Friedrich der Große
Briefe
Friedrich der Große

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An Marquis d'Argens

Reußendorf, 18. September 1760.

bin ich einer sehr großen Gefahr entronnen und habe bei Liegnitz so viel Glück gehabt, als nach Lage der Dinge möglich war. In einem gewöhnlichen Kriege hieße das viel. In dem jetzigen sinkt die Schlacht zum Scharmützel herab, und meine Sache ist damit im ganzen nicht vorwärts gekommen. Ich will Ihnen keine Jeremiaden schreiben und Sie nicht mit allen meinen Befürchtungen und Besorgnissen ängstigen, versichere Ihnen aber, daß sie groß sind. Die gegenwärtige Krisis nimmt eine andere Gestalt an, aber entschieden ist nichts und ein Ende nicht abzusehen. Ich brate bei gelindem Feuer; ich bin wie ein Körper, den man verstümmelt, und der jeden Tag ein paar Glieder verliert. Der Himmel sei mit uns – das können wir sehr brauchen!

Sie reden immer von meiner Person. Und doch müßten Sie wissen, daß ich nicht zu leben brauche, wohl aber, daß ich meine Pflicht tun und für mein Vaterland kämpfen muß, um es zu retten, wenn das noch möglich ist. Ich hatte viele kleine Erfolge und möchte mir beinahe den Wahlspruch zulegen: Maximus in minimis et minimus in maximis. Sie können sich gar nicht vorstellen, was für furchtbare Strapazen wir auszuhalten haben: dieser Feldzug übersteigt alle früheren, und ich weiß manchmal nicht aus noch ein. Aber ich langweile Sie nur mit der Aufzählung meiner Sorgen und Kümmernisse. Mein Frohsinn und meine gute Laune sind begraben mit den geliebten und verehrten Menschen, an denen mein Herz hing. Mein Lebensende ist trüb und schmerzlich. Vergessen Sie Ihren alten Freund nicht, lieber Marquis.

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