Sextus Aurelius Propertius
Werke
Sextus Aurelius Propertius

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XXIX.
An Cynthia.

        Als in der gestrigen Nacht ich, Holdeste, trunken des Weines,
    Schwärmt' in der Stadt, und kein leitender Diener mir war,
Kamen, ich weiß nicht wie viel, entgegen mir winzige Knäblein:
    Welch ein Schwarm! mir verbot solche zu zählen die Furcht.
5   Fackelchen trugen sie theils, und spizige Pfeile die andern,
    Einige schienen sogar Bande zu rüsten für mich.
Übrigens waren sie nackt. Ein sehr Mutwilliger jezo:
    »Diesen gefasst!« rief er; »wohl ja erkennet ihr ihn! 142
Der wars! den hat uns das ereiferte Mädchen geliefert!«
10       Sprachs; und schon um den Hals war mir der Knoten geschürzt.
Einer nun: »Fort auf den Weg! fort treibet ihn!« rief er; und Einer:
    »Sterbe der Mann, der kaum wahrlich für Götter uns hält!
Sie dort wartet auf dich Unwürdigen mehrere Stunden;
    Andere, wer sie auch sein, suchest du draußen, o Thor!
15   »Wenn der Sidonierhaube die nächtliche Binde das Mägdlein
    Auflöst, und die von Schlaf starrenden Augen bewegt;
Anwehn werden dich, nicht von arabischem Sprosse, Gerüche,
    Nein, die mit eigener Hand Amor gefertiget hat.
Schont nun, Brüder, o schont! Er verheißt nun treuere Liebe;
20       Und an der Herscherin Haus sind wir ja, schauet, gelangt!«
Einwärts führten sie dann, mit dem Mantel mich wieder umhüllend:
    »Geh, und künftig daheim lerne zu bleiben bei Nacht!« 143
Dämmerung kam, und ich wollt', ob allein auch Cynthia schliefe,
    Zusehn, und in dem Bett fand ich das Mädchen allein.
25   O, wie ich staunt'! In so holdseligem Reize geschauet
    Hatt' ich sie nie, auch wann purpurner Flor sie umfloss.
Hingehn wollte sie, was sie geträumt, zu erzählen der Vesta,
    Dass nicht ihr ein Gesicht schadete, oder auch mir.
Also erschien mir Jene, da kaum ihr Schlummer entflohn war.
30       O, was durch eigenen Reiz blühende Schönheit vermag!
Woher, sprach sie, so früh, argwöhniger Späher der Freundin?
    Glaubest du mich vielleicht ähnlicher Sitte wie euch?
Nicht so gefällig bin Ich; mir genug ist Eine Bekanntschaft,
    Seist du's, oder wer sonst redlicher Treue bewahrt.
35   Nicht sind irgendwo Spuren zu schaun des zerrütteten Polsters,
    Welche der Lust mich zeihn, noch dass gelegen ein Paar. 144
Schau doch umher, wie am Leibe mir nichts von athmender Hize
    Aufwallt, das ein Vergehn wankender Liebe bekennt.
Sprachs, und den Kuss abwehrend mit vorgehaltener Rechten,
40       Sprang sie hinaus, da der Fuß leicht in die Sole geschlüpft.
So ward ich Aufmerker der lautersten Liebe verjaget.
    Nimmer beglückt seitdem ist mir erschienen die Nacht.

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