Auswahl Deutscher Gedichte für höhere Schulen
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Arbeit

Gedichtet, als in Berlin das Werk des belgischen Künstlers Meunier »Denkmal der Arbeit« ausgestellt wurde.

Gehe dahin mit der streuenden Hand,
Schweigender Mann, übers schweigende Land,
Säe, du Sämann!
Siehe, es wartet und hungert die Erde,
Daß ihr Nahrung vom Menschen werde;
Pflanze Brot ins harrende Feld!
Streue Zukunft hinaus in die Welt!
Saaten, schaff Saaten!

Schwinge die Axt! In das blinde Gestein
Trage den Tag und das Leben hinein,
schürfender Bergmann!
Drunten lagert auf seinem Schatze
Mammon der Drache – unter der Tatze
Raub ihm die Kohle, nimm ihm das Erz!
Mache der Erde versteinertes Herz,
Mache es fruchtbar!

Du, mit der Bälge fauchender Wut
Treibe die Flammen zu brodelnder Flut,
Mann du des Eisens!
Sieh, wie die schmelzenden, wälzenden Schlangen
Nach der gefesteten Form verlangen!
Greifende Zange, Hammers Gewalt,
Zwinge in Form sie, in Leib und Gestalt!
Schmiede das Werkzeug!

Was sie auf Erden gepflanzt und gefügt,
In das Schiff, das Meere durchpflügt,
Trage es, Schiffsvolk!
Werde des Meeres bittere Welle
Nährender Gaben süßspendende Quelle!
Trage das Schiff, den Strand zum Strand!
Welten hinüber, Land zum Land
Binde die Arbeit!

Binde, du Arbeit, Land zu Land!
Füge, du Arbeit, Hand in Hand,
Herzen zu Herzen!
Siehe, zerspalten in tausend Risse,
Taumelt die Menschheit ins Ungewisse;
Kein gemeinsamer Glaube eint,
Keine Menschheitssonne mehr scheint
Tröstend am Himmel.

Schaffende Arbeit ist Weltengebot,
Ist Erlösung durch Qual und Not;
Schaffet und wirket!
Schweigend dem Werke sich weihen und geben,
Heißt im Gebet seine Seele erheben;
Lautloses Suchen stummen Gebets
Er, der alles versteht, er versteht's.
Sucht ihn im Schaffen!

Ernst von Wildenbruch

 


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