Friedrich Gerstäcker
Unter dem Äquator
Friedrich Gerstäcker

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6. Von Dorsek auf Stellungssuche

Das war eine schwere, recht schwere Zeit, die jetzt für Hedwig folgte, und am Anfang glaubte sie auch manchmal, daß sie es gar nicht ertragen könne und daß ihr Herz brechen müsse in dem unsagbaren Leid. Das neue Verhältnis zu dem Geliebten war ihr dabei noch viel zu ungewohnt, um darin schon Trost und Linderung zu fühlen, während sie gerade in den letzten Jahren auf die Mutter allein all ihre Liebe, all ihre Sorge, all ihr Hoffen konzentriert hatte. Und das alles hatte mit dem einen Schlag der kalte, unerbittliche Tod vernichtet; das alles lag jetzt zertrümmert zu ihren Füßen, und die andere, neue Welt, die sich daraus wieder aufbauen sollte, kannte sie ja noch nicht und trat ihr nur mit Furcht und Zittern entgegen.

Wie kurze Zeit war auch erst vergangen, daß Hedwig Gelegenheit bekommen hatte, selbstständig zu handeln. Sie war, wie es so vielen jungen Mädchen geht, eigentlich Kind geblieben weit über das Kindesalter hinaus, und jetzt zum erstenmal – gerade als sie die Leitung und Hilfe am nötigsten brauchte, riß sie der furchtbare Ernst des Lebens gewaltsam aus ihren Kindesträumen auf. Der alte Herr Scharner hatte ihr natürlich alles mitteilen müssen, was sie betraf, und es auch gleich in der ersten Zeit getan, denn gerade dadurch glaubte er, ihr Herz von seinem schlimmsten und gefährlichsten Schmerz abzulenken. Hedwig nahm auch die böse Kunde viel ruhiger hin, als er erwartet hatte. Was konnte sie jetzt der Verlust eines Hauses schmerzen, und wenn es ihr letztes Besitztum galt, wo sie gerade die Leiche der Mutter zu Grabe getragen hatte. »Meine arme Mutter – mein armer Oswald!« war alles, was sie sagte, und dann träumte sie der Zukunft entgegen, wie vorher.

Dorsek kam jeden Tag, und wie ein Lächeln fast stahl es sich über Hedwigs Züge, wenn sie den Geliebten erblickte. Er setzte sich dann zu ihr, und ihre Hand in der seinen sprach er ihr Mut zu und erzählte ihr von den Plänen, die er hatte, sich eine feste und sichere Heimat zu gründen. Und Hedwig saß bei ihm und hörte ihm zu; war ihr doch schon der Klang seiner Stimme Musik. Aber sie wunderte sich im stillen, wie ernst er über ihr künftiges Leben sprach, von Sorgen und Entbehrungen – von Dornenpfaden, die sie vielleicht zusammen wandern müßten. Kannte er Sorgen und Entbehrungen? Und was hatte sie an seiner Seite zu fürchten?

Hedwig bezwang aber endlich ihren Schmerz so weit, die bis jetzt versäumten Arbeiten wieder aufzunehmen, und wenn sie dabei auch ihren trüben Gedanken nachhängen konnte, gewannen diese doch nicht mehr so die Oberhand über sie. Hätte nur Dorsek mehr Zeit gehabt, bei ihr zu sitzen und zu ihr zu sprechen, und wenn es selbst von seinen Sorgen für die Zukunft gewesen wäre; waren es doch dann seine lieben Laute, die an ihr Ohr klangen und ihr Herz immer mit neuer, stiller Zuversicht erfüllten. Aber er hatte so viel zu tun und zu besorgen und so viele Briefe zu schreiben, daß seine ganze Zeit fast davon in Anspruch genommen wurde, und heute – heute gerade, acht Tage, nachdem sie die Mutter hinaus zu ihrem stillen Ruheplatz gefahren hatten –, heute war er gar nicht gekommen, den ganzen langen Tag – nicht einmal auf einen Augenblick, um ihr wenigstens zu sagen, daß er sie nicht ganz vergessen hätte.

