Sextus Aurelius Propertius
Werke
Sextus Aurelius Propertius

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VII.
Cynthia's Erscheinung.

        Doch sind Manen fürwahr, und nicht hört alles im Tod' auf;
    Siegreich über den Brand schwingt sich das bleiche Gebild.
Denn ich sah auf mein Lager herab sich Cynthia neigen,
    Die man im Wellengeräusch neulich am Wege begrub:
5   Als mir wankte der Schlaf nach dem bitteren Leichenbegängnis,
    Und mit Schmerzen des Betts frostiger Raum mich umfing.
Eben das Haar noch blieb ihr, womit sie die Bahre hinaustrug,
    Eben das Aug'; ihr Gewand war an der Seite versengt. 286
Glut auch hatte benagt den gewohnten Beryll an dem Finger;
10       Und das Gesicht umzog Blässe lethäisches Tranks.
Heftiger athmete sie, und heftiger ließ sie die Stimm' aus;
    Ihr in erschallender Hand schnippte vor Eifer der Daum:
»Falscher, von dem nie hoffe was Besseres irgend ein Mägdlein!
    Mag schon wieder Gewalt haben der Schlummer an dir?
15   Schwanden dir schon aus dem Sinne die Schlich' in der wachen Suburra,
    Und mein Fenster, das viel nächtlicher Listen erfuhr?
O wie oft ich aus jenem herab dir am Seile geschwebet,
    Wann ich mit wechselnder Hand eilete dir an den Hals!
Oft ward Liebe der Gasse vertraut, und in heißer Umarmung
20       Haben das Pflastergestein unsere Mäntel erwärmt.
O des verschwiegenen Bundes! ihm hat die betrüglichen Worte
    Mit nicht achtendem Ohr stürmisch der Notus entraft. 287
Ach, kein Einziger war, der die scheidenden Augen mir anschrie!
    Wenn Du riefst, Ein Tag hätte mein Leben verlängt.
25   Selbst nicht rasselte mir mit gespaltenem Rohr ein Bewacher;
    Schnöd' auch schob man ein Stück Ziegel mir unter das Haupt.
Ja, wer hat dich gebeugt bei unserer Leiche gesehen?
    Wer heiß fließen die Thrän' über dein schwarzes Gewand?
Wenns dir zu mühsam war, vor das Thor zu folgen dem Lager;
30       Konntest die Träger du doch langsamer mahnen zu gehn.
Warum riefst du nicht selber die Wind', Unholder, den Scheitern?
    Warum duftete nicht Nardengedüft mir die Glut?
Kostete das auch zu viel, wenn umsonst Hyacinthen du streutest,
    Und zur Weihe der Asch' etwa ein Öhmchen verthatst?
35   Lygdamus werde gebrannt! auf, glühet das Blech für den Sklaven!
    Gleich fühlt' Ichs, da den blass tückischen Wein ich geleert! 288
Aber die listige Nomas bekenn' ihr heimliches Süpplein!
    Nennen die Hände des Fluchs wird dir ein Feuergeschirr.
Jene, die öffentlich jüngst als nächtliche Waare beschaut ward,
40       Jezo streift sie mit goldfunkelnder Borte den Grund.
Schwerer auch wägt ihr zurück das Gewicht im entkräftenden Spinnkorb
    Jede, die meiner Gestalt etwa im Schwazen erwähnt.
Und weil Petale mir mein Grab mit Blumen gekränzet,
    Wird in des wustigen Blocks Banden die Alte gequält.
45   Lalage auch wird hangend am knotigen Haare gegeißelt,
    Weil bei dem Namen von mir einst sie gewaget zu flehn.
Selbst mein goldenes Bild, das littest du, hat sie geschmelzet,
    Raffend ein Heiratsgut mir von dem Scheitergerüst.
Doch nicht folg' ich mit Rache, Propertius, was du auch thuest:
50       Lange ja war ich bisher Königin deines Gesangs. 289
Dir schwör' Ichs bei der Parcen unaufrollbarem Gespinnste;
    Und so töne der dreihäuptige Beller mir sanft:
Dass ich Treue bewahrt! Wenn ich heuchele, müsse die Natter
    Zischen im Grab', und geringt über der Asche mir ruhn!
55   Denn zu gedoppeltem Siz auf dem scheuslichen Strome gelangt man;
    All' in verschiedenem Lauf rudern sie über die Flut.
Hier fährt Klytämnestra, die Buhlerin, hier auch das Scheusal
    Kreta's, borgend der Kuh hölzerne Lügengestalt.
Siehe, die Anderen steuren dahin in bekränzeter Gondel,
60       Wo um Elysiums Ros' athmet die selige Luft;
Wo harmonische Sait' und geründetes Erz der Cybebe,
    Wo dem gehaubeten Chor lydischer Reigen ertönt.
Die unschuldig vermählten Andromeda und Hypermnestra
    Führen vom edelen Sinn ihrer Geschichte das Wort.
65   Jene klagt, um der Mutter Vergehn sein blau ihr von Ketten
    Arm' und Hände, die nicht frostige Felsen verdient. 290
Doch Hypermnestra erzählt, wie sehr sich vergangen die Schwestern;
    Wie solch Übel zu thun nicht ihr gestattet das Herz.
So sind Thränen im Tod' uns Trost für Gefühle des Lebens.
70       Ich verhehle die Schuld deiner gebrochenen Treu.
Doch jezt, was ich begehre, vernim; wenn du etwa gerührt wirst,
    Wenn nicht ganz dich beherscht Doris mit Zaubergemisch.
Lass der Parthenia nichts im zitternden Alter gebrechen,
    Die mich gepflegt: hold dir war sie, und ferne vom Geiz.
75   Meine vertrauteste Latris, benamt von des Dienstes Gewandtheit,
    Nimmer der anderen Frau halte den Spiegel sie vor.
Aber so viel du der Vers' auf meinen Namen gedichtet,
    Alle verbrenn', um los meiner Verehrung zu sein.
Räume den Efeu vom Grabe, der mir mit feindlichen Beeren
80       Fest mein zartes Gebein schlingt in das Rankengeflecht. 291
Wo in belaubte Gefild' obstreich sich der Anio stürzet,
    Und von dem Elfenbein Herkules Gilbe verscheucht;
Dort an die Seule mir schreib mein würdige Worte zur Grabschrift,
    Kurz, damit sie im Lauf lese, wer fähret von Rom:
85   »Hier in tiburtischer Erd' ist der goldenen Cynthia Ruhstatt.
    Deinem Gestad' ist vermehrt, Gott Anienus, der Ruhm.«
Nicht verachte du Träum', aus der frommen Pforte gesendet;
    Träume, die fromm einher schwebeten, haben Gewicht.
Nachts dann schwärmen wir wild; Nacht öfnet uns Seelen den Kerker;
90       Ja, ein Entketteter irrt Cerberus selber umher.
Tagt es, zurück muss jede zum Pfuhl lethäischer Wasser;
    Charon, während der Fahrt, zählet die Ladung des Boots.
Nun sei anderer Frauen Besiz; bald hab' ich allein dich:
    Mit dir ruh' ich vereint, mischend zu Staube den Staub.« 292
95   Als sie gegen mich so die zankende Klage geendigt,
    Aus den Umarmungen mir schlüpfte der Schatten hinweg.

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