woge, es fluthet die Tiber
    In das unendliche Meer, eben so folget in Rom
Ein Geschlecht dem andern, die Menschen erneuern sich immer,
    Immer ist Wechsel, im Kreis stets die Natur sich bewegt.
Nicht um in der Zukunft etwaigen Ruhm zu erlangen,
    (Die Geschichte bewahrt einzelne Namen allein)
Um des Bewußtseyns würdiger Handlung seliges Fühlen,
    Gut um gut zu seyn, übe die Tugend der Mensch.
Fest war ihr Charakter, es waren's die Werke der Alten;
    Leicht und schwach wie sie, sind's die der Neueren nur.
Seit Jahrtausenden wallet die Appische Straße der Wandrer,
    Aquäducten so alt bringen noch Wasser der Stadt.
Nach Rom gehe die künftig zu herrschen berufene Jugend,
    Damit frühe bereits werde von solcher erkannt:
Daß wie das Kleinste das Größte, daß alles auf Erden vergehet;
    Trost wird leichter in Rom für den verlorenen Thron.
In der Stadt, im Gefilde ist Ruhe, die Ruhe des Todes,
    Wo die Vereinigung war aller Nationen der Welt.
Was einst Cicero sprach von Athen, das wäre doch jetzo
    Anzuwenden auf Rom, und auf Paris was von Rom:
»Zu geräuschvoll sey's in der Hauptstadt des Reichs, um zu würd'gen,
    »Was die Hellenen gethan Großes in herrlicher Kunst,
»In die Stille Athens begebe man sich, um's zu können.«
    Aber Paris ist nicht Rom, wird es auch niemalen seyn.
Still wird es einstmal werden, es wird wie dieses zertrümmern.
    Sein Geräusche verweht; der uns besiegt, wird besiegt.
Zu der Herrschaft Europa's schnell erhoben, wird enden
    Bald die französische Macht, kurze Erscheinung uns seyn.
Dort thront vor mir auf den Hügeln die ewige Roma,
    In dem Verfalle noch stolz, alt wohl, veraltet doch nie.
Aus der Trümmer Unendlichkeit in sich kehret die Seele,
    Nirgends empfindet der Mensch irdische Nichtigkeit so.
Welch' ein Zauber fesselt an euch, ihr leeren Gefilde,
    Mir entzückend den Blick? Jetzo verödetes Land,
Was gewesen die blühendste Flur sonst; kümmerlich schleichen
    Einzelne Menschen nunmehr da in der giftigen Luft.
Haide, entblößt von Gebüschen und Bäumen, versengt durch die Sonne;
    Doch was du, gibt selbst reizendste Gegend mir nicht.
Hie und da nur noch sieht einzelne Trümmer der Wand'rer,
    Von den mehresten sind selber die Spuren verwischt.
Aus den Flächen des Südens, des Nordens, unzählige Völker
    Alter und neuerer Zeit kamen in dieses Gefild;
Blos hier findet sie sich, die Geschichte der Völker und Zeiten,
    Alles vereinigest du, ewiges, einziges Rom,
Die Natur und die Menschen und Erde und Himmel; in Liebe
    Scheinest zu sterben, mein Rom, immerhin lebest du doch,
Lebest und herrschest, wenn gleich die irdische Macht dir genommen;
    Herrschaft des Geistes besteht ewig und ewig allein.


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