Tobias Smollett
Die Abenteuer des Roderick Random
Tobias Smollett

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Zweiundsechzigste Kapitel

Melopoyns Schicksale

 

»Mein Vater war Helfer eines Landgeistlichen und bei seinen schmalen Einkünften nicht imstande, mich auf eine Universität zu schicken. Er übernahm daher selbst die Sorge für meine Erziehung und ließ sich diese so angelegen sein, daß ich nur wenig Ursache hatte, den Mangel des öffentlichen Unterrichts zu bedauern. Durch die große Mühe, die er sich gab, meine natürlichen Anlagen zu untersuchen, entdeckte er in mir frühzeitig einen Hang zur Dichtkunst. Aus dem Grunde empfahl er mir vertraute Bekanntschaft mit den Klassikern und war mir durch seinen väterlichen Eifer und durch seine ungewöhnliche Gelehrsamkeit darin gar sehr behilflich. Als er glaubte, daß ich mit den Schriftstellern des Altertums hinlänglich vertraut sei, ließ er mich die besten neueren, Franzosen und Italiener sowohl als Engländer, fleißig studieren. Vor allen Dingen aber prägte er mir ein, meine Muttersprache meistern zu lernen.

Ungefähr in meinem achtzehnten Jahre trieb mich mein Ehrgeiz an, ein Werk von einiger Bedeutung zu unternehmen. Mit Einwilligung meines Vaters machte ich den Plan zu dem Trauerspiel, das Sie eben gelesen haben. Allein ehe die ersten vier Akte zu Ende waren, starb mein gütiger Vater und hinterließ meine Mutter und mich in höchst dürftigen Umständen. Ein naher Anverwandter hatte mit unserem Elend so viel Mitleid, daß er uns in sein Haus nahm. Dort brachte ich mein Stück zu Ende. Nicht lange darauf starb meine Mutter.

Als mein erster Schmerz über dieses traurige Ereignis vorüber war, sagte ich zu meinem Vetter, einem ehrlichen Landmann, daß mich jetzt, da ich meiner Mutter die letzte Pflicht geleistet hätte, nichts weiter auf dem Lande zurückhielte und daß ich gesonnen wäre, nach London zu gehen und mein Stück irgendeinem Theater anzubieten. Ich zweifelte gar nicht, dadurch nicht nur viel Ruhm, sondern auch einen beträchtlichen Gewinn zu erlangen. In dem Fall würde ich mich meiner Freunde und Wohltäter gewiß erinnern. Mein Vetter freute sich über diese glückliche Aussicht recht sehr und gab mit willigem Herzen, was zur Bestreitung der Reise und zu meiner Ausstattung erforderlich war.

Ich reiste mit der Landkutsche nach London und kam wohlbehalten an. Sogleich mietete ich mir ein Dachstübchen, mit dem Vorsatz, auf so sparsamem Fuß als möglich zu leben, bis ich wüßte, was ich von dem Schauspielunternehmer zu erwarten hätte, dem ich mein Stück geben wollte. Zwar glaubte ich einer günstigen Aufnahme gewiß zu sein und bildete mir ein, man würde mein Produkt so begierig aufnehmen, als ich es war, es zu überreichen. Allein ich wußte nicht, ob die Herren nicht etwa mit einem anderen Schriftsteller abgeschlossen hätten – ein Umstand, der mein Glück notwendig verzögern mußte. Aus dieser Erwägung entschloß ich mich, schnell zu Werke zu gehen und schon den folgenden Tag einem der Schauspielunternehmer meine Aufwartung zu machen.

Zu dem Zweck erkundigte ich mich bei meinem Wirt, einem Seifensieder, wo einer oder auch wo beide wohnten. Da er begierig war, meine Geschäfte bei ihnen zu wissen, und zugleich ein recht braver und freundschaftlicher Mann schien, so entdeckte ich ihm mein Vorhaben.

