Auswahl Deutscher Gedichte für höhere Schulen
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Soldatenfriedhof

Uralt Gestein, das Bäume dicht umranden,
Schließt der Soldaten weiten Friedhof ein:
Wie sie dereinst in Reih und Glied gestanden,
So ziehn sich jetzt, geschmückt mit Kreuz und Stein,
Wo todwund ihre Leiber Ruhe fanden,
Hin ihrer Gräber schnurgerade Reihn.
Laubkronen leis' im Windeshauch sich neigen,
Und endlos rings um mich – ein großes Schweigen.

Die auf den frischbegrünten Hügeln blühen,
Die Blumen rot und blau in üpp'ger Pracht,
– Wie sie im Strahl der Abendsonne glühen! –
Sie zeugen, daß für euch die Liebe wacht.
Sanft ruht ihr Tapfern aus von Kampfesmühen:
Still wandelnd hab' ich es bei mir gedacht.
Da bannt, auf funkelndem Granit geschrieben,
Ein Name mich, und stehn bin ich geblieben.

Dich find' ich hier?! Du zähltest achtzehn Jahre,
– Lerneifer färbt' dir noch die Wangen rot! –
Da drücktest du dir in die blonden Haare
Die Kriegermütze in der Zeiten Not.
Nicht lange währt's –, da lagst du auf der Bahre,
Es ehrte dich fürs Vaterland der Tod.
Nicht wußt' ich, wo man dich bestattet habe:
Nun führt ein Zufall mich zu deinem Grabe.

So ruh' in Frieden denn! Euch allen, allen
Von nah und fern sei Friede! Selig ruht!
Daß eure Namen nimmermehr verhallen,
Manch ehern Mal sie kund der Nachwelt tut.
So wahr ein Gott lebt, nicht umsonst gefallen
Seid ihr im Kampf, beseelt von Heldenmut!
Einst wird aus eurem Blut, das ihm geflossen,
Des Vaterlandes neue Größe sprossen.

Die Sonne sinkt. Jetzt zu des Weges Seiten,
Auf dem ein hölzern Kreuz entragt dem Sand,
Mit Gras bedeckt, zwei hohe Hügel breiten
Weithin sich aus, hart an des Friedhofs Rand.
Zum Kreuze mich beschwingte Schritte leiten,
Doch keinen Namen find' ich drauf genannt.
Nein, hundertdreiundvierzig Russen – kündet
Die Inschrift an – ruhn hier im Tod verbündet.

In Frieden ruht! Vom harten Kampf ermattet,
Starbt ehrenvoll auch ihr, getreu der Pflicht;
Die um euch weinen, wo man euch bestattet,
Sie kennen, ach, die ferne Stätte nicht. –
Es schwankt das Gras, von Dämmrung tief beschattet,
Leis klagend drin des Windes Stimme spricht.
Und über Freund und Feind in weiter Ferne
Aufleuchten hell des Himmels goldne Sterne.

Franz Boehnke

 


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