Sextus Aurelius Propertius
Werke
Sextus Aurelius Propertius

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XX.
An Gallus.

        Nim, was daurende Liebe dir beut, o Gallus, die Warnung;
    Und nie lass unbewahrt sie aus dem Herzen entfliehn:
Oft, wenn unvorsichtig man liebete, störte Fortuna!
    Jener dem Minyertrupp grause Askanius lehrts.
5   Dein holdseliger Knab' ist dem thiodamantischen Hylas
    Gleich am Namen sowohl, als an der edlen Gestalt. 54
Diesen, du magst hinstreifen am schattigen Bache der Waldung,
    Oder des Anio Flut mag dir umwallen den Fuß,
Oder du magst im Gigantengefild' am Ufer einhergehn,
10       Oder wo irgend ein Strom gastliche Thale durchschweift,
Stets vor lüsterner Nymfen erobernden Händen beschirm' ihn!
    Auch in Ausonia sind, ach! die Dryaden verliebt.
Fern sei dir, unsanfte Gebirg' und stürmische Felshöhn,
    Gallus, und, eh du geforscht, je zu besuchen die Seen,
15   Welches mit Schmerz, da die Enden der Welt er durchirret in Drangsal,
    Herkules weint' an der graunvollen Askaniusflut.
Denn man erzählt, vormals von Págasa's Rhede sei Argo
    Abgesteurt, um die Bahn ferne zum Phasis zu gehn;
Und nach durchglittenem Sunde der athamantischen Helle
20       Hab' an der Mysen Geklipp jene gelenket den Kiel.
Hier, da die Schaar der Heroen verweilt' am günstigen Ufer,
    Deckten sie weich mit sanft bettendem Laube den Strand. 55
Vorwärts drang der Gefährt des unbezwungenen Jünglings,
    Seltene Flut zu erspähn eines entlegenen Quells.
25   Ihm nach schwangen sich zween vom Aquilo stammende Brüder,
    Über ihm Zethes im Flug', über ihm Kalaïs auch;
Küss' im gehaltenen Schwunge der Fittige wollten sie rauben,
    Küss' in wechselnder Flucht boten sie oben herab.
Er, vom Saume der Flügel gedeckt, beugt hangend sich abwärts,
30       Und die beschwingte Gewalt scheucht mit dem Ast er hinweg.
Schon ist gewichen die Brut der cekropischen Orithya;
    Fort ging Hylas, er ging, Hamadryaden zum Weh.
Hier dem Arganthusberg' an dem Felshaupt sprudelte Pege,
    Wo ihr quelliges Haus thynische Nymfen gewählt,
35   Über sie hingen herab, ungepflegt von menschlicher Wartung,
    Thauige Früchte, den wild wachsenden Bäumen entrollt;
Und auf gefeuchteter Wies' erhuben sich Lilien ringsum,
    Silberhell zu dem Roth purpurner Mohne gemischt. 56
Bald nun pflückt' er davon mit niedlichem Finger, wie Kind noch,
40       Mehr um Blumen besorgt, als das befohlne Geschäft;
Bald nun übergebeugt auf die liebliche Welle bewusstlos,
    Teuscht' er lange mit liebkosendem Bilde den Wahn.
Endlich senkt' er zum Schöpfen die Händ' in die Fluten hinunter,
    Rechts dann die Schulter gestemmt zog er das volle Geschirr.
45   Sie, vom reizenden Schimmer entbrannt, die dryadischen Jungfraun
    Stauneten, und alsbald stockt' ihr gewöhnlicher Chor;
Und den Entgleitenden zogen sie sanft in geschmeidige Wasser:
    Dumpfes Getön, wie er sank, tönete Hylas empor,
Dem fern oft der Alcid' antwortete; aber die Luft nur,
50       Weit von dem Borne daher, hallete Hylas zurück.
Also gewarnt wirst, Gallus, du leicht dir erhalten den Liebling,
    Wenn du des Hylas Reiz achtsam den Nymfen vertraust.

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