Friedrich der Große
Briefe
Friedrich der Große

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An Camas

Im Lager von Heidelberg, bei Weiblingen, 11. September 1734.

Der gegenwärtige Feldzug ist eine Schule, in der man aus der Verwirrung und Unordnung, die in diesem Heere herrscht, manches lernen kann. Er verlief unrühmlich genug, und Männer, die zeitlebens gewohnt waren, Lorbeeren zu pflücken, und zwar in siebzehn großen Schlachten, haben diesmal keine gefunden. Wir anderen hoffen insgesamt, im nächsten Jahre ans Moselufer zu kommen. Da werden wir den Ruhm finden, den der Rhein uns als den letzten Verteidigern seiner Ufer versagt hat. Nun liegen wir schon drei Wochen hier im Lager; trotzdem macht die Untätigkeit dem Prinzen diesmal mehr Ehre als alle Bewegungen, die er hätte ausführen können. Besteht doch das Hauptziel der Franzosen darin, ihn vom Neckar fortzubekommen und unsere jetzige Stellung zu nehmen.

Ich fürchte, Sie bilden sich ein, lieber Freund, ich wollte hier den tragischen Kothurn anlegen und als kleiner Eugen das Verhalten des einen und die Fehler des anderen rügen, mich dann zum Richter aufwerfen und in lehrhaftem Tone das Urteil fällen, was jeder hätte tun sollen. Nein, lieber Camas, so weit geht meine Anmaßung nicht! Im Gegenteil, ich bewundere das Verhalten unseres Führers und mißbillige das seines würdigen Gegners nicht. Ich suche nur für mein bescheidenes Teil so viel davon zu profitieren, als ich in dem Berufe, den ich ergriffen habe, nach meiner Meinung gebrauchen kann. Aber ich verliere nicht vor Leuten Achtung und Hochschätzung, die mit Narben bedeckt sind und durch langjährige Dienste gründliche Erfahrung gesammelt haben. Vielmehr werde ich lieber denn je ihren Lehren lauschen, die mir die sicherste Bahn zum Ruhme und den kürzesten Weg zur gründlichen Erlernung des Handwerks weisen.

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