Sextus Aurelius Propertius
Werke
Sextus Aurelius Propertius

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43 XVI.
Die klagende Thüre.

        Ich für große Triumf' ehmals mich öfnende Pforte,
    Ich unsträflicher Zucht einer Terpeja bekannt,
Die goldstralende Wogen umher an den Schwellen verherlicht,
    Und der Gefangne mit fußfälliger Thräne genezt:
5   Ich bin jezo verwundet vom nächtlichen Zanke der Trinker,
    Und oft klag' ich, von nicht würdigen Händen geklopft.
Nie auch fehlet es mir an schmachvoll hangenden Kränzlein,
    Und Ausschließungen stets meldet die Fackel verstreut.
Nicht auch der Herscherin dien' ich zur Abwehr schimpflicher Nächte,
10       Ich stadtkündige schon, üppigen Ständchen ein Spott.
Doch nicht wird sie gewarnt, dass sie schone des eigenen Rufes,
    Und nicht leb' in der Zeit schandbarem Sittenverderb. 44
Hierbei muss ernsthafter ich noch mich beklagen des Jammers,
    Ach, von des Flehenden langweiligen Wachen betrübt!
15   Jener vergönnt niemals nur einige Ruhe den Pfosten;
    Rastlos gellt er und gellt schmeichelnde Lieder mir vor:
»Thüre, du noch weit mehr, als selbst die Gebieterin, grausam!
    Warum sperrest du mir starrende Flügel so stumm?
Was doch entringelst du mir nie Zugang meiner Bewerbung?
20       Kannst du gedreht ihr nicht bringen verstohlenes Flehn?
Soll denn gar kein Ende vergönnt sein unserem Kummer?
    Schmählich die Schwelle sogar soll ich erwärmen im Schlaf?
Mich quält Mitte der Nacht, mich sinkende Stern' auf dem Lager,
    Mich durchkältender Frost wehender Frühe mit Schmerz.
25   Du, die allein niemals dich menschlicher Leiden erbarmest,
    Du antwortest mit stillschweigender Angel mir nicht. 45
O, dass doch mir ein Wörtchen, die klaffende Spalte durchschlüpfend,
    Zu der Gebieterin dräng' in das getroffene Ohr!
Sei auch starrender jen' als Felsengeklipp der Sikaner,
30       Sei auch Eisen ihr Herz oder gehärteter Stahl;
Dennoch wird sie fürwahr nicht bändigen können die Äuglein,
    Mit ausbrechender Thrän' athmet ihr tiefer die Brust.
Jezt in des Anderen Arme, dem glücklichen, ruht sie gebettet;
    Doch mir hauchen das Wort nächtliche Weste hinweg.
35   O du einzige mir, du größeste Quelle des Kummers,
    Thür, unbezwingliche du jeglichem Ehrengeschenk:
Hat doch nimmer von mir dich gekränkt Mutwille der Zunge,
    Was sie mit bitterem Scherz pfleget zu sagen im Rausch;
Dass du von so endlosem Geächz mich Heisern lässest
40       Wachen am Dreiweg hier ängstliche Stunden hindurch!
Doch dir hab' ich so oft neutönende Lieder gefertigt,
    Dir mit geheftetem Kuss hab' ich die Stufen bedeckt! 46
Dir vor den Pfosten wie oft, o Verrätherin, hab' ich gebeugt mich,
    Und dir geheim in der Hand schuldige Weihe gebracht!«
45   Solches, und was noch sonst euch kläglichen Buhlen bekannt ist,
    Pflegt er der dämmernden Früh' Hähnen entgegenzukrähn.
So durch der Herscherin Fehle nunmehr, und des immer Verliebten
    Jammergeschrei, bin ich stets hämischen Reden ein Spiel.

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