Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

VIII

Die Hütte des Per Hansen wurde wirklich beinahe groß wie ein Königshof! Und das veranlaßte Tönset'n, als er zu Besuch kam, zu folgendem Ausbruch:

»Kannst du mir sagen, Per Hansen, soll das hier eine Hütte vorstellen? Oder gar am Ende gleich Kirche und Pfarrhof unter demselben Dach? – Ich mein', du bist nicht recht gescheit, Mann! Im Leben kriegst du kein Dach zustande über diesem Ungetüm! Schon für die Hälfte gäbe es hier herum nicht genug Weidengerten! – Mach du dich bloß bald dahinter, es wieder abzutragen, Gevatter!«

»Hast freilich recht,« schmunzelte der Per Hansen. »Aber jetzt steht es einmal da. Ich meinte halt, ich könnt' gerad so gut gleich auch für meine Söhne bauen; die müssen dann jeweils, wenn sie heiraten, erst ein Stück des Daches decken. Und Dachrasen gibt's doch von hier bis zur Küste des Stillen Ozeans!«

Aber Tönset'n ließ sich in seinem tiefen Ernst nicht erschüttern:

»Das da hat gar keinen Sinn, Per Hansen, – fang du bloß an, wieder abzutragen!«

»Ja, dann muß ich halt wohl!« antwortete der Per Hansen trocken.

Es war durchaus nicht sonderbar, daß Tönset'n beim Anblick dieses Bauwerks stutzte; es war gänzlich unähnlich dem, was er selber gebaut, und jedem andern, das er bisher gesehen; ob überhaupt in ganz Amerika noch ein zweites so albernes Haus zu finden war! Tönset'ns eigenes war vierzehn Fuß breit und sechzehn lang; das der Solumbuben war nur vierzehn im Geviert; der Hans Olsen war großartig gewesen und hatte das seine achtzehn Fuß lang und sechzehn Fuß breit angelegt. Aber Per Hansens Hütte, – die war achtzehn Fuß breit und dreißig Fuß lang! Und sie hatte zwei Räume – einen achtzehn zu achtzehn, den anderen zwölf zu achtzehn – durch eine Wand getrennt; des einen Tür ging nach Süden, des andern nach Osten. Zwei Türen in einer Rasenhütte, – du großer Gott, welcher Wahnsinn! Und in dem kleineren Raum hatte er die Erde ausgestochen, so daß hier der Fußboden einen Fuß tiefer lag als in dem andern! – – – Du erlebst es noch, dachte Tönset'n bei sich, daß der Mann in seiner Verdrehtheit gleich auch einen Turm anbaut!

Tönset'n mißbilligte! Erstlich war das von dem Per Hansen schiere Großmannssucht – denn es handelte sich doch nur um eine vorläufige Rasenhütte. Sodann aber war es unmöglich! Denn wenn der auch bei Tag mit der Laterne suchte, fand er nie im Leben genug Weidengerten für das Dach; das brauchte ja fast ein ganzes Himmelsgewölbe über sich! Tönset'n trabte schnurstracks zum Hans Olsen und bat ihn, sofort mit dem Manne ein Wörtlein Vernunft zu reden. – Nein, meinte der, damit wolle er nichts zu tun haben. Der Per Hansen brauche für seine stattliche Familie, die sich vielleicht noch vergrößerte, wohl auch ein stattliches Haus; – übrigens wisse der Mann, was er tue.

»Nein, schau, das tut er eben nicht!« Und damit begab sich Tönset'n zu den Solumbuben, die in Amerika sowohl geboren wie erzogen waren und wußten, was sich gehörte und sich nicht gehörte. Sie müßten also mit dem Per Hansen reden! Aber auch die wollten nicht heran: es sei des Per Hansen Sache, wie er sich sein Haus bauen wolle. – Da mußte Tönset'n es aufgeben. Aber es war doch gar zu ärgerlich mit anzusehen, wie ein braver Mann es so dumm anfing! – –

Der Per Hansen hatte schon, seit er die ersten Rasenhütten gesehen, hin und her überlegt, wie er sich mit dem Haus einrichten solle. Auf dem Wege heim von Sioux Falls war ihm ein Einfall gekommen, der ihm zuerst recht merkwürdig vorkam, dann aber immer mehr einleuchtete: Wie wäre es, wenn er Haus und Stall unter ein gemeinsames Dach stellte? Es war ja nur für den Übergang – nur so zum Spaß –, bis er sich einen großen Hof bauen konnte. Er sparte Zeit wie Arbeit, – und Haus und Stall würden wärmer! Und jetzt fiel ihm ein, daß er davon gehört, wie die Menschen der alten Zeiten das oft so gehalten hätten, sogar die Herrenleut! Es war nicht gerade schön, aber es war auch nicht gerade dumm.

Am übelsten werde es der Beret gefallen, dachte er, nahm allen Mut zusammen und erwähnte den Plan vor ihr.

»Stube und Stall im selben Haus?« – Mehr sagte sie nicht, blieb stehen und überlegte. Volk und Vieh unter einem Dach? Es war wohl unratsam, sich so einzurichten? Dann aber fiel ihr ein, wie öde und einsam es hier war, und was für ein lieber Kamerad Buntscheck an dunklen Abenden und in langen, langen Winternächten werden könne. Ihr graute, und sie sagte dem Manne, sie finde es allright, wie er auch baue, wenn es nur dicht und warm sei; aber sie äußerte nichts von dem, was sie dachte.

Da war der Per Hansen froh: »Du bist das verständigste Weib, von dem ich weiß, du Beretmutterl Freilich ist es das beste, auf die Weise zu bauen!«

Jetzt überholte er weiß Gott den Hans Olsen wie auch die Solumbuben; von denen konnte keiner vorläufig an den Stall auch nur denken, und er baute sich beides auf einen Schlag!


 << zurück weiter >>