Auswahl Deutscher Gedichte für höhere Schulen
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Die Heinzelmännchen

Wie war zu Köln es doch vordem
Mit Heinzelmännchen so bequem!
Denn, war man faul, ... man legte sich
Hin auf die Bank und pflegte sich;
     Da kamen bei Nacht,
     Eh' man's gedacht.
   Die Männlein und schwärmten
   und klappten und lärmten
     Und rupften
     Und zupften
   Und hüpften und trabten
   Und putzten und schabten,
Und eh' ein Faulpelz noch erwacht,
War all sein Tagewerk bereits gemacht!

Die Zimmerleute streckten sich
Hin auf die Spän' und reckten sich.
Indessen kam die Geisterschar
Und sah, was da zu zimmern war,
     Nahm Meißel und Beil
     Und die Säg' in Eil';
Sie sägten und stachen
   Und hieben und brachen,
     Berappten
     Und kappten,
   Visierten wie Falken
   Und setzten die Balken.
Eh' sich's der Zimmermann versah,
Klapp! stand das ganze Haus schon fertig da!

Beim Bäckermeister war nicht Not,
Die Heinzelmännchen backten Brot.
Die faulen Burschen legten sich,
Die Heinzelmännchen regten sich
     Und ächzten daher
     Mit den Säcken schwer
   Und kneteten tüchtig
   Und wogen es richtig
     Und hoben
     Und schoben
   Und fegten und backten
   Und klopften und hackten.
Die Burschen schnarchten noch im Chor,
Da rückte schon das Brot, das neue, vor!

Beim Fleischer ging es just so zu:
Gesell und Bursche lag in Ruh'.
Indessen kamen die Männlein her
Und hackten das Schwein die Kreuz und Quer.
     Das ging so geschwind
     Wie die Mühl' im Wind!
   Die klappten mit Beilen,
   Die schnitzten an Speilen,
     Die spülten,
     Die wühlten
   Und mengten und mischten
   Und stopften und wischten.
Tat der Gesell die Augen auf,
Wapp! hing die Wurst da schon im Ausverkauf!

Beim Schenken war es so: es trank
Der Küfer, bis er niedersank.
Am hohlen Fasse schlief er ein;
Die Männlein sorgten um den Wein
Und schwefelten fein
     Alle Fässer ein
   Und rollten und hoben
   Mit Winden und Kloben
     Und schwenkten
     Und senkten
   Und gossen und panschten
   Und mengten und manschten.
Und eh' der Küfer noch erwacht,
War schon der Wein geschönt und fein gemacht!

Einst hatt' ein Schneider große Pein:
Der Staatsrock sollte fertig sein!
Warf hin das Zeug und legte sich
Hin auf das Ohr und pflegte sich.
     Da schlüpften sie frisch
     In den Schneidertisch
   Und schnitten und rückten
   Und nähten und stickten
     Und faßten
     Und paßten
   Und strichen und guckten
   Und zupften und ruckten.
Und eh' mein Schneiderlein erwacht,
War Bürgermeisters Rock bereits gemacht!

Neugierig war des Schneiders Weib
Und macht sich diesen Zeitvertreib:
Streut Erbsen hin die andre Nacht.
Die Heinzelmännchen kommen sacht;
     Eins fährt nun aus,
     Schlägt hin im Haus,
   Die gleiten von Stufen
   Und plumpen in Kufen,
     Die fallen
     Mit Schallen,
   Die lärmen und schreien
   Und vermaledeien!
Sie springt hinunter auf den Schall
Mit Licht: husch husch husch husch! – verschwinden all'.

O weh! nun sind sie alle fort.
Und keines ist mehr hier am Ort!
Man kann nicht mehr wie sonsten ruhn,
Man muß nun alles selber tun!
     Ein jeder muß fein
     Selbst fleißig sein
   Und kratzen und schaben
   Und rennen und traben
     Und schniegeln
     Und biegeln
   Und klopfen und hacken
   Und kochen und backen.
Ach, daß es noch wie damals wär'!
Doch kommt die schöne Zeit nicht wieder her!

August Kopisch

 


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