Friedrich der Große
Briefe
Friedrich der Große

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An die Gräfin Camas

Potsdam, November 1765.

Vielen Dank, gutes Mütterchen, für Ihre Teilnahme an unserer Trauer. Es ist ein Verlust für alle ehrenhaften Menschen; denn meine Schwester war eine wirklich tugendhafte Frau. Seit lange weiß ich, daß die Menschen sterblich sind. Ich sah, wie ihre Kräfte schwanden, aber das hindert nicht, gutes Mütterchen, daß ich den Heimgang einer Schwester schmerzlich empfinde, die mir der Tod gewissermaßen aus den Armen gerissen hat. Blutsbande, zärtliche Freundschaft, wahrhafte Hochschätzung – das alles fordert sein Recht, und ich muß erfahren, gutes Mütterchen, daß mein Gefühl stärker ist als meine Vernunft. Meine Tränen, meine Trauer sind vergebens, und doch kann ich sie nicht unterdrücken. Unsere Familie kommt mir vor wie ein Wald, in dem ein Sturm die schönsten Bäume umgeworfen hat, wo man von Zeit zu Zeit eine entwipfelte Fichte erblickt, die nur noch an ihren Wurzeln zu hängen scheint, um dem Sturz ihrer Gefährten zuzuschauen und all die Sturmschäden und Verwüstungen des Unwetters zu sehen. Ich wünsche, gutes Mütterchen, das; der Hauch des Todes Sie verschont, und daß Sie noch lange leben mögen, damit ich Ihnen die Versicherung meiner alten, treuen Freundschaft recht oft wiederholen kann.

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An die Kurfürstin Maria *


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