Sextus Aurelius Propertius
Werke
Sextus Aurelius Propertius

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XXVI.
An Cynthia.

        Dich, Holdselige, sah ich im Traum, nach gescheiterter Barke,
    Matt hinziehen die Arm' in der ionischen Flut,
Und was du alles gelogen an mir, jezt reuig bekennen,
    Da du mit Mühe die schwer triefenden Locken erhubst: 132
5   So wie einst im Getümmel der purpurnen Wogen die Helle
    Ihr Goldwidder auf weichwolligem Vließe geführt.
O, wie ich zagt', es würde dem Meer dein Name zum Antheil,
    Und wer in deinem Bezirk segelte, klagte dir nach!
Was hab' Ich dem Neptunus, und was euch, Kastor und Pollux,
10       Alles gelobt, und was, Göttin Leukothea, dir!
Doch du, kaum noch die Spizen der Händ' aus dem Strudel erhebend,
    Rufst, schon nahe dem Tod', oft mit dem Namen mich an.
Hätte vielleicht dir Glaukus geschaut in die lieblichen Äuglein,
    Traun, des ionischen Sunds wärest du Nymfe nunmehr;
15   Und dir hätten vor Neid die Nereïden gemurret,
    Weiß Neräa wie Licht, bläulich Cymothoe dort.
Aber zu Hülfe dir sah ich Delfin' anstürmen im Wettlauf,
    Die den Arion, ich glaub', einst mit der Leier geführt.
Und schon war ich gefasst, mich herab vom Felsen zu schwingen,
20       Als die Erscheinungen mir plözlich zerstreute die Angst. 133
Jezo bewundere man, dass mir ein so reizendes Mägdlein
    Dient, und die Stadt ringsum mich den Gewaltigen nennt!
Nicht, wenn auch ein Kambyses ihr käm' und ein Krösus mit Goldflut,
    Sagte sie: Mann des Gesangs, steh' von dem Lager mir auf.
20   Denn wenn sie mich vorliest, sind verhasst ihr, sagt sie, die Reichen.
    So andächtig verehrt keine der Mädchen ein Lied.
Sehr in der Lieb' ist Treu', und sehr Standhaftigkeit nuzbar.
    Wer viel hat zum Geschenk, hat, was er liebet, auch viel.
Wenn auch ferne Gewässer hindurch will gehen mein Mägdlein,
30       Folg' ich ihr; Ein Fahrwind treib' uns verbundenes Paar.
Ein Gestad' ist Lager der Ruh, Ein schattiger Raum ist
    Obdach uns, und Ein rinnendes Wasser Getränk.
Auch wird bequem Ein Brett zween Liebende betten zum Schlummer,
    Leg' ich am Schnabel des Schifs, leg' ich am Steuer mich hin. 134
35   Alles erduld' ich getrost, und verfolg' auch grimmig der Eurus,
    Tumml' auch die Segel der kalt regnende Auster umher;
Auch ihr Winde gesamt, die gespielt mit dem armen Ulysses,
    Und mit der Danaerflott' an dem euböischen Strand,
Und die ihr zwei Felsriffe geregt, da der Neulingin Argo
40       Durch unheimliche Flut zeigte die Taube den Weg.
Wenn mir jene nur nie aus sehnendem Auge verschwindet,
    O, dann donnre das Schif Jupiter selber in Brand!
Beide zugleich doch wogen wir nackt um die selbigen Küsten;
    Mich mag schlagen die Flut, dich nur bedecke das Land.
45   Doch nicht ist Neptunus der zärtlichen Liebe so grausam;
    Brüderlich gleich in der Lieb' ist ja Neptunus dem Zeus.
Solches bezeugt Amymóne, die, Wasser holend, ihm hinsank,
    Und das vom Dreizacksschlag sprudelnde Lernagesümpf. 135
Schon hat der Gott der Umarmten den Wunsch vollendet, und Jener
50       Strömte die goldne Urn' über von göttlicher Flut.
Dass nicht grausam sei auch Boreas, lehrt Orithya.
    Amor bezähmet die Land', Amor die Tiefen des Meers.
Glaube mir, uns wird sanft auch Scylla ruhen, und niemals
    Wechselnde Fluten dem Schlund wieder Charybdis entspein.
55   Ja die Gestirne sogar wird keine Verdunkelung trüben;
    Klar wird Orion stehn, klar auch das Böcklein im Glanz.
Soll ich jedoch, dir hangend am Leib', ausathmen das Leben;
    Nicht unrühmlichen Tod werd' ich zu sterben mich freun.

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