Oh, wie langsam schlichen da die Stunden, wie trüb und bleiern sah der Himmel aus, und wie schwer, wie unendlich schwer war ihr das Herz an diesem Tag geworden! Als aber Dorsek am nächsten Morgen – wenn auch nur für eine kleine halbe Stunde – kam und ihr klagte, daß ihm der vorige Tag so entsetzlich lang ohne sie geworden sei, hatte sie das alles wieder vergessen und gestand ihm, zum erstenmal seit sie ihn kannte, wie glücklich sie sich in seiner Liebe fühlte.

Und warum mußte er so bald wieder fort von ihr? Warum ließ er sie jetzt, wo der Verlust der Mutter noch so frisch und drückend auf ihrer Seele lastete, so lang, so ewig lang, allein mit diesem Gram! Die Kathrine schüttelte den Kopf darüber – die meinte, das wäre kein Liebhaber, wie er sein sollte, wenn er, selbst die kurze Zeit, so kalt und zerstreut neben ihr säße, als ob er an ganz andere Dinge dächte. Aber was wußte die alte Kathrine davon, so gut sie es auch mit Hedwig meinen mochte. Lange, lange Jahre lagen dazwischen, seit sie jung war.

Dorsek ging mit raschen Schritten seiner eigenen Wohnung zu. Der Kopf wirbelte, brannte ihm; seine Pulse schlugen fieberhaft, und sein Auge glühte.

»Bergab«, murmelte er dabei, »bergab die Bahn, immer hinab; erst Schritt um Schritt, jetzt in rasendem Jagen den Hang hinunter, und wie lange kann es dauern, dann lieg' ich zerschellt in jenem Abgrund unten, den mir mein eigener frevelhafter Leichtsinn gegraben hat. Und zurück? Das bleiche Engelsbild hat mich gefaßt – ihr Leid – ihr Elend hat mich umgarnt, und mit einer Zentnerlast reißt sie mich dem Verderben entgegen.«

»Du scheinst dich sehr angenehm zu unterhalten«, sagte eine lachende Stimme an seiner Seite, und ein Arm schob sich in seinen.

»Rustloh!« rief Dorsek, zu dem Freund aufsehend, »wo kommst du her?«

»Gerade vom Direktorium der Eisenbahngesellschaft«, sagte der Freund, »wo ich eine lange Konferenz hatte – und eben wollte ich zu dir. Gehst du nach Haus?«

»Ja.«

»Gut, dann begleit' ich dich – ich habe ein Stündchen Zeit und Wichtiges mit dir zu plaudern. Kommst du von Hedwig?«

»Ja.«

»Du bist verwünscht einsilbig, seit ich bei dir bin, und hieltest doch vorhin, wie mir schien, einen langen Monolog. Wie steht es mit dem Prozeß deiner Braut? Wie ich gehört habe, ist ihre Mutter in diesen Tagen gestorben. Schon etwas entschieden?«

»Der Prozeß ist verloren«, sagte Dorsek dumpf vor sich hin. »Die Gegenpartei schwört und gewinnt damit. Aber komm herauf, ich bin schon so daran gewöhnt, daß alles verunglückt, wobei ich eine Hand im Spiel habe, daß ich eher darüber lachen als mich ärgern könnte. Es soll einmal nicht sein, also zum Teufel damit! Was wolltest du mir sagen?«

Sie hatten bei ihrem Gespräch Dorseks Wohnung erreicht, und während dieser sich auf einen Stuhl warf und den Kopf in die Hand stützte, blieb Rustloh am Fenster stehen und sah nachdenklich hinaus.

»Dann wird dir nichts anderes übrig bleiben«, sagte er endlich, »als ein Angebot anzunehmen, das unter glücklicheren Umständen vielleicht wenig Verlockendes für dich haben würde.«

»Und das ist?« fragte Dorsek. Auf dem Tisch vor ihm lag ein kleines Briefchen von duftendem rosa Papier an seine Adresse, er öffnete es, las es und schob es in die Tasche.

