Friedrich der Große
Briefe
Friedrich der Große

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An die Markgräfin Wilhelmine von Bayreuth

Breslau, 8. Februar 1758.

Wir leben hier, liebe Schwester, verhältnismäßig ruhig. Wir sind dabei, unsere Verluste auszugleichen, damit wir im nächsten Frühjahr unseren Feinden den denkbar stärksten Widerstand leisten können. Schwester Amalie ist nach Berlin zurückgekehrt, und so führe ich ungefähr das Leben eines Einsiedlers, arbeite viel, gehe nicht aus und erhole mich abends in kleinem Kreise und mit Musik.

Es tut mir wirklich sehr leid, daß Euer Land für alle möglichen Besuche so bequem liegt. Die Triumvirn Europas haben Gewalt anstatt der Herrschaft der Gesetze eingeführt. Auf dem weiten Erdenrund sieht man nur noch Unrecht und Gewalttat, und wenn das Glück uns nicht wunderbar begünstigt, wird die Tyrannei die ganze bekannte Welt in Ketten schlagen. Wir alle müssen uns damit trösten, daß unser Zeitalter in der Weltgeschichte Epoche machen wird, und daß wir die außerordentlichsten Ereignisse miterlebt haben, die der Wechsel aller Erdendinge seit lange hervorgebracht hat. Das ist viel für unsere Neugier, aber nichts für unser Glück. Kurz, liebe Schwester, dieses Gesindel von Kaisern, Kaiserinnen und Königen zwingt mich dies Jahr noch zum Seiltanzen. Ich tröste Mich mit der Hoffnung, daß ich dem einen oder anderen mit der Balancierstange tüchtig eins auswischen werde; ist das aber geschehen, so muß man wahrhaftig an Frieden denken. Was für Menschenopfer, was für eine entsetzliche Schlächterei! Ich denke nur mit Schaudern daran. Was man aber auch dabei empfinden mag, es gilt, sich ein ehernes Herz zu schaffen und sich auf Mord und Gemetzel vorzubereiten.

Ich bitte Dich herzlich, mache Dich von diesen düsteren Gedanken frei und heitere Dich auf, soweit es Dir möglich ist. Bedenke, liebe Schwester, Deine Freundschaft bildet meinen ganzen Trost, und verlöre ich Dich, so würde ich alles verlieren.

Der Freundschaftstempel im Park von Sanssouci, den Friedrich dem Andenken seiner Schwester Wilhelmine weihte.

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