Sextus Aurelius Propertius
Werke
Sextus Aurelius Propertius

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84 IX.
An die Treulose.

        Oft war ich, was jener nun ist; in der Stunde vielleicht schon
    Wird selbst dieser verdrängt weichen dem Glücklicheren.
Konnte Penelope doch zweimal zehn Jahre getreu sich
    Halten, ein Weib, so sehr vieler Bewerbungen werth.
5   Konnte sie doch hinteuschen mit Pallas Gabe die Freier,
    Trügerisch, was sie des Tags webete, lösend bei Nacht.
Und obgleich, je wiederzusehn den Ulysses, sie aufgab,
    Dennoch harrte sie sein bis zum ergrauenden Haar.
Auch, wie entseelt er lag, umschlang den Achilles Briseïs,
10       Und ihr helles Gesicht schlug sie mit wütender Hand.
Traurig entwusch dem Herscher das Blut die gefangene Freundin,
    Da zum gelblichen Strom Simoïs ihn sie geneigt; 85
Und sie zerraufte das Haar, als brannte der Leib des Achilles,
    Und in der kleinen Hand hub sie das große Gebein:
15   Als nicht Peleus neben ihm war, noch die bläuliche Mutter,
    Oder die scyrische Braut fern aus dem Witwengemach.
Damals freute demnach sich Gräcia edeler Sprossen;
    Damals blühete selbst unter den Waffen die Scham.
Doch Du konntest ja nimmer die Nacht ausharren vereinsamt,
20       Sünderin! nimmer allein konntest du bleiben den Tag.
Ja, du leeretest Becher sogar mit vielem Gelächter;
    Und mich selber vielleicht traf der gestachelte Wiz.
Der wird jezo gesucht, der zuvor dich selber verlassen.
    Möchtest du, Götter! doch den herzlich genießen als Mann!
25   Das nun sind mir jene Gelübd' um deine Gesundheit,
    Als schon fühlte dein Haupt stygischer Wasser Gewalt, 86
Und um das Lager herum wir weinenden Freunde dir standen!
    Dieser, o Zeus, wo doch, Heuchlerin, war er, und wer?
Was, wenn fern ich verweilt' am äußersten Rande der Inder?
30       Oder wenn stockte mein Schif in des Oceanus Schlamm?
Doch euch ist es ein Leichtes, mit Wort' und Truge zu spielen!
    Dies nur lernte das Weib, immer ihr einzig Geschäft!
Nicht so ändern sich schnell unstetigem Hauche die Syrten,
    Noch so im stürmischen Süd bebende Blätter des Hains:
35   Als im weiblichen Zorne bestandlos wanket das Bündnis,
    Hab' ihn ein Großes gereizt, hab' ihn ein Kleines gereizt.
Jezo, dieweil doch jener Entschluss dir beliebte, gehorch' ich.
    Langt mir, Knaben, o langt schärfere Pfeile hervor!
Schnellt ihr all' um die Wett', und dies mein Leben enthebt mir!
40       Traun, mein Blut wird euch herliche Palme des Siegs! 87
Jenes Gestirn ist Zeug', und die starrende Kühle des Morgens,
    Und die mir Jammernden oft leise geöfnete Thür:
Mehr holdselig denn du war nichts im Leben mir jemals!
    Jezt noch wirst du es sein, wenn du auch Feindin mir bist!
45   Keine Gebieterin soll mit dem Fuß mein Bette berühren!
    Einsam bin ich hinfort, darf ich der Deine nicht sein.
Aber, o würde mir doch, wenn fromm mein Wandel bisher war,
    Würde der Mann im Genuss deiner Umarmung ein Stein!
Nicht um die Herschaft sind durch grausere Waffen gefallen
50       Thebe's Fürsten zugleich, selbst vor der Mutter Gesicht.
Wär' auch mir, vor des Mädchens Gesicht, so zu kämpfen gestattet;
    Gern ja stürb' ich den Tod, stürbest den Tod nur auch du!

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