Friedrich der Große
Briefe
Friedrich der Große

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

An d'Alembert

(August 1764)

Allerdings habe ich Aufzeichnungen verfaßt; aber sie werden in der Fülle des Geschehens untergehen und bald vergessen sein. Was bedeutet ein solcher kleiner Fieberanfall, wie ich ihn schildere, der Europa ein paar Jahre hindurch heimsuchte, gegenüber den schweren Krankheiten, die es von Jahrhundert zu Jahrhundert durchgemacht hat, und die es mehr als einmal fast völlig umgewälzt haben? Ihre Werte, lieber d'Alembert, werden noch dauern, wenn von der epidemischen Wut, die die europäischen Großmächte ergriffen hat, und deren Opfer wir beinahe geworden wären, längst nicht mehr die Rede ist. Noch sind diese Tatsachen frisch; sie werden uns so lange beschäftigen, bis die zerstörten Häuser aufgebaut und die Schäden der Feuersbrünste wieder geheilt sind. Danach aber wird das, was dann gerade geschieht und besonders in die Augen fällt, die ganze Aufmerksamkeit der Menschen fesseln und die Vergangenheit vergessen lassen; wer dagegen die Welt aufzuklären und zu belehren vermag, wird zum Lehrer der künftigen Geschlechter und unterrichtet sie weiter von einem Jahrhundert zum anderen. Das ist der Unterschied zwischen unseren Leistungen! Die meinen werden nur eine Weile dauern; die Ihren dagegen verdienen wie die Wunder Ägyptens den Wahlspruch der französischen Akademie: »Für die Ewigkeit.« Ihre Werke haben Anrecht darauf; Sie aber bitte ich, so spät wie möglich in die Ewigkeit einzugehen. Sie sind es wert, sich Ihres Rufes noch lange zu erfreuen. Kein Mensch nimmt mehr Anteil an Ihrem Leben als ich. Gern würde ich zu Ihrer Erhaltung beitragen, stände es in meiner Macht; denn wer bliebe uns, wenn Europa Sie verlöre? Niemand!

George Keith, Marschall von Schottland, preuß. Gouverneur von Neuchâtel. Bleistiftzeichnung von Menzel.

*


 << zurück weiter >>