Sextus Aurelius Propertius
Werke
Sextus Aurelius Propertius

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III.
Der Traum.

        Mir kam vor, da ich ruht' in Helikon's sanfter Beschattung,
    Wo dem pegasischen Huf sprudelndes Wasser entfloss,
Alba's Könige wol, und der Könige Thaten in Alba,
    Solch ein Werk! könnt' Ich wagen mit Sait' und Gesang.
5   Schon den schwächlichen Mund zur gewaltigen Quelle bewegt' ich,
    Welche der Vater mit Durst, Ennius, schlürfte vordem,
Und der Horatier Spieße besang, und die Curierbrüder,
    Und in Ämilius Schif landende Königstrofä'n, 173
Fabius auch, sieghaft im Verzug, und die traurige Feldschlacht
10       Cannä's, und wie dem Flehn wandten die Götter das Ohr,
Auch wie den Hannibal scheuchten von Roma's Size die Laren,
    Und wie der Gäns' Aufschrein sicherte Jupiters Burg;
Als von kastalischem Lorber daher mich spähend Apollo
    Sprach, auf das goldene Spiel nahe der Grotte gelehnt:
15   »Was willst du mit solchem Geström, Unsinniger? wer hat
    Dich des heroischen Tons Mühe zu kosten ermahnt?
Dorther Ruhm zu gewinnen, Propertius, hofst du vergebens;
    Rasige Wiesen entlang rolle das winzige Rad:
Dass dein Büchelchen oft auf die Bank hinwerfe das Mägdlein,
20       Wann im Stillen sie liest, und nach dem Freunde sich sehnt.
Warum fährt dein Blatt aus beschiedener Schranke der Laufbahn?
    Dein leichtsinniger Geist muss nicht belasten den Kahn. 174
Lass Ein Ruder die Flut, und das andere streifen den Sandbord;
    Sicher ist das: hoch gebt mitten im Meer das Gewühl.«
25   Sprachs, und zeigt' mir den Siz mit elfenbeinenem Schlägel,
    Wo auf mosigem Grund frisch war getreten ein Pfad.
Hier war schön mit Steinchen besezt die umlaubete Grotte,
    Und am Gewölbe des Tofs hangende Pauken umher.
Wahrhaft, siehe, der Musen Gebild', und Vater Silenus,
30       Alle von Thon, und, o Pan, deine Syringe von Rohr!
Venus der Herscherin Vögel, mein Lieblingsvölkchen, die Täublein
    Tauchen in Pegasus Quell purpurne Schnäbel hinab.
Aber die neun Jungfraun, in verschiedene Felder gesondert,
    Regen die niedliche Hand jede zu eignem Geschenk:
35   Die pflückt Efeu dem Thyrsus zum Schmuck, die füget harmonisch
    Lieder zum Klang, die webt Rosengewind' in der Hand.
Jezo nahete mir der heiligen Göttinnen eine;
    Nach dem Gesicht schien mirs Kalliopéa zu sein:
»Sei du vergnügt, ein Gespann schneefarbiger Schwäne zu lenken;
40       Kein mutwiehernder Gaul trage dich kühn in die Schlacht.
Fern dir, rauh mit dem Horn prätorische Rufe zu schmettern,
    Und den aonischen Hain uns zu umtoben mit Krieg;
Oder zu singen das Feld, wo mit Marius Adler die Heerschaar
    Stand, und Roma zurückzwängte Teutonengewalt;
45   Noch, wie, suevischem Blute getränkt, der barbarische Rhenus
    Traurig im Strom hinwälzt Leichen mit Wunden bedeckt.
Schicklicher, wenn im Kranz an feindlicher Schwelle den Buhler,
    Und nachtschwärmender Flucht trunkene Zeichen, du singst:
Dass wohl lerne von dir, dem Verschloss zu entbannen ein Mägdlein,
50       Wer den grämlichen Mann wünscht zu berücken mit Kunst.«
Dieses gesagt, entschöpfte Kalliope Frische des Bornes
    Und mit philetischem Thau ward mir die Lippe genezt.

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