Sextus Aurelius Propertius
Werke
Sextus Aurelius Propertius

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IX.
An Ponticus.

        Sagt' ich's doch, dir käme noch einst, o Spötter, die Liebe,
    Und nicht blieben dir stets freiere Worte vergönnt!
Siehe, du liegst demütig, und holst Machtsprüche des Mägdleins,
    Und nach Gefallen beherscht eine Gekaufte dich nun. 26
5   Nicht weissagen in Liebe chaonische Tauben so wahrhaft,
    Welchen der Jünglinge sich welches der Mädchen bezähmt.
Ach, durch Schmerz und Thränen erwarb ich mir theure Erfahrung!
    Wär' ich der Liebe doch fremd und ungewiziget noch!
Was nun frommt dir Armen das Lied voll tragisches Ernstes,
10       Weinend die Stadt, die mit Klang mächtig Amphion ummaurt?
Mehr in der Liebe vermag mimnermischer Ton, wie Homerus;
    Amor, das freundliche Kind, suchet sich linden Gesang.
Geh doch, geh, und lege die finsteren Rollen zur Ruh hin;
    Singe vielmehr, was gern jegliches Mädchen vernimt.
15   Was wenn reichliche Fülle des Stoß dir fehlete? Doch nun,
    Thörichter, mitten im Strom schaust du nach Wasser umher.
Und noch erblassest du nicht, noch fasst nicht völlig die Glut 'dich.
    Dies dein Leiden ist nur Funke vom kommenden Brand. 27
Mehr dann wünschest du dich in armenischer Tiger Gesellschaft,
20       Mehr an das wirbelnde Rad drunten geknotet zu sein:
Als des Knaben Geschoss im innersten Marke zu fühlen,
    Wenn, was die Launische will, nichts ihr versagen du kannst.
Nie hat wem ein Amor so fertige Schwingen gewähret,
    Dass er mit wechselnder Hand nicht ihm gehemmet den Flug.
25   Auch nicht teusche dich das, wenn jene noch willig genug ist.
    Heftiger dringt sie ans Herz, Ponticus, eignet sie dir:
Da dir vergönnt nicht ist, gleichgültig zu wenden den Anblick,
    Da auch wachen für nichts anderes Amor dich lässt,
Den nicht eher du kennst, bis der Schalk die Gebeine berührt hat.
30       Wer du auch bist, von stets lockendem Reiz dich entfernt!
Ihm kann selbst das Gestein, ihm selbst nachfolgen der Eichwald;
    Und nicht könntest auch du, Herzchen du ohne Bestand? 28
Darum, schämst du dich deiner, bekenne mir flugs die Verirrung!
    Sagen, woran man krankt, lindert den Liebenden oft.

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