Ludwig I. von Bayern
Gedichte
Ludwig I. von Bayern

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V. Chor.

Erste Strophe.

Selig zu preisen ist, der seine Tage
Friedlich in ruhiger Stille verlebt.
Stell' an die Zukunft nie eine Frage,
Segn' es, daß sich der Schleyer nicht hebt;
Nie das Kommende möge du wissen,
Friede würde für immer entrissen,
Ewig wäre dein Frohsinn dahin,
Müßte dir für immer entfliehn.
Sey nach dem Glücke nicht gierig beflissen,
Welches bey dir nicht könnte verziehn.

Zweite Strophe.

Sehne Vergangenheit nimmer zurücke.
Du verlörest das fröhliche Heut,
Kämest nicht wieder zum vorigen Glücke,
Nur von selbst sich Ergebendes freut.
Keine Gegenwart nimmermehr beut,
Was die Einbildung schimmernd gezeigt,
Wie's vor sich die Seele gestellt;
Rein von den Mängeln der irdischen Welt
Sich es nie zur Wirklichkeit neigt,
Die mit Gebrechen durchdrungen verwehet.
Nie zum Himmel das Irdische reicht,
Nie sich das Sehnen zur Wahrheit erhebet.

Dritte Strophe.

Wie in des Aethers selige Räume,
Seh' in die Zukunft der heitere Blick,
Wie auf die grünenden Blätter der Bäume
Ruhig auf dein kommend Geschick,
Denn es führen mit sich die Stunden
Unabwendbar, was ist bestimmt;
Keine Sorge das Künftige nimmt,
Aber die Freude, die wirklich gefunden,
Ist bereits durch die Sorge verschwunden.
Wie in Natur, so geht es im Leben;
Heute der Himmel ein heiteres Blau,
Morgen bedeckt von düsterem Grau;
Müssen es nehmen, wie es gegeben.
Wechselvoll schweben die Tage vorüber,
Wechselnd im Sterblichen Freude mit Leid,
Nie vollkommen, nur freundlicher, trüber,
Schwindet die rastlos schreitende Zeit.

Gesammtchor.

Nicht vermögend, den Zeitlauf zu hemmen,
Nicht zu verändern, was solcher uns bringt,
Lasset ihm nicht entgegen uns stemmen,
Die Natur kein Sterblicher zwingt.


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