Sextus Aurelius Propertius
Werke
Sextus Aurelius Propertius

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

XXII.
An Demophoon.

        Weißt du, viele zugleich der Mägdelein reizten mich gestern?
    Weißt du, Demophoon, viel Übeles kommt mir zugleich? 119
Nicht hat sonder Erfolg mein Fuß Wegscheiden umschwärmet,
    Alle Theater auch sind mir zum Verderben gemacht:
5   Ob sich blendende Arm' hinziehn in weicher Geberdung,
    Ob vielfachen Gesang zauberisch wendet ein Mund.
Unstät schweifet indess mein Blick, sich Verwundungen suchend,
    Wenn wo ein helles Gesicht sizt, unverhüllet die Brust;
Oder wenn irrendes Haar um offene Stirnen sich ringelt,
10       Dessen geknoteten Schopf bändiget Indergestein.
Hatte die etwas vielleicht mit der Miene mir spröde geweigert,
    Eiskalt rings von der Stirn lief mir das Wasser herab.
Fragst du, warum so weich, Demophoon, Allen mein Herz sei?
    Kein Darum auf die Frag' hat dir ein Liebender je.
15   Warum zerfleischt man die Arme sich selbst mit geweiheten Messern,
    Hauend den Leib nach wild rasendem Phrygiertakt? 120
Jedem Erschaffenen gab die Natur ihm eigene Schwachheit,
    Mir nun gab die Natur, immer in Liebe zu sein.
Mag mir auch Thámyras Loos, des Thracierbarden, bevorstehn;
20       Nie für ein schönes Gesicht, Neidischer, werd' ich dir blind.
Wenn du jedoch Zartheit der geschmälerten Glieder mir vorwirfst,
    Irrest du: niemals ward Cypria's Feier zur Last.
Nachfrag' ist dir erlaubt: oftmals hat erfahren das Mägdlein,
    Dass unsäumiger Dienst Nächte hindurch mir gelang.
25   Jupiter hatt' um Alkmene der Bärinnen Wandel gehemmet,
    Und in gedoppelter Nacht war der Olymp unbeherscht.
Doch nicht ist er darum kraftlos zu den Blizen gekehret.
    Keiner der Amorn wol raubet sich selber die Macht.
Was? wann aus der Briseïs Umarmungen wandelt' Achilles,
30       Flohn vor Achäergeschoss minder die Dardanerreihn? 121
Was? wann der trozige Hektor sich hub aus Andromache's Lager,
    Waren die Schiffe Mycens nicht vor dem Kampfe besorgt?
Flottenbezwinger war Er, und Maurenzertrümmerer jener.
    Hier bin ich selbst ein Pelid', hier auch ein Hektor ich selbst!
35   Schau, wie dem Himmel zum Dienst bald Sol, bald Luna bereit ist.
    Und Ein Mägdelein wär' uns zu bedienen genug?
Halte die eine mich fest mit brünstigen Armen umschlungen;
    Und wenn einmál Raum ist, fülle die andre den Raum.
Oder wenn einst mein Diener in übeler Laune sie findet,
40       Wisse sie, eine noch sei, welche mir gerne gehört.
Besser ja lieget das Schif mit zween Haltseilen befestigt;
    Freier bei Zwillingen ja fühlt sich die Mutter von Angst.
Bist du mir hart, sprich Nein; bist nicht hartherzig, so komm doch!
    Wozu Worte so ganz ohne Gewicht mir geschwazt? 122
45   Das ist wahrlich ein Schmerz, dem Liebenden herbe vor allen,
    Wenn dem Erwartenden schnell eine zu kommen versagt.
Wie er umher sich wälzet mit tiefem Geseufz' auf dem Lager,
    Wann den Empfang, als nicht Kennende, jene verbeut!
Wie er von neuem den Knaben, Gehöretes fragend, ermüdet,
50       Und, was zu wissen ihm bangt, Mehreres sagen ihn heißt!

 << zurück weiter >>