Sextus Aurelius Propertius
Werke
Sextus Aurelius Propertius

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IV
Tarpeja.

        Jenen tarpejischen Wald, und Tarpeja's schmähliches Grabmal,
    Und die eroberte Burg meld' ich des altenden Zeus.
Dort war ein glücklicher Hain um die Efeugrotte gepflanzet;
    Ringsher rauscht' in den Fall lebender Wasser der Baum:
5   Laubiges Dach dem Silvanus, wohin aus der Sonne melodisch
    Oft die Syring' einlud Schafe zur Tränke zu gehn.
Hier vor dem Sprudel umher stellt Tatius Pfähle von Ahorn,
    Und sein sicheres Heerlager umschanzt er mit Grund. 267
Was war Rom damals, da so nahe das Horn des Kureten
10       Mit langhallendem Laut schütterte Jupiter's Fels?
Auch wo nun ausgehen Gesez' in bezwungene Länder,
    Standen sabinische Speer' auf dem romanischen Markt.
Selbst war Mauer der Berg; wo die Kurie jezo umhegt ist,
    Dort am heiligen Quell tränkte der Krieger sein Ross.
15   Hier nun schöpfte der Göttin den Quell Tarpeja zum Opfer;
    Und mit der Urne von Thon ging sie belastet das Haupt.
Konnte genug Ein Tod für den Unfug büßen des Mägdleins,
    Welche die Schicksalsglut, Vesta, dir teuschen gewollt?
Jezo den Tatius sah sie auf sandigen Ebnen im Kriegsspiel
20       Über die bräunliche Mähn' heben das bunte Gewehr.
Jen' erstaunt ob der Königsgestalt und der Königsbewafnung,
    Und im vergessenden Traum stürzte die Urn' aus der Hand. 268
Oftmals gab unwahr sie die Schuld Andeutungen Luna's,
    Sagend, im fließenden Strom müsse sie spülen das Haar.
25   Oftmals bat sie die Nymfen mit Silberlilien schmeichelnd,
    Dass doch den Tatius nicht schändete Romulus Speer.
Zum Kapitol dann steigend, sobald es mit Rauche bewölkt ward,
    Brachte von Stachelgerank wund sie die Arme zurück.
Jezo saß sie und klagt' also vom tarpejischen Gipfel
30       Ihr dem benachbarten Zeus nicht ungeahndetes Weh:
»O ihr Feuer im Lager, und Tatius Prätorgezelt du,
    Und des sabinischen Heers Rüstungen, reizend für mich!
Gern als Gefangene säß' ich vor eueres Herdes Penaten,
    Hielte mein Tatius nur mich als Gefangne daheim!
35   Ihr romanische Berg', und bergumwohnende Roma,
    Leb' auch, Vesta, mir wohl, welche mein Frevel beschimpft! 269
Möge das Ross, ach jenes, mich Liebende tragen ins Lager,
    Dem mein Tatius rechts selber die Mähne gelegt!
Wundern wir uns, dass Scylla getobt auf die Haare des Vaters,
40       Und ihr glänzender Schooß tobige Hunde gezeugt?
Wundern wir uns des Verraths am Hornscheusale, dem Bruder,
    Als das verfolgete Garn führt' aus der Irre des Wegs?
Ha! ich Frevlerin werd' ausonischen Mädchen zum Vorwurf,
    Ich, zum Dienste des jungfräulichen Herdes gewählt!
45   Wer mit Erstaunen vernimt, dass Pallas Flamme gelöscht sei,
    Wolle verzeihn: den Altar sprengeten Thränen von mir.
Morgen, so sagt das Gerücht, wird ringsum Kampf in der Stadt sein.
    Nim vor der dornigten Höh thauendem Hang dich in Acht.
Schlüpferig ganz ist der Weg und treulos; denn in geheim stets
50       Hält er die Krümmung hinan teuschende Wasser verdeckt. 270
O, dass bekannt mir wäre Bezauberung magischer Lieder!
    Reizender, auch mein Mund hätte dir Hülfe gebracht!
Dich ziert Purpurgestick; nicht ihn, der zur Schande der Mutter,
    Aus unmenschlicher Brust Wildheit der Wölfin sich sog.
55   Lass mich Fremde bei dir doch Königin werden am Hofe;
    Brautschaz, nicht zu verschmähn, ist die verrathene Rom.
Aber wenn nicht; doch strafe den Raub der sabinischen Töchter:
    Raube du mich, und vergilt gleiches mit gleichem Gesez.
Ich kann trennen die schon kampffertigen Treffen: o Weiber.
60       Ihr auf meinem Gewand mittelt den Friedensvertrag.
Gieb, Hymenäus, den Ton: sei stumm, wildhallende Tuba!
    Glaubt mir, sänftigen wird euere Waffen mein Bett.
Schon die vierte Drommete verkündiget nahendes Tagslicht,
    Und zum Oceanus schon sinkt das verwachte Gestirn. 271
65   Lass mich versuchen den Schlaf; von dir zu träumen begehr' ich.
    O, dass freundlich mir doch schwebe vor Augen dein Bild!«
Sprachs, und senkte die Arme dem sanft abspannenden Schlummer:
    Ach, sie hatte zu neu rasender Wut sich gelegt.
Denn der ilischen Asch' heilvolle Beschirmerin Vesta
70       Nähret die Schuld, und erregt mehr im Gebeine die Glut.
Sinnlos rennet sie, wie die Mänad' am schnellen Thermodon
    Hinstürmt, offen die Brust aus dem zerrissnen Gewand.
Festtag war in der Stadt, Patilien nannt' ihn der Vorfahr;
    Dieser zuerst hat Rom's Mauer beginnen gesehn:
75   Hirten ein jähriger Schmaus, und lustige Feier dem Stadtvolk;
    Wann viel leckere Kost dörfliche Trachten verleihn,
Und wann über des Heues umher aufflammende Schober
    Mit unreinlichem Fuß springet der trunkene Schwarm. 272
Romulus hieß auch die Wachen in festlicher Muße sich ausruhn,
80       Und sein Lager einmal schweigen vom Tubagetön.
Froh der gelegenen Zeit sucht jezt Tarpeja den Feind auf,
    Knüpft den Vertrag, und selbst wird sie ein Theil des Vertrags.
Misslich war zu ersteigen der Berg, und im Feste verabsäumt;
    Auch die bewachenden Hund' eilet zu tödten ihr Schwert.
85   Alles gewährte Schlaf ringsum; nur Jupiter einzig
    Hegte den Rath, wachsam seiner Vergeltung zu sein.
Sie, nach des Thors treulosem Verrath und der liegenden Heimat,
    Fodert den Heiratstag, welchen sie selber bestimmt.
Tatius aber, denn nicht gab Ehre der Feind dem Verbrechen,
90       Ruft: Heirat', und besteig Königeslager mit mir!
Sprachs, und umschüttete sie mit geschmetterter Wehr der Begleiter.
    Dieses, o Jungfrau, war bräutlicher Lohn für den Dienst! 273
Jezt vom Führer Tarpejus empfing der Berg die Benennung.
    Für unverschuldetes Loos hast du, o Hüter, Ersaz.

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