»Im Direktorium ist keine Stelle frei«, fuhr Rustloh fort, »keine wenigstens, die du vorderhand ausfüllen könntest, denn eine gewisse praktische Erfahrung, eine Art Schule, gehört zu diesem Geschäft so gut wie zu jedem anderen. Aber in ... ist eine Inspektorenstelle in nächster Zeit zu vergeben, und es ließe sich vielleicht machen, dir die zu verschaffen. Hast du Lust dazu?«

»In dem Nest?« sagte Dorsek düster.

»Es ist allerdings keine Residenz«, lachte Rustloh, »und du darfst es auch nicht als künftigen Lebenszweck betrachten, dort Inspektor zu bleiben; es muß dir nur als unterste Stufe dienen, damit zu beginnen, und glaube mir, daß sich Hunderte die Beine danach ablaufen, den Posten zu bekommen. Das Gehalt ist freilich sehr mäßig – ich glaube vierhundert Gulden, aber freie Wohnung und noch einige andere kleine Vorteile, die eben mit solchen Stellen verbunden sind.«

»Vierhundert Gulden«, lachte Dorsek bitter vor sich hin, »dahin hätte ich's dann also gebracht – vierhundert Gulden, Frau und Kinder damit zu ernähren, was bis jetzt nicht einmal ausreichte, mein Taschengeld zu bestreiten. Eine Livree darf ich dann auch tragen, nicht wahr? Hahaha – und ein Inspektorentitel.«

Rustloh stand mit untergeschlagenen Armen am Fenster, den ernsten, fast traurigen Blick auf den Freund heftend.

»Du bist hier zu einem Wendepunkt deines Lebens gekommen, Oswald«, sagte er endlich, »die alte tolle Bahn, die du ohne Rücksicht auf die Folgen eingeschlagen hattest, geht nicht mehr; der andere Weg, den du vor dir siehst, ein rauher, beschwerlicher, aber zum Ziel führender Bergpfad, behagt dir nicht.«

»Du scheinst heute morgen in einer sehr moralischen Stimmung«, spottete Dorsek.

»Du hältst sie nur dafür. Ich zeige dir einen Spiegel, und das Bild, das du darin findest, gefällt dir nicht; aber die eine oder andere Bahn mußt du jetzt verfolgen – wenn du nicht fliegen kannst.«

»Ich will's versuchen!« rief Dorsek, rasch von seinem Stuhl emporspringend. »Zum Teufel auch, der Ertrinkende klammert sich an einen Strohhalm, und ich bin ein Ertrinkender.«

»Das Bild ist leider nur zu wahr gewählt, Oswald«, sagte Rustloh warnend, »klammere dich nicht an einen Strohhalm, denn er vermag dich nicht zu retten, wenn er nicht eben fester im Boden wurzeln kann, als ein Strohhalm wurzelt; um Gottes willen aber begehe keinen unüberlegten Streich. Noch hast du dich selber nicht verloren, und dann –«, setzte er fester hinzu, »rufe doch auch ein wenig deinen Männerstolz zu Hilfe. Willst du künftig von anderen Menschen abhängig oder ein freier Mann sein, der sich sein Brot selber und ehrlich verdient?«

»Ein freier Mann als Inspektor einer Eisenbahnstation!« lachte Dorsek durch die zusammengebissenen Zähne.

»Auch dort kannst du frei sein, freilich nicht in dem Sinne, wie du meinst – wenn du deine Pflicht ordentlich erfüllst. Im anderen Fall ist auch der Soldat kein freier Mann, vom General hinunter bis zum Gemeinen; kein Beamter, kein Arzt, kein Advokat, kein Künstler! Sie alle sind abhängig von sich selber, von ihrer Pflicht, und nur die wenigen vom Glück Begünstigten, die wirklich reichen Leute, mögen eine Ausnahme machen, indem sie, ohne daß sich jemand um sie kümmert, ihren Neigungen nachleben dürfen. Wir beneiden an heißen Tagen den Fisch um sein kühles Element, den Vogel um seinen raschen Flug, aber wir können nun einmal nicht aus der Sphäre, in der wir geboren sind, und wollen wir uns, ohne die Mittel dazu zu haben, gewaltsam hineinzwingen, so sind wir verloren.«