›Sie gehen nicht richtig zu Werke‹, sagte er. ›So leicht, wie Sie sich das denken, finden Sie keinen Zutritt bei den Herren. Wenn Sie Ihr Stück ohne rechte Empfehlung einreichen, so wette ich eins gegen tausend, daß es überhaupt nicht angesehen wird. Folgen Sie meinem Rat, und alles geht gut. Einer der Direktoren ist, so wie ich, ein guter Katholik und hat denselben Beichtvater wie ich. Ich werde Sie mit diesem guten Priester bekannt machen. Er ist ein studierter Herr, und wenn der Ihr Stück gut findet, so wird seine Empfehlung viel dazu beitragen, daß Mister Supple es auf die Bühne bringt.‹

Ich gab diesem Vorschlage meinen Beifall und wurde bei dem Mönch eingeführt. Er las mein Stück und schien sehr zufrieden zu sein, vornehmlich damit, daß ich alle Betrachtungen über die Religion vermieden hatte. Er versprach, allen seinen Einfluß auf seinen Beichtsohn Supple zu verwenden und noch desselben Tages Erkundigung einzuziehen, wann ich ihm zur gelegensten Zeit meine Aufwartung machen könnte. Diesem Versprechen kam er pünktlich nach und berichtete mir, er habe mit dem Schauspielunternehmer meinetwegen gesprochen. Ich sollte jetzt nur vormittags, um welche Zeit ich wollte, zu ihm gehen und sagen, ich käme von Pater O'Varnish, dann würde ich sogleich vorgelassen werden.

Seinem Rat gemäß verfügte ich mich, mit meiner Arbeit im Busen, nach Supples Wohnung, die ich mir genau hatte bezeichnen lassen.

Ich klopfte an die Tür, in deren Mitte ein Schieber und hinter demselben ein Netzwerk von Eisen war. Ein Bedienter nahm mich eine Zeitlang in Augenschein und fragte sodann, was ich verlange. Ich sagte ihm, von wem ich käme und wen ich zu sprechen begehrte. Er musterte mich noch einmal und ging darauf. Nach wenigen Minuten kam er wieder und sagte, sein Herr habe Geschäfte und könne mich nicht annehmen.

Wiewohl es mich ein wenig kränkte, daß meine Erwartung fehlgeschlagen war, so überredete ich mich dennoch, dieser Empfang käme nur daher, daß Supple mein Anliegen nicht gewußt habe. Um aber nicht mehr dergleichen Hindernisse anzutreffen, bat ich den Pater, mich den folgenden Morgen selbst einzuführen. Er bewilligte mein Gesuch, und wir wurden sogleich vorgelassen. Der Schauspielunternehmer empfing mich mit äußerster Höflichkeit und versprach, mein Stück bei erster Gelegenheit durchzulesen.

Vierzehn Tage danach fragte ich, wie er selbst es mich geheißen hatte, von neuem an, doch er war ausgegangen. Acht Tage darauf stellte ich mich wieder ein, aber der Mann befand sich ganz und gar nicht wohl. Ich erneuerte meinen Besuch in vierzehn Tagen, und er versicherte mir, er würde von Geschäften so erdrückt, daß er nicht imstande gewesen wäre, mein Stück durchzulesen. Jedoch wollte er dazu die erste müßige Stunde nutzen. Zugleich versicherte er mir, was er davon gesehen habe, wäre sehr unterhaltend.

Mit dieser Erklärung ließ ich mich von neuem auf einige Wochen abfertigen. Nach deren Verlauf erschien ich wieder und ward vorgelassen.

Supple lag am Podagra hart danieder. Kaum war ich ins Zimmer getreten, als er mich mit einem Jammergesicht folgendermaßen anredete: ›Mein lieber Mister Melopoyn, der Zufall, der sich während meiner Krankheit mit Ihrem Trauerspiele ereignet hat, geht mir von Grund der Seele nahe. – Sie müssen wissen, mein ältester Knabe findet Ihr Manuskript auf einem Tisch im Speisezimmer, wo ich es zu lesen pflegte. Er trägt's hinunter in die Küche und läßt es da liegen. Das unachtsame Mädel, die Köchin, hält es für unnützes Papier und benutzt es leider! bis auf einige wenige Blätter zum Absengen des Federviehs. Allein ich will hoffen, daß dies Unglück zu ersetzen sein wird, da Sie unstreitig davon mehrere Abschriften besitzen.‹

Ich beteuere Ihnen, mein werter Freund, Mister Random, daß mich diese Nachricht sehr erregte. Allein der gute Mann schien über diesen Unfall so bekümmert zu sein, daß ich meinen Verdruß unterdrückte und ihm sagte, ich hätte zwar keine Kopie davon, aber ich würde das Verlorene aus dem Gedächtnis herstellen, das bei mir ziemlich gut sei. Sie können nicht glauben, wie lieb Supple diese Versicherung war. Er bat dringend, mich sogleich hinzusetzen und alles genau zu überdenken, was ich zu Papier brächte, damit es ja dasselbe Stück würde, das er gelesen hätte.

