Sextus Aurelius Propertius
Werke
Sextus Aurelius Propertius

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XIII.
Mädchengeiz.

        Fragt ihr, woher so theuer die Nacht habsüchtiger Mägdlein,
    Dass, von der Venus erschöpft, Schaden beklaget das Gut?
Deutlich fürwahr und bestimmt ist solcher Verwüstungen Ursprung:
    Für Ausschweifungen ward allzu geöfnet der Weg.
5   India's Ameis' hebet das Gold aus hohlem Metallgang;
    Venus Muschelgewächs kommt aus geröthetem Meer;
Farben der Purpurschnecke gewährt die kadmeische Tyros;
    Cinnamon, starkes Geruchs, bietet der Araberhirt. 209
Solcherlei Waffen erstürmen die Keuscheste selbst im Verschlosse,
10       Auch die den Hochmut dir, Ithaka's Fürstin, beschämt.
Ehrbar geht die Matrone, gehüllt in der Wüstlinge Erbgut;
    Prangende Beute der Schmach schleppt sie vor unsrem Gesicht.
Nicht ist einige Scheu der Foderung oder der Schenkung;
    Ist sie einmál, in dem Preis findet Ersaz der Verzug.
15   O glückseliges Leichengesez für die Gatten des Ostens,
    Die der Aurora Glut färbte mit nahem Gespann!
Wann zu des Leichnams Lager die endende Fackel sich hinschwang,
    Steht, der Locken enthüllt, zärtlicher Gattinnen Schaar,
Und Wetteifer beginnt um den Tod, lebendig zu folgen
20       Ihrem Gemahl; Scham fühlt jede, die sterben nicht darf.
Froh ist, welche gesiegt, und beut der Flamme die Brust dar,
    Und auf des Manns Antliz ruht ihr verbranntes Gesicht. 210
Treulos hier ist der Weiber Geschlecht; nicht eine der Mägdlein
    Ist wie Euadne getreu, noch wie Penelope fromm.
25   O glückselig vordem Landbauender friedliche Jugend,
    Denen der Reichthum war fruchtbarer Acker und Baum!
Liebesgeschenk war jenen: dem Ast entschüttelte Quitten,
    Und, in Körben gehäuft, purpurne Beeren zu weihn;
Bald die Viole zu pflücken vom Strauch, bald ihr zu vermählen
30       Lilien, welche das jungfräuliche Körbchen durchglühn;
Auch mit eigenem Laub' umkleidete Trauben zu bringen,
    Oder den Vogel, mit buntfarbiger Feder gesprengt.
Durch so schmeichelnde Gaben erkauft, hat in Grotten das Mägdlein
    Heimliche Küsse dem waldwohnenden Manne gereicht.
35   Ganz in der Hindin Fell war gehüllt die liebende Jugend,
    Und der Natur Ruhbett schwelleten Kräuter empor.
Über sie hing ringsher der Pinie weite Beschattung;
    Und nicht ward es bestraft, Göttinnen nackend zu sehn. 211
Krummgehörnt in das leere Gehöf des idäischen Hirten
40       Führte die Schaf aus der Flur selber der Widder zurück.
Götter und Göttinnen auch, so viel obwalten in Feldern,
    Redeten gütig zu euch, sizend an euerem Herd.
»Hasen sowohl wirst, wo du auch gehst, du erjagen, o Gastfreund,
    Als, wenn Vögel vielleicht mir auf dem Steige du suchst;
45   Rufe du nur mich Pan dir zum Beistand nieder vom Felshaupt,
    Ob mit dem Rohre du spähst, ob mit dem Hunde, nach Fang.«
Nun im verödeten Hain sind Heiligthümer verabsäumt;
    Gold nur wird, da hinweg Frömmigkeit schwand, noch geehrt.
Gold hat Treue verdrängt, um Gold sind Rechte verkäuflich,
50       Gold' ist Gesez dienstbar, ohne Gesez auch die Scham.
Starrende Blicke bezeugen den tempelräubrischen Brennus,
    Da dein pythisches Reich, ewiger Jüngling, er stürmt. 212
Aber die Lorberscheitel erschütterte flugs der Parnasus,
    Und auf das gallische Heer stöberte grässlich der Schnee.
55   Dich, nach empfangenem Gold', hat das Thraciergräul Polymestor
    Im nicht gastlichen Haus', o Polydorus, gepflegt.
Dass auch du dir die Arme mit Gold', Erifyla, bedecktest,
    Schwand samt seinem Gespann Amfiarus hinab.
Sag' ich es frei! und o wär' ich ein Lugweissager den Bürgern!
60       Selbst wird durch eigenes Gut Roma, die stolze, geknickt!
Sicheres red' ich, doch Keiner vertraut. Auch die ilische Phöbas
    Sollte für wahrhaft nicht gelten, zu Pergamus Weh.
Paris bereite Verderb für Phrygia, sprach sie allein stets;
    Trügerisch, sprach sie allein, krieche zur Mauer das Ross.
65   Nüzlich der Stadt ja konnte die Wut sein, nüzlich dem Vater.
    Göttergeschicks Wahrheit ward des Geschwäzes Erfolg.

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