Kurt Kluge
Der Herr Kortüm
Kurt Kluge

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Die Tafelrunde

Auf den regnerischen Herbst folgte ein scharfer Winter. Herr Kortüm war umgezogen aus seinem großen Arbeitszimmer in die Stube über der »Waage«, von der er leider nur den Blick in die Goldene Aue hatte. Lotte richtete sich ihre Behausung in zwei Gelassen der Dachausbauten ein. Der Püsterich stand auf dem kleinen Platz vor der Eingangstür der »Waage«. Die silberne Windfahne mit der lachenden und der weinenden Maske, welche seinerzeit die Umgebung so geärgert hatte, schwebte nun über dem Haupttisch des Gastzimmers. Dieser Zimmerschmuck gab zu vielem Gerede im Schottengelände Anlaß, vor allem aber weckte sie in jedermann den Wunsch, das Ding mit eigenen Augen zu sehen. Die Leute kamen, die Leute blieben: die »Waage« hatte Gäste.

»Weiß der Deiwel«, sagten die Besenröder, »der Kortüm scheint auch diesmal wieder auf die Beine zu kommen. Nu hat ihn Langloff nausgedrängelt aus seinem Flügelhaus, un er is eigentlich radikal fertig, un nu? Nu klebt er wie eine Schwalbe außen dran am Flügelhaus un lebt ganz lebendig weiter.«

506 »Un wir mit. 's sitzt sich gar nich schlecht hier. Un wie gut er einschenkt. Gucke mal. Hä. Na, prost.«

Herr Kortüm hatte auch den unentbehrlichen Wabenschrank mit ins neue Heim genommen. Dieser Behälter seiner Korrespondenz beanspruchte allerdings rund ein Viertel des Arbeitszimmers. Die Bodentreppe war im Flügelanbau zu schmal für das Ungeheuer. Er mußte es schon bei sich dulden. Aber ein Mann wie Kortüm, der im öffentlichen Leben steht, ist ja froh, wenn ihm die Korrespondenz überhaupt noch eine Ecke zum Leben übrig läßt. Das Briefeschreiben hatte in der »Waage« durchaus nicht abgenommen. Kurz vor Weihnachten war sogