Friedrich der Große
Briefe
Friedrich der Große

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An die Minister Graf Finckenstein und von Hertzberg

Potsdam, 1. November 1784.

Ich habe Ihre gestrigen Vorstellungen erhalten. Wollen Sie, Herr von Hertzberg, mir die Freude machen, ein paar Tage hier zu verweilen, so kann ich Ihnen all meine Gedanken über den fraglichen Gegenstand eingehend auseinandersetzen.

Das erste, womit man anfangen müßte, ist eine mündliche Aussprache mit den Reichsfürsten, um ihnen ihre jetzige Lage klar zu machen und ihnen zu zeigen, wohin die Dinge treiben können. Erinnern Sie sich, welch schreckliche Schwierigkeiten beim Zustandekommen des Schmalkaldener Bundes entstanden, um die unter einander uneinigen Fürsten unter einen Hut zu bringen. Ein Herzog von Braunschweig war in den kleinen Raufereien jener Zeit gefangen genommen worden. Der Kurfürst von Brandenburg lehnte jedes Bündnis ab, bevor jener nicht in Freiheit gesetzt war. Der Kurfürst von Sachsen wollte von keinem Bündnis mit dem König von England wissen, noch mit Frankreich, noch selbst mit den Schweizern, weil es sein Gewissen bedrückte, sich mit Heinrich VIII. zu verbünden, dessen Religion sich mit der lutherischen nicht völlig deckte, noch gar mit Franz I., der die Protestanten im eigenen Lande verfolgte, noch mit den Schweizern, die Calvinisten waren. Der Landgraf von Hessen stellte zwar alle diese Punkte in Abrede, konnte aber den Kurfürsten von Sachsen nie überzeugen. Der trat dem Bunde erst bei, nachdem Karl V. auf dem Reichstag zu Regensburg einen höchst anmaßlichen Ton angeschlagen hatte. Erst dessen Erklärung brachte die Fürsten zusammen, ließ ihnen den Kamm schwellen und bewog sie Truppen auszuheben.

In dieser Sache gilt es nicht, Staaten zu einigen, sondern sie aufzurütteln, damit sie ihre Verfassungen aufrecht erhalten und nicht auf ihren eigenen Interessen einschlafen. Ebensowenig handelt es sich darum, einen Krieg zu beginnen, wofern nicht Länderraub oder Rechtsbrüche von Seiten des Kaisers die Reichsfürsten zwingen, ihm mit vereinigten Kräften entgegenzutreten. Um aber das Ziel zu erreichen, dünkt mich das Rechte, sich über den Plan eines Fürstenbundes erst mündlich auszusprechen, damit man hört, was jeder darauf zu antworten hat, und vernimmt, wie schwer oder leicht er sich die Sache denkt. Sämtliche katholische Bischöfe müssen im eigensten Interesse dem Projekt notgedrungen beitreten. Stirbt der Kurfürst von der Pfalz, so haben wir auch Bayern und Sachsen für uns, vielleicht auch Hannover, ferner Trier, Bamberg, Würzburg und Fulda. Und entzweit sich Frankreich mit dem Hause Österreich, so treten zu alledem noch der Herzog von Württemberg und die Reichsstädte in Schwaben. Bleibt aber das Bündnis zwischen Frankreich und dem Wiener Hofe in Kraft, so kommen Württemberg, Baden, die Pfalz, der Kurfürst von Trier u. a. m. in Wegfall. Tun wir indes gar nichts und legen die Hände in den Schoß, so ist es so sicher wie zweimal zwei gleich vier, daß kein Mensch an ein solches Bündnis denkt und dem Kaiser freie Hand bleibt, zu tun, was ihm beliebt. Lassen wir aber durch unsere verschiedenen Gesandten den Boden sondieren, so wird man hören, was die Leute zu sagen haben. Unternimmt dann der Kaiser irgend etwas gegen sie, so wird ganz gewiß einmütig Protest erhoben werden.

Ich erwarte Ihre Ankunft hierselbst, Herr von Hertzberg, um ausführlicher mit Ihnen zu reden.

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