Diese Ermahnung, die mir deutlich bewies, wie sehr er sich für die Sache interessierte, gab mir nicht wenig Mut. Ich bot mein Gedächtnis und meinen Fleiß auf, und in drei Wochen lag das Trauerspiel völlig so da, wie es gewesen war. Ich stellte es meinem Freunde, dem Pater O'Varnish, zu, und der sagte mir des folgenden Tages, Supple wolle es nur noch einmal flüchtig durchgehen, um zu untersuchen, ob es völlig das nämliche Stück sei, und mir dann eine entscheidende Antwort geben.

Ich räumte dem Komödienmeister zu dieser Untersuchung eine volle Woche ein. Nach deren Verlauf verlangte ich bei ihm Audienz, in dem vollen Vertrauen, daß nun mein Trauerspiel würde aufgeführt werden. Aber leider! war die Theaterzeit unvermerkt verflossen, und Supple überzeugte mich, daß, wenn mein Stück jetzt einstudiert würde, so könnte es nicht eher als gegen Ende März gegeben werden, wo gerade die Benefizien kämen. Sonach würde ich mit dem Interesse der Schauspieler in Kollision kommen, und die würde ich doch gewiß nicht vor den Kopf stoßen wollen.

Ich war genötigt, mich durch diese Gründe, die sich in der Tat wohl hören ließen, zu beruhigen und meine Arbeit bis auf die Wiedereröffnung der Bühne liegenzulassen, wo ich glücklicher zu sein hoffte. Allein dieser Aufschub war sehr empfindlich für mich, da es mir um die Zeit sowohl an Geld als an allen Notwendigkeiten des Lebens gebrach. Meine starken Erwartungen von Seiten des Theatervorstehers hatten mich zu einigem Aufwand verleitet, so daß mein mitgebrachtes Geld fast verzehrt war. Ich muß mich in der Tat meines Benehmens schämen; denn meine Finanzen würden, wenn ich mich nur ein wenig der Sparsamkeit beflissen hätte, für ein ganzes Jahr bequem ausgereicht haben.

Sie werden sich vielleicht wundern, wenn ich Ihnen sage, daß meine Ausgaben in einem halben Jahr nicht einen Farthing weniger als zehn Guineen betrugen. Wenn Sie aber die Versuchungen in Betracht ziehen, denen ein junger Mann in dieser großen Stadt ausgesetzt ist, zumal falls er, wie ich, Vergnügungen liebt, so wird das Erstaunenswürdige wo nicht ganz, doch größtenteils wegfallen.

Nicht bloß meine Lage, sondern noch ein anderer Umstand machte mich sehr bekümmert. Ich hatte nämlich meinem Vetter, dem Bauern, geschrieben, wie gut ich aufgenommen worden war und daß er auf die Zurückgabe seines freundschaftlichen Darlehns gegen Ende Februar sicher rechnen könnte, und jetzt fand ich mich außerstande, meinem Versprechen nachzukommen. Gleichwohl war hier kein anderes Mittel als Geduld. Ich nahm zu meinem Wirt, einem sehr guten Mann, meine Zuflucht, gestand ihm mein Elend aufrichtig und bat ihn, mir zu raten, wie ich mir einigen Unterhalt verschaffen sollte. Er versprach mir, darüber sogleich mit seinem Beichtvater zu reden; zugleich bot er mir so lange Wohnung und Essen an, bis ich durch das Glück in den Stand gesetzt wäre, für beides aufzukommen.

Als der Pater meine bedrängte Lage erfuhr, machte er mir den Vorschlag, mich mit dem Verfasser eines Wochenblattes bekannt zu machen, der sich ohne Zweifel meiner Beihilfe bedienen würde, wenn er mich zu dergleichen Arbeiten geschickt fände. Da ich aber bei näherer Erkundigung erfuhr, dies Journal sei bloß dazu bestimmt, Zwietracht unter den Staatsparteien zu nähren, lehnte ich es ab, mit dem Herausgeber dieser Schrift in Verbindung zu treten. Der Geistliche riet mir, einige Poesien zu verfertigen und sie für ein hübsches Honorar an barem Gelde einem Buchhändler zu überlassen. Vielleicht erlangte ich dadurch Ruf und auch Freunde. Mein Trauerspiel würde alsdann nach der Wiedereröffnung der Bühne auf die vorteilhafteste Art erscheinen, wenn es durch wichtige Gönner und die Berühmtheit des Verfassers unterstützt würde.

