Sextus Aurelius Propertius
Werke
Sextus Aurelius Propertius

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

VIII.
Das lanuvische Fest.

        Lerne, was heint so in Flucht die feuchten Esquilien jagte,
    Als der benachbarte Schwarm rannte zum neuen Geländ.
In Lanuvium waltet vorlängst ein betageter Drache,
    Dort wo das seltene Fest nicht ungenuzet vergeht:
5   Wo die geheiligte Kluft abschießt mit dunkelem Eingang,
    Welchen durchdringt (Jungfrau, nim vor dem Gang dich in Acht!)
Ehre des hungrigen Wurms, wann er sein jähriges Futter
    Heischt, und unter Gezisch tief aus dem Grunde sich wälzt. 293
Blass vollziehn solch Opfer hinabgesendete Mägdlein,
10       Da sie dem Scheusalschlund zärtliche Hände vertraun.
Was ihm zur Kost darbietet die Jungfrau, hascht er begierig;
    Am jungfräulichen Arm zittert auch selber der Korb.
Die nun keusch sich bewahrte, die kehrt zu den Küssen der Eltern;
    Und Landbauende schrein: Segen verheißet das Jahr!
15   Cynthia lenkt' hieher ein Gespann stumpfschweifiger Rösslein,
    Kommend der Juno zu Lieb', aber der Venus noch mehr.
Sage mir, appische Bahn, wie groß du gesehn den Triumfzug,
    Als sie mit rollendem Rad' über die Felsen dir flog,
Und als schmählicher Zank aufscholl in der Schenke des Winkels,
20       Ohne mich, aber mir nicht ohne Befleckung des Rufs.
Schauspiel schwebte sie Allen im Siz vorn über der Deichsel,
    Kühn durch den schalkischen Weg selber zu lenken die Fahrt, 294
Schweig' ich vom seidenen Wagen des glatt gerupfeten Lüstlings,
    Und wie Geschmeid' um die Häls' er den Molossen gelegt:
25   Welcher einmál feil bietet den Leib unreinlicher Mastung,
    Wann am geschabeten Kinn sieget der garstige Bart.
Da nun unserem Lager so mancherlei Kränkung geschehn war,
    Wollt' ich ein anderes Feld mir auch ersehen zum Kampf.
Phyllis wohnt der Diana des Aventinus benachbart:
30       Nüchtern gefällt sie nicht sehr; trinket sie, Alles ist Reiz.
Am tarpejischen Hain wohnt Teïa, helles Gesichtes;
    Hat sie aber gezecht, Einer ist ihr nicht genug.
Beide sie lud ich zu Gast, um die nächtliche Weile zu lindern,
    Und der verstohlenen Lust dunklen Genuss zu erneun.
35   Ein Ruhbettchen für drei auf heimlichem Rasen empfing uns.
    Fragest du, wie wir geruht? Zwischen den Beiden ich selbst. 295
Lygdamus war uns Schenk, und gläserne Sommergeräthschaft,
    Und methymnisches Weins geistiger Griechengeschmack.
Auch blies einer vom Nilus die Tibie, eine von Philä
40       Klappte zum Tanz; kunstlos prangte die Rose zum Streun.
Auch ein Zwerg, der kurz sich in eigene Glieder geschmieget,
    Fuhr mit den Stümpfen der Händ' über gehöhleten Bux.
Doch nicht flammeten hell bei frischendem Öle die Lampen,
    Und mit den Füßen herum schlug auf den Rücken der Tisch.
45   Ja, wenn die Venus ich sucht' im günstigen Wurfe der Knöchel,
    Immer im Unglückswurf sprangen die Hunde hervor.
Ich war taub dem Gesang' und blind den geöfneten Busen;
    Nur an Lanuviums Thor, wehe mir! war ich im Geist:
Als mit Gekrach urplözlich ertöneten Pfosten und Angel,
50       Und von der Hausthür her leises Gemurmel sich hob, 296
Stracks auch die Thüre zu uns schlägt Cynthia ganz aus einander,
    Nicht mühselig gelockt, aber noch schön in der Wut.
Mir aus erschlaffender Hand entsank der gefüllete Becher,
    Und blass wurden die trunkfertigen Lippen am Wein.
55   Blize versendet ihr Aug', und sie ras't, wie rasen ein Weib kann.
    Nicht in eroberter Stadt schaute man Schrecklicheres.
Grad' in der Phyllis Gesicht fährt jene mit zornigen Nägeln.
    Bange den Nachbarn ruft Teïa: Feuer ió!
Brennendes Licht im Freien entstört die Quiriten dem Schlummer;
60       Jeglichen Pfad durchlermt tolles Gelümmel der Nacht.
Beide, die Haare zerrauft, mit entgürteten Röcken entfliehn sie,
    Wo sie des dunkelen Wegs nähere Schenke verbirgt.
Cynthia schaut auf die Beute vergnügt, und, als Siegerin kehrend,
    Mit unartiger Hand bläut sie das Antliz mir wund: 297
65   Auch an den Hals mir prägt sie ein Mal, und beißet ihn blutig;
    Aber die Augen zumeist werden als Sünder bestraft.
Als nun an mir mit Schlägen den Arm sie ermüdet, gewahrt sie
    Lygdamus, welcher am Fuß duckte des Lagergestells:
Dieser enthüllt fällt nieder, bei meinem Genius flehend.
70       Lygdamus, nichts konnt' ich, selbst ein Gefangner, wie du!
Endlich mit reuigen Händen zum Friedenschlusse gelangt' ich,
    Als zu berühren mir kaum jene die Füße gegönnt.
Und sie begann: »Wenn Verzeihung du willst des begangenen Frevels;
    Höre du, welchen Beding unser Gesez dir ertheilt.
75   Du sollst weder geschmückt in pompejischen Schatten einhergehn,
    Noch, wann Sand ihn bestreut, auf den verführenden Markt.
Hüte dich, dass du den Hals schief drehst nach dem obern Theater,
    Oder dass deinem Verzug Sänften sich öfnen gesenkt. 298
Lygdamus aber vor Allen, der Haupturheber des Urtheils,
80       Werde verkauft, um den Fuß doppelter Ketten Gewicht!«
Also gab sie Gesez. Ich sprach: Dem Geseze gehorch' ich.
    Sie nun lächelte stolz ihres bestätigten Reichs.
Hierauf jeglichen Ort, den gerührt die besuchenden Mägdlein,
    Räucherte sie, und wusch lauter die Schwellen mit Flut.
85   Auch befahl sie, die Kleider gespült mir wieder zu weihen;
    Dreimal rührete mir schweflige Flamme das Haupt.
Jezo, nachdem auch das Lagergewand sie alles gewechselt,
    Schwur ich Treu, und gelöst ward die Befehdung im Bett.

 << zurück weiter >>