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Die Leipziger Schlacht

(18. Oktober 1813)

Wo kommst du her in dem roten Kleid
Und färbst das Gras auf dem grünen Plan?
»Ich komm' aus blutigem Männerstreit,
Ich komme rot von der Ehrenbahn.
Wir haben die blutige Schlacht geschlagen,
Drob müssen die Mütter und Bräute klagen,
Da ward ich so rot.«

Sag' an, Gesell, und verkünde mir,
Wie heißt das Land, wo ihr schlugt die Schlacht?
»Bei Leipzig trauert das Mordrevier,
Das manches Auge voll Tränen macht,
Da flogen die Kugeln wie Winterflocken,
Und Tausenden mußte der Atem stocken
Bei Leipzig der Stadt.«

Wie heißen, die zogen ins Todesfeld
Und ließen fliegende Banner aus?
»Es kamen Völker aus aller Welt,
Die zogen gegen Franzosen aus,
Die Russen, die Schweden, die tapfern Preußen
Und die nach dem glorreichen Östreich heißen,
Die zogen all aus.«

Wem ward der Sieg in dem harten Streit,
Wem ward der Preis mit der Eisenhand?
»Die Welschen hat Gott wie die Spreu zerstreut,
Die Welschen hat Gott verweht wie den Sand;
Viel Tausende decken den grünen Rasen,
Die Übriggebliebnen entflohen wie Hasen,
Napoleon mit.«

Nimm Gottes Lohn! habe Dank, Gesell!
Das war ein Klang, der das Herz erfreut!
Das klang wie himmlische Zimbeln hell,
Hab' Dank der Mär' von dem blutigen Streit.
Laß Witwen und Bräute die Toten klagen,
Wir singen noch fröhlich in spätesten Tagen
Die Leipziger Schlacht.

O Leipzig, freundliche Lindenstadt,
Dir ward ein leuchtendes Ehrenmal:
Solange rollet der Jahre Rad,
Solange scheinet der Sonnenstrahl,
Solange die Ströme zum Meere reisen,
Wird noch der späteste Enkel preisen
Die Leipziger Schlacht.

Ernst Moritz Arndt (1813)

 


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