Edmond de Goncourt
Die Dirne Elisa
Edmond de Goncourt

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

XVI.

»Elisa!«

»Ja, gnädige Frau?«

»Komm einmal herauf!«

Dieser Dialog wurde auf der Stiege geführt.

»Was ist denn los, gnädige Frau?« fragte Elisa an der Schwelle des Zimmers mit der stets offenen Tür.

»Was muß ich hören? – Die Herren beklagen sich, daß du nicht mehr verliebt bist. – Du bringst mein Haus in ein schönes Renommee! – Das kommt von den verfluchten Büchern, die du den ganzen Tag verschlingst – Daß du mir schleunigst mit dem Teufelszeug abfährst, du verrückte Gans!« –

Madame, die gewöhnlich so honigsüß war und ihre Ausstellungen stets durch einen weinerlichen Stimmfall zu mildern pflegte, hatte noch nie einem ihrer Mädchen gegenüber einen derartigen Tonfall angeschlagen. Aber die alte Kupplerin verzehrte sich in verzweifelter Eifersucht, weil sie sah, daß ihr sterbendes Kind Elisas Fürsorge annahm und die ihre zurückwies, und dieser Groll machte sich unter einem beliebigen Vorwand in einer Flut von gemeinen Schimpfworten Luft.

Als sich Elisa von der ersten Überraschung erholt hatte über diese Worte, die ihr so unvermutet wie ein paar Ohrfeigen an den Kopf flogen, stürzte sie sich, jähzornig wie sie war, und ohne weiter zu überlegen, auf die dicke Frau, die vor Schreck vom Stuhl fiel, während sich Elisa in einem heftigen Nervenanfall auf ihrem Körper wälzte.

Nachdem man sich zwei Stunden um sie bemüht, ihre Hände abgeklopft und sie mit Essig gewaschen hatte, kam Elisa endlich zu sich und erklärte in einem zornigen, von Tränen untermischten Wortschwall, daß sie nicht eine Minute länger in einem Hause bleiben wolle, wo man sie so behandle. Sie stürmte in ihr Zimmer hinauf, begann ihre Sachen aus denen des Hauses herauszuklauben und stopfte sie kunterbunt in ihr mit Schweinsleder überzogenes Holzkofferchen.


 << zurück weiter >>