Ludwig I. von Bayern
Gedichte
Ludwig I. von Bayern

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Rom.

VI. Elegie.

Bin ich in der Vergangenheit? Lebt das Erstorbene wieder?
    Bin ich im mächtigen Rom längstens verflossener Zeit?
Herrliche Pracht, die würdig der Erdegebietenden selber,
    Himmlisch verklärender Glanz füllt und umgiebt's Capitol,
Welches das Haupt des gewesenen Haupts der gesitteten Menschheit.
    Rom ist Rom nur noch ach! in den Festen allein.
Eine der Seiten des Baues enthält Plebejer, die and're
    (Alle in schimmerndem Staat) lauter Patrizier bloß.
Die altrömische Würde, sie ganz bei den Männern vermissend,
    Zeigt in den Frauen sich mir, doch in der Haltung allein.
Und da stehen in prangenden Hallen die marmornen Bilder
    Aus der schöneren Zeit jener vergangenen Welt.
Leblos, sind diese beseelter als die hier lebenden Menschen.
    Kleinlich, sinnlos vorbey flattert das heut'ge Geschlecht,
Auf die es umgebenden Werke der Künste nicht achtend.
    Fremder als Fremde darin leben die Römer in Rom.
Reich sind sie nur durch des Alterthums spärliche Reste,
    Aeußere Form allein, Schatten der Vorwelt verblieb,
Lebenskeim starb, nur übrig ist die verfallende Hülle,
    Weg auf ewig gewandt hat sich der Geist von der Stadt;
Menschenmenge erfüllet den Platz, es breitet die Rechte
    Marc Aurel stets aus liebevoll über sein Volk.
Ihn umschimmert nicht mehr der imperatorische Purpur,
    Glänzt durch eigenen Werth, bleibt der verehrteste Fürst.
Feierlich, ernstvoll tönet der Chor in die Lüfte, vereinigt
    Sich der Harmonie, welche umfängt die Natur.
Tag verbreitet das Capitol, es flammet die Helle
    Gegen euch Sterne hinauf, seyd das beständige Fest.
Euer Anblick, zahllose Sterne, verkleinert den Menschen;
    Während er sich verliert, hebet doch ihn nichts so sehr.
Glanz, Musik, Beleuchtung, ein magischer Zauber und Menschen
    Aus ganz Europa, alles in dem Capitol!
Welche Empfindung! Vergangenheit! Zukunft! Es wehet
    Von den Bildern herab Leben der Griechen mich an,
Ueber das Irdische hehr erhebendes Fühlen durchströmet,
    Schwinget die Seele entzückt hin durch das ewige All.
Wie im vereinigenden Mondlicht Kleinliches schwindet,
    (Größe erscheinet allein), also erhebet befreyt
Unsere Seele sich über das Endliche, fühlt sich verkläret
    Bey dem verklärenden Licht ewigen Sternengefilds,
Traulich eröffnet's das Herz dem Gleiches empfindenden Herzen.
    Da begegnete mir unter den Fremden ein schon
Aus entlegenen Ländern befreundeter Hannoveraner,
    Der für das Vaterland fühlt, (dort ist der Adel noch teutsch);
Worte sprachen wir nun ans unserem innersten Leben,
    An die Ewigkeit jetzt dachte die Seele entzückt.
Aus des Festes Geräusch in der nächtlichen Stille verweilte
    Nun mein Blick auf der Stadt, welche die Erde beherrscht.


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