Eine zaubervolle Aussicht für mich! Da ich gehört hatte, was für Freunde sich Pope durch seine Schäfergedichte erworben hatte, fing ich an, in ebendem Geschmack zu arbeiten. In sechs Wochen hatte ich ebenso viele Hirtenlieder fertig, die ich einem berühmten Buchhändler anbot. Er bat mich, sie ihm zum Durchlesen dazulassen und mir in zwei Tagen darüber Bescheid zu holen. Nach Verlauf dieser Zeit fand ich mich bei ihm ein. Er gab mir meine Poesien zurück und sagte, sie entsprächen seinen Zwecken nicht; doch setzte er, um seiner Ablehnung einen milderen Anstrich zu geben, hinzu, es wären einige recht artige Stellen darin.

Diese abschlägige Antwort, die, wie ich vom Pater erfuhr, von einem anderen Schriftsteller herrührte, den der Buchhändler in dergleichen Fällen zu Rate zog, schlug mich freilich etwas nieder; dennoch ging ich zu einem seiner Kollegen. Dieser sagte mir, die Stadt wäre mit Schäfergedichten überschwemmt, und riet mir, wenn ich von meinen Talenten Nutzen ziehen wollte, etwas Satirisches oder Schalkhaftes zu schreiben, wie zum Beispiel ›Das Knopfloch‹, ›Das zerlöcherte Nachtgeschirr‹ und dergleichen. Gleichwohl war der Mann, der dies sagte, schon bei Jahren, trug eine ehrwürdige Perücke, hatte eine wahre Senatormiene und ging regelmäßig in die Kirche. Allein ich nahm seinen Vorschlag, so gut er auch immer sein mochte, nicht an; denn ich hielt dergleichen Arbeiten für Entweihungen meines schriftstellerischen Talents. Daher trug ich meine Schäfergedichte zu einem dritten, der mir versicherte, Poesien wären gar nicht sein Fach, und mich fragte, ob ich nicht etwa eine geheime Geschichte in Briefen abgefaßt oder einen Band von solchen Abenteuern wie die von Robinson Crusoe oder vom Obristen Jack, oder auch eine Sammlung von Schnurren zum Zeitvertreib für die Kolonien liegen hätte. Da ich nun keine Waren von der Art hatte, wandte ich mich an einen anderen Buchhändler, von dem ich ebenfalls abschlägig beschieden wurde.

Kurz, ich halte dafür, daß die ganze Buchhändlerzunft mich abgewiesen hat.

Man redete mir darauf zu, mich als Übersetzer anzutragen. Ich meldete mich sonach bei einem Mann, der eine Übersetzungsfabrik errichtet hatte. Er versicherte mir, er habe Material genug, wisse aber nichts damit anzufangen. Anbei machte er die Anmerkung, daß dieser Zweig der Literatur durch die Überschwemmung schottischer Schriftsteller fast ganz zugrunde gerichtet sei und nur erbärmlichen Absatz fände. Zugleich fragte er, was ich, wenn ich die römischen Klassiker in das Englische übersetzte, für den Bogen haben wollte. Um nun mein Talent nicht zu sehr wegzuwerfen, beschloß ich, einen hohen Preis auf meine Arbeiten zu setzen, und forderte daher für den Bogen eine halbe Guinee. ›Eine halbe Guinee?‹ rief er, blickte mich starr an, machte eine kleine Pause und sagte, für diesmal brauche er meine Dienste nicht. Ich sah meinen Fehler ein, nahm mir vor, ihn sogleich zu verbessern, und ging auf die Hälfte meiner Forderung herunter. Er starrte mich nochmals an und sagte, seine Arbeit wäre schon alle vergeben.

Ich machte noch bei einigen anderen Verlegern einen Versuch, aber völlig umsonst. Schon hatte ich die trostloseste Aussicht vor Augen, als es mir einfiel, mein poetisches Talent den Druckern der Halbpenny-Balladen und anderer Gelegenheitsschriften anzubieten, die auf den Straßen feilgehalten werden.

In der Absicht wandte ich mich an einen der bekanntesten und schreihalsigsten dieser Zunft. Er wies mich an einen Mann, der eben eine große Menge Broschürenschmiede mit Wacholderbranntwein, Brot und Käse bewirtete. Dieser führte mich in ein kleines, recht nett ausgeschmücktes Hinterzimmer. Dort trug ich ihm meinen Wunsch vor, unter seine Autoren aufgenommen zu werden. Er fragte mich, in was für einem Fache ich eigentlich arbeitete. Da er vernahm, daß ich zu poetischen Arbeiten den meisten Hang habe, bezeigte er darüber großes Vergnügen.

Er erzählte mir, daß gerade einer seiner Poeten den Verstand verloren habe und im Irrenhause sei. Der andere sei vom Trinken ganz dösig geworden und habe seit vielen Wochen nichts Ordentliches zustande gebracht.

Als ich darauf dem Mann den Vorschlag machte, sich des Honorars wegen mit mir vertraglich zu binden, gab er mir zu verstehen, er kontrahiere mit seinen Autoren nur unter gewissen Bedingungen, und sie würden lediglich nach dem Absatz ihrer Werke bezahlt.

Nachdem ich mir diese Bedingungen hatte gefallen lassen, welche, die Wahrheit zu sagen, für mich gar nicht vorteilhaft waren, gab er mir den Stoff zu einer Ballade, die er in zwei Stunden fertig verlangte. Ich eilte nach meinem Dachstübchen, um mich meines Auftrages zu entledigen. Da das Thema meiner Phantasie zusagte, so brachte ich in der vorgeschriebenen Zeit ein ganz erträgliches Produkt zustande und stellte es ihm in der Hoffnung zu, viel Gewinst und Beifall zu ernten.

Der Buchdrucker durchlas es in einem Augenblick und sagte zu meinem äußersten Erstaunen, das würde nicht taugen; doch gestand er, ich schriebe eine gute Hand ohne orthographische Fehler, aber meine Sprache ginge zu sehr auf Stelzen und wäre sonach der Fassungskraft und dem Geschmack seiner Kunden nicht angemessen.

Ich versprach, dies Versehen zu verbessern, und stimmte in einer halben Stunde meinen Ton ganz auf die Begriffe meiner Leser herab. Mein Verleger billigte diese Verbesserungen, wie er es nannte, sehr und machte mir Hoffnung, mit der Zeit würde es mir noch glücken; zugleich merkte er aber an, meiner Arbeit gingen noch jener Schwung und jene Wendung ab, woran der gemeine Haufe Behagen findet. Doch wagte er, um mich aufzumuntern, die Kosten des Druckes und des Papiers daran. Mein Anteil an dem gelösten Gelde belief sich, wenn ich mich noch recht besinne, auf vier und einen halben Pence.

Von dem Tage an studierte ich die Grub-Street-Manier mit großem Fleiß und machte darin endlich solche Fortschritte, daß meine Werke bei Sänftenträgern, Bierverladern, Karrenschiebern, Mietskutschern, Lakaien und Dienstmägden in großer Achtung standen. Ja, ich hatte sogar das Vergnügen, meine Produkte, mit Holzschnitten geschmückt, an den Wänden der Bierkeller und Schuhflickerbuden prangen zu sehen und sie von wohlhabenden Handwerksleuten in ihren Vereinen singen zu hören. Allein leere Lobsprüche befriedigen nicht die Forderungen der Natur, wie Sie, teuerster Freund, wissen.

Bei aller meiner Berühmtheit stand ich in Gefahr, zu verhungern. Denn von zehn Gedichten, die ich verfertigte, war es immer viel, wenn zwei allgemeinen Beifall fanden.

Aus dieser Ursache wandte ich mich nun zur Prosa und gab, als eine Zeitlang trübes Wetter gewesen war, den Bericht von einer Lufterscheinung heraus, von der ich einen vollen Monat ganz bequem lebte. Eine Mißgeburt oder ein zur Schau herumgeführtes Ungeheuer hat mir manche gute Mahlzeit eingebracht; ein Diebstahl oder eine Entführung kam meinen Finanzen recht gut zustatten, und eine zur rechten Zeit gelieferte Mordgeschichte war ein nie ausbleibender Hilfsquell. Bei dem allem war ich ein elender Sklave von denen, die sich meiner Feder bedienten. Sie erwarteten, daß ich ihnen Prosa und Verse, wie die Zeitumstände es nötig machten, lieferte, wenn sie mir ein paar Minuten zuvor es aufgetragen hatten. Ob ich dazu in Laune war oder nicht, das kümmerte sie wenig.

Kurz, Sir! ich wurde von diesen ungestümen Leuten so belagert und gequält, daß mir, auf Ehre! das Leben ganz zur Last ward.«


 << zurück weiter >>