Dorsek war mit raschen, ungeduldigen Schritten im Zimmer auf und ab gegangen. Jetzt blieb er plötzlich vor Rustloh stehen und sagte leise: »Und wenn ich es nun nicht aushalte? Wenn ich die Fesseln anlege und dann nicht imstande bin, sie zu ertragen. Wenn sie mich endlich zur Verzweiflung treiben?«

»Und das bedenkst du jetzt erst, Oswald? Das alles tritt dir jetzt noch vor die Seele, wo du das, was du Fesseln nennst, schon fest und unzerreißbar um dich geschnürt hast? Du rechnest auf deinen Onkel, aber tue das nicht. Er wird dir helfen, ja, wenn er sieht, daß du dir selber hilfst – in keinem andern Fall. Dein Vermögen hast du trotz unseren Warnungen leichtsinnig vergeudet – und mehr als vergeudet, du hast es verspielt. Jetzt zeige, daß du ein Mann bist und der Welt in die Zähne deine Existenz dir erstreiten kannst. Magst du das nicht, so mußt du untergehen. – Aber ich muß fort – auch ich hin kein freier Mensch, Dorsek, und mehr durch meine Stellung gebunden als mancher Inspektor, aber ich fühle mich doch wohl auf meinem Platz, denn ich fülle ihn aus. Ich genüge den Ansprüchen, die an mich gestellt werden können, und fühle mich dadurch auch gewissermaßen unabhängig. Dabei ist es ein herrliches Gefühl, das du bei deinem bisherigen Leben noch gar nicht kennst, sich seine Existenz selber geschaffen zu haben. Lern es einmal kennen, und du wirst auch zugleich erfahren, wie wohltuend es auf dich und dein ganzes Streben und Schaffen einwirkt.« Dorsek hatte sich in ein Fauteuil geworfen, stützte den Kopf in die Hand und sah still und brütend vor sich nieder.

»So überlege es dir«, fuhr der Hauptmann nach kurzer Pause fort, »bedenke dabei, daß kein Mensch unabhängig in der Welt ist, der Schulden hat, und – entschließe dich bald. Der Direktor hat mich gebeten, ihn spätestens heut in acht Tagen wissen zu lassen, ob du fest entschlossen bist, die Stelle anzunehmen.«

»Du hast ihm meinen Namen genannt?« rief Dorsek, rasch und erschreckt emporfahrend.

»Nein, das hab' ich noch nicht«, sagte der Hauptmann ruhig, »er kennt mich und weiß, daß ich ihm keinen Mann empfehlen würde, von dem ich nicht fest überzeugt bin, daß er seinen Platz auch ausfüllen wird. Außerdem ist es gut für dich, daß du jetzt deine Heirat nicht übereilen darfst, denn mit dem Tod der Mutter so frisch im Gedächtnis, wird deine Braut schwerlich daran denken, sich dir vor einem halben Jahr zu verbinden. Bis dahin bleibt dir Zeit, deine Vorbereitungen zu treffen und dich in irgendeinem Beruf, den du nun wählen magst, von der Inspektorenstelle ganz abgesehen, ein wenig einzurichten. – Nun, Oswald, will dir die Sache noch nicht so recht in den Kopf?«

»Laß mir Zeit, sie zu überdenken«, sagte Dorsek erregt. »Obgleich wir schon eine Weile davon gesprochen haben, ist es mir doch, als ob ich davon überrascht, überwältigt würde. Das darf nicht sein; ich muß mit kaltem Blut darangehen, wenn etwas Ordentliches daraus werden soll.«

»Das war ein vernünftiges Wort, und ich will dich darin nicht stören«, sagte der Hauptmann, indem er ihm die Hand zum Abschied bot, aber Dorsek hörte kaum, wie er ihn verließ und die Tür sich hinter ihm schloß. Er wußte auch nicht, wie lange er so brütend gesessen haben mochte, als die Tür wieder aufging und sein Bursche Louis auf der Schwelle erschien. Er hielt zwar die Mütze in der Hand, sah aber sonst ziemlich unabhängig aus, und hustete endlich, als sein Herr gar nicht auf ihn achten wollte.

»Was gibt's?« sagte Dorsek, der bei dem Geräusch aufsah – er hatte wirklich gar nicht bemerkt, daß noch jemand außer ihm im Zimmer war.

»Halten zu Gnaden, Herr Baron«, sagte der Bursche, indem er doch jetzt etwas verlegen die Mütze in der Hand herumdrehte. »Ich – wollte nur – am Ersten ist meine Zeit aus, und dann...«

»Nun?« fragte Dorsek ungeduldig.

»Hm – da wollte ich Ihnen nur anzeigen, daß Sie sich gefälligst nach einem anderen Bedienten umsehen möchten, wenn Sie noch einen brauchen sollten«, sagte der Bursche, seine alte Unverschämtheit wiedergewinnend. Ein verächtliches Lächeln zuckte um Dorseks Lippen, aber er antwortete nichts weiter als »Du kannst gehen« und wieder fiel er in sein früheres Brüten zurück. Der Bursche ging aber noch nicht; ob er seines Herrn sinnende Haltung für Niedergeschlagenheit oder Kleinmut hielt und dadurch vielleicht auf den Stand seiner Finanzen schloß – ob er den Moment für günstig hielt, sein eigenes Guthaben jetzt gleich zu erheben, kurz, er zögerte noch einige Minuten, und als Dorsek nicht die geringste Notiz von ihm nahm, ihn auch in der Tat total vergessen hatte, begann er noch einmal:

»Herr Baron?«

»Was zum Teufel willst du noch hier?« fuhr dieser jetzt von seinem Sitz empor. »Hab' ich dir nicht gesagt, daß du gehen kannst?«

»Ja«, brummte Louis, einen Schritt zurücktretend, »zu Befehl, Herr Baron, aber – mein Geld.«

»Ist deine Zeit schon um?«

»Nein – noch nicht ganz – in acht Tagen aber...« Er sagte kein Wort weiter, sondern fuhr mit einem Satz zur Tür hinaus, denn Dorsek, ohnehin gereizt, griff mit einer solchen Entschiedenheit nach dem auf dem Tisch liegenden Stock, daß er es für zweckmäßig hielt, einen tatsächlichen Ausbruch nicht weiter abzuwarten. Dorsek ging mit untergeschlagenen Armen in seinem Zimmer auf und ab.

»Man sagt, daß ein Schiff am Sinken ist«, murmelte er dabei, »wenn es die Ratten verlassen – am Sinken – die Sache hat verdammt viel Ähnlichkeit mit meiner Lage. Aber der Schiffer kann sich vielleicht noch retten, wenn er zur rechten Zeit alles über Bord wirft, was ihn eben hinunterziehen will – wenn er den richtigen Lotsen findet, der ihn in den Hafen steuert. – Unabhängig – Rustloh ist ein Tor – unabhängig als untergeordneter Beamter – ein Sklave ist ein freier Mann gegen solch ein Leben, und wie sie hier lachen, wie sie die Nase rümpfen würden, wenn sie Oswald von Dorsek draußen vor einem Bahnhofsgebäude in Livree... Tod und Teufel! Schon der Gedanke wäre genug, mich wahnsinnig zu machen – und doch hat er recht! Was bleibt mir übrig, als zuletzt auf solche Weise ehrlich mein Brot zu verdienen – ehrlich im Staub dahinzukriechen, wenn ich nicht fliegen kann – fliegen – fliegen – der Sonne zu – und wenn ich fliegen kann und krieche doch? Der Versuch soll wenigstens gemacht werden!« rief er, seinen Hut aufgreifend. »Wenn sie mich denn mit ihrem Moralpredigen zur Verzweiflung treiben, mögen sie auch sehen, was es für Folgen hat. Noch bin ich frei, und wenn ich künftig in Ketten leben muß, will ich auch überzeugt sein, daß es kein Mittel gab, sie abzuschütteln.«

Wenige Minuten später war Herr von Dorsek auf dem Weg zu Gräfin Orlaskas Hotel.


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