Sextus Aurelius Propertius
Werke
Sextus Aurelius Propertius

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256 II.
Vertumnus.

        Was befremdet dich meine so vielfach wechselnde Bildung?
    Zeichen vom Vater geerbt trag' ich, Vertumnus, der Gott.
Tusker bin Ich, aus Tuskergeschlecht; und nimmer bereu' ichs,
    Dass ich volsanischen Herd unter dem Streite verließ.
5   Mich freut dieses Gewühl, kein elfenbeinener Tempel;
    Nur hinschauen auf Rom's lermenden Markt ist genug.
Hier hatt' einst Tiberinus den Gang; und häufig, erzählt man,
    Töneten Ruder dem Ohr durch den geschlagenen Sumpf.
Doch seit jener so weit den eigenen Zöglingen auswich,
10       Heiß' ich wendender Gott von dem gewendeten Strom.
Oder dieweil ich die Frucht des gewendeten Jahres gelehret,
    Glaubte das Volk, dass mir Wendenden heilig sie sei. 257
Mir wird die Traube zuerst mit bläulichen Beeren gesprenkelt,
    Und vom milchigten Korn schwillet der Ähre das Haupt.
15   Hier süßsaftige Kirschen, und hier Frühpflaumen des Herbstes
    Siehst du, und Maulbeern roth glühen am sommernden Tag.
Hier auch zahlet der Impfer zum Dank den gelobeten Fruchtkranz,
    Wann er des Birnbaums Stamm Äpfel zu tragen bezwang.
Lügende Fama, du kränkst! Mein Nam' hat andere Deutung.
20       Du nur glaube dem Gott, der von sich selber erzählt.
Willig bequemt sich meine Natur in alle Gestalten,
    Wandle mich, wie dir gefällt; jegliche stehet mir wohl.
Gieb mir Koergewand, kein störrisches Mädchen erschein' ich.
    Und wer leugnet den Mann, hüll' ich die Toga mir um?
25   Reiche die Sichel der Hand, und dreh' um die Stirne den Heukranz;
    Schwören sollst du, gemäht hab' ich der Wiese das Gras. 258
Rüstungen trug ich vordem, und ich weiß, man lobte mich darin;
    Aber mit Ähren im Korb war ich ein Schnitter zu schaun.
Nüchtern meid' ich den Zank; doch sobald ich trage das Kränzlein,
30       Rufest du, traun, mir tob' unter dem Schädel der Wein.
Gürt' um die Schläfen die Haub', und ganz dir bild' ich den Bacchus;
    Phöbus bild' ich dir ganz, wenn du die Lyra mir reichst.
Wildgarn stell' ich ein Jäger geschickt; und mit Stangen des Rohres
    Bin ich wie Faunus ein Gott für den gefiederten Fang.
35   Wohl auch Wagen zu lenken vermag Vertumnus, und wohl auch
    Schwingt er sein leichtes Gewicht auf das gewechselte Ross.
Wird es gewährt, mit der Rute den Fischfang treib' ich; und sauber
    Im hinwallenden Rock geh' ich ein Krämer einher.
Auch als Hirt auf den Stab mich weiß ich zu krümmen; und wieder
40       Flink in Körbchen durch Staub trag' ich die Rose zur Stadt. 259
Denn was füg' ich hinzu, wodurch ich am meisten berühmt bin,
    Fruchtbarer Gärten Ertrag, mir in den Händen gelobt?
Die blaugrüne Melon', und mit schwellendem Bauche der Kürbis,
    Zeichnen mich aus, und der Kohl, sanft mit der Binse geschnürt.
45   Auch kein Blümchen der Au entknospet sich, ohne dass, zierlich
    Mir um die Stirne gelegt, immer ein Erstling verwelkt.
Doch mir, weil ich Einer in alle Gestalt mich verkehrte,
    Hat den Namen von That heimische Sprache geliehn.
Auch du, Roma, gewährtest Belohnungen unseren Tuskern,
50       Dass noch heut' ein Bezirk tuskische Gasse sich nennt,
Seit mit verbündeten Waffen vordem Lukomedius herkam,
    Und dich, Tatius, schlug samt der sabinischen Macht.
Selber ich sah dort wanken das Heer, und Geschosse verstreuet,
    Und wie der Feind schmachvoll wandte den Rücken zur Flucht. 260
55   Gieb doch, waltender Zeus, dass ewig hinfort in der Toga
    Mir an den Füßen vorbei wandele Römergewühl!
Noch sechs Verse sind übrig. O dich, der rennet zur Bürgschaft,
    Halten wir nicht! Hier ist unserem Laufe das Ziel.
Ahornblock, vom Schnizler beschleuniget, war ich vor Numa
60       Hier in der dankbaren Stadt doch nur ein dürftiger Gott.
Doch, Mamurius, dir, der geformt dies eherne Bildnis,
    Sei auf den Händen der Kunst oskischer Rasen nicht hart;
Weil du mich gießen gekonnt in so biegsame Gewandtheit.
    Ein ist das Werk, doch nicht Eine Verehrung des Werks.

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