Friedrich der Große
Briefe
Friedrich der Große

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An Jordan

Hauptquartier Selowitz, 17. März 1742.

Wenn ich Sie einmal wiedersehe, müssen Sie sich darauf gefaßt machen, daß ich Ihnen unendlich viel zu erzählen habe. Wahrhaftig, die Ehre, das große Rad der Geschicke Europas zu drehen, ist ein schweres Stück Arbeit. Wer zwar weniger glänzend, aber unabhängig lebt, in Müßiggang und Vergessenheit, der ist meines Ermessens glücklicher daran: das ist das wahre Los des Weisen auf Erden. Ich denke oft an Nemusberg, wo ich mich aus eigenem Antrieb fleißig mit Künsten und Wissenschaften vertraut machte; aber schließlich gibt es keinen Stand ohne Schattenseiten. Damals hatte ich meine kleinen Freuden und Leiden; ich fuhr auf sanften Gewässern. Jetzt schwimme ich auf hohem Meer; eine Welle hebt mich gen Himmel, die nächste reißt mich in die Tiefe, und die dritte trägt mich noch rascher in schwindelnde Höhe. Solche heftigen Gemütserregungen sind nichts für den Philosophen; denn was man auch sagen mag, es ist sehr schwer, gegen Fortunas Launen gleichgültig zu bleiben und das Gefühl aus dem Menschenherzen zu bannen. Umsonst versucht man, im Glück kalt zu erscheinen und sich vom Unglück nicht beugen zu lassen. Sein Mienenspiel kann man wohl verstellen, aber im Herzensgrunde bleibt der Mensch doch nicht unberührt. Alle meine Wünsche gipfeln darin, daß die Erfolge meiner Menschenliebe und den Tugenden, die ich stets bekannt habe, keinen Abbruch tun. Ich hoffe zuversichtlich, daß meine Freunde stets den Alten in mir wiederfinden werden. Wohl werde ich manchmal beschäftigter, sorgenvoll, unruhig und mit Arbeit überbürdet sein, aber stets dienstbereit und vor allem bestrebt, Ihnen zu beweisen, daß ich Sie von ganzem Herzen achte und liebe. Adieu.

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