Friedrich der Große
Briefe
Friedrich der Große

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An den Vater

Ruppin, 10. Mai 1735.

Allergnädigster König und Vater!

Mein allergnädigster Vater wird nicht ungnädig nehmen, daß ich mir die Kühnheit nehme, an Ihn zu schreiben und an Ihn, als meinen recht gnädigen und treuen Vater, in aller Untertänigkeit und gebührender Submission mein Herz zu eröffnen. Man höret von allen Seiten schreiben, daß der Prinz Eugène von Wien den zweiten dieses Monds abgegangen wäre und nun wohl bei der Armee sein möge; man schreibet auch, daß die Armee Ordre habe, sich zusammenzuziehen und bei Bruchsal das erste Lager zu formieren, und soll also an keinen Stillstand zu gedenken sein; hergegen soll der Prinz Eugène gewiß Ordre vom Kaiser haben, den Feind zu attackieren. Bei diesen Umständen befindet sich noch, daß Alles, was junge Leute sind, so Ambition haben, Willens sind nach der Armee zu reisen, da der Prinz Karl und der Prinz von Oranien auch hingehen werden. Meinem allergnädigsten Vater ist bewußt, besser als ich es sagen kann, was vorjährige Kampagne für eine schlechte Kampagne gewesen ist, und kann mein allergnädigster Vater leichte schließen, was daher für Raisonnements über mich würden gemacht werden, wenn ich zu Hause bliebe. Kein Mensch würde glauben, daß es meines allergnädigsten Vaters Sein Wille wäre; denn die Welt ist genugsam informieret, daß mein allergnädigster Vater Seine Kinder zum Soldatenleben und zu brave Leute zu werden erziehet; so wird gewiß ein Jeder sagen, daß ich nicht darum angehalten hätte und die faulen Tage zu Hause lieber genießen möchte, als die Fatiguen einer Kampagne, dar man auch darbei exponieret wäre, zu ertragen. Mein allergnädigster Vater, den, wenn ich es sagen darf, für den besten und getreuesten Freund halte, so ich auf Erden habe, sei so gnädig und bedenke um Gottes willen, wie mir bei solchen Raisonnements wird zu Mute werden; ja, Er seie so gnädig und erinnere sich Seiner Jugend und, wie Er mir die Gnade gehabt selber zu erzählen, wie Er sich vor diesem Mühe gegeben hat, um von Seinem Herrn Vater die Permission zu erhalten, in Kampagne zu gehen. Meine Ursache, die mich hierzu beweget, ist dieselbe, die mein allergnädigster Vater gehabt hat, die Ambition und die Begierde, durch Beiwohnung der Kampagne mich kapabler zu machen, als ich anjetzo bin, meinem allergnädigsten Vater zu dienen; ja, ich wäre nicht wert, daß ich die Gnade hätte, meines allergnädigsten Vaters Sohn zu sein, wenn ich keine Ambition hätte; ich wäre auch versichert, mein allergnädigster Vater würde es mir zum meisten verdenken, wenn ich mich nicht bei Ihm derentwegen meldete, zudem ich anjetzo in den besten Jahren bin, da mir meine Leibes-Konstitution in keinen Fatiguen versaget. Jedoch bescheide ich mich Alles, was mein allergnädigster Vater mir befiehlst, und weiß sehr wohl den Gehorsam und die Submission, so ich Ihm schuldig bin, und daß ich Ihm nichts vorzuschreiben. Ich sacrificiere auch meinem allergnädigsten Vater Alles, meine Freude, meine Ambition, und was ich zum meisten auf dieser Erde wünsche. Er mache es alles, wie Er ein gnädiges Wohlgefallen daran hat; ich weiß, daß Er tun wird, was zu meinem Besten ist.

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