Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

VII

Noch am gleichen Abend begann der Per Hansen mit dem Hausbau.

»Nein, ruh' dich jetzt ein wenig, Per Hansen!« bat die Beret, »nimm doch Vernunft an!« »Freilich ruh' ich jetzt aus – das will ich ja gerad! – Komm du jetzt mit, du kannst dir nicht denken, wie kurzweilig es wird, – neues Haus auf eigenem Grund und Boden! – Aber nicht als ob du mit arbeiten sollst! Doch dabei sein mußt du, und zusehen, wie der Königshof aus der Erde wächst.«

Alle kamen mit. Und es war so ausnehmend lustig, daß sie erst aufhörten, als sie nicht mehr genug sehen konnten. Da sagte der Per Hansen stopp; jetzt hätten sie ein gutes Tagewerk hinter sich gebracht, und damit sei es für heute genug; reichlich Lohn bekämen sie alle, nur wollte er im Augenblick nicht die Zeit mit dem Auszahlen vertrödeln!

An dem Abend schlief er vor Müdigkeit sofort und ohne Zukunftsphantasien ein. –

Von da ab baute der Per Hansen jeden Morgen vorm Frühmahl und jeden Abend, sobald sie mit dem Essen fertig waren. Alle taten mit und hatten ihre helle Freude dran.

Für den Hans Olsen wie für Tönset'n nahm es sich aus, als wären Trolle in des Per Hansen Grund und Boden gefahren; obgleich der mitsamt der ganzen Familie tagsüber den Acker bestellte, wuchs dort aus der Erde eine ungeheuerliche Gamme.

Der Per Hansen pflügte und eggte und hackte, und er baute, und er fand alles miteinander so überaus kurzweilig, daß er nicht auch nur die geringste Zeit mit Schlafen vergeuden konnte. Als er aber am vierten Morgen die Decken abwarf und in die blaue Dämmerung hinauswollte, da lag die Beret wach und paßte ihm auf. Kaum daß er sich regte, nahm sie ihn fest in die Arme: Er müsse liegenbleiben; das gehe keinesfalls so weiter, auch er sei nur ein Mensch! Und so sanft und freundlich redete sie ihm zu, daß er nachgab und liegenblieb. – Aber Ruhe fanden seine Gedanken darum doch nicht. – Die Beret meinte es zwar gut; sie verstand nur nicht, mit wievielerlei er sich zu tragen hatte, – Plänen, die er zusehen mußte, auf der Stelle auszuführen! – Ja, die Beret! Nicht glaubte er, daß es ihresgleichen gab; wie hatte sie sich in den beiden letzten Tagen mit der Hausarbeit beeilt! War dann mit dem Gössel an der Hand zu ihnen auf den Acker gekommen, hatte dort das Kind im Grase spielen lassen und den Mannsleut geholfen und hatte dabei volle Arbeit geleistet, ganz wie ein Mann. Und alles bloß, um es ihm zu erleichtern, – und jetzt wachte sie hier und paßte auf ihn auf! – Und als sie so viel geeggt und zerhackt hatten, daß sich das Pflanzen lohnte, da hatte die Beret aus ihren verschiedenen Fächern und Behältern alle Saatsorten der Welt hervorgesucht, von denen er nicht wußte, wo oder wann sie sie erwischt hatte. Kohlrabi und Möhren, und sowohl Zwiebeln wie auch Tomaten, und wahrhaftig, hatte sie nicht sogar auch Melonen mitgebracht! Ja, so ein Weib! Er konnte ihr gern die Liebe tun, noch ein wenig liegenzubleiben, wenn sie so schön darum bat! – –

Ob es nun mit rechten Dingen zuging oder nicht, jedenfalls war beim Per Hansen ein stattlicher Acker bereits umgepflügt und eine große Hütte wartete auf ihr Dach, als der Hans Olsen und die Solumbuben ihre Behausungen kaum erst gedeckt und mit dem eigentlichen Pflügen gerad erst begonnen hatten. – Tönset'n war jedoch schon erheblich weiter – der Per Hansen mußte das ja zugeben – und war jetzt schon dabei, Kartoffeln zu setzen. Aber der hatte ja auch nicht soviel im Kopfe gehabt; als der im Frühjahr herkam, war sein Haus bereits instand gewesen, so daß er bloß einzuziehen gehabt, – der winzige Stall, den er sich jetzt dazu gebaut, der war nicht mehr als eine gute Tagesleistung –, und Pferde hatte er auch; nein, für den war's keine Sache, vorwärts zu kommen!

Eines Nachmittags spät waren beim Per Hansen alle Kartoffeln, die er aus Sioux Falls mitgebracht hatte, in die Erde gelegt. »Nur ein Auge für jedes Loch, das ist genug bei solchem Boden!« hatte er die Beret ermahnt, die die Knollen zerschnitt. Auch aller Same, den sie so vorbedacht gewesen mitzunehmen, war gepflanzt. – – Der Acker sah größer aus, als er in Wirklichkeit war. Er hob sich von all dem Grün rundum scharf ab; aus der Entfernung machte es einen Eindruck, als hätte jemand einen schwarzen Flicken auf ein unendlich großes grünes Tuch genäht. Für den Per Hansen, der sich jetzt das fertige Werk anschaute, nahm sich der Flicken sehr gut aus. Vor nicht langer Zeit war er hergekommen und hatte doch schon mehr in die Erde gebracht als jemals, seit die Beret und er selbständig zu wirtschaften begonnen. Und wie würde das erst nächstes Frühjahr werden!

»Heute abend gönnen wir uns ein richtiges Festmus, Beretmutter,« sagte er zu ihr, »um damit zu segnen, was in die Erde gekommen ist!« Er stand noch immer an seinem Acker und sah darüber hin; und seine Augen leuchteten.

Die Beret war müd von der Arbeit; der Rücken schmerzte, daß sie meinte, er werde ihr brechen; auch sie sah über die bestellte Flur; aber sie konnte daran keine Freude gewinnen. – Es ist gut, daß wenigstens er sich so freut, dachte sie traurig. Auch mit mir wird es mit der Zeit besser werden. – Sie sprach es nicht aus. Sie nahm das Kind bei der Hand und ging heim. Hier maß sie die Hälfte von dem, was Buntscheck heute morgen gegeben, ab, goß Wasser dazu, bis sie genug hatte, holte Grütze aus einem Beutel und bereitete das Mus. Ehe sie es auftrug, tat sie in jede Schüssel ein kleines Butterauge, – ein Äuglein, das sich gerade noch offenzuhalten vermochte, und streute darauf ein paar Krümel Zucker; das war so üppig angerichtet, wie sie es bieten konnte, und sogar eher mehr. Aber als sie die Freude der Buben sah und all die Lobworte des Per Hansen hörte, da wurde auch ihr ein wenig leichter ums Herz, da nahm sie noch Zucker aus der Tüte und streute ihn oben drauf. – Und dann lächelte sie und war froh, daß sie nichts von dem schmerzenden Rücken gesagt! –


 << zurück weiter >>