Friedrich der Große
Briefe
Friedrich der Große

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An de Catt

Burkersdorf, August 1778.

Dank für die kleinen Züge, die Sie mir von dem verstorbenen Patriarchen berichten. Lieber wäre es mir freilich, Sie gäben mir Kunde von seinem Leben als von seinem Tode. Bei der Unruhe hier im Felde und der Schwere meines Amtes komme ich jetzt nicht dazu, seine Gedächtnisrede zu verfassen. Ich schiebe diese Arbeit für die Winterquartiere auf, fürchte aber, der Redner wird seinem Gegenstand nicht gewachsen sein. Schade, daß die Bibliothek des großen Mannes für Europa so gut wie verloren ist. Unser Zeitalter entartet; es hat keine Liebe mehr für die schönen Künste und Wissenschaften. Gehen diese Künste zugrunde, wie ich voraussehe, so ist das wohl nur dem mangelnden Interesse an ihnen zuzuschreiben. Ich für mein Teil werde sie bis zum letzten Atemzug lieben. Sind meine angeborenen Gaben auch nur gering, so finde ich doch allein bei den Musen Trost und Erleichterung von der Bürde des Lebens. Ich versichere Ihnen, wäre ich Herr meines Schicksals gewesen, weder der Glanz des Thrones, noch der Stolz, Heeren zu gebieten, noch der Geschmack an seichten Zerstreuungen hätten ihnen den Rang abgelaufen. Die wenigen Augenblicke der Muße, die ich erübrigen kann, widme ich der Literatur. So ist Voltaires Verlust für mich um so empfindlicher, als der Thron des Parnasses, den er eingenommen hat, lange leer bleiben wird und ich ihn nie mehr besetzt sehen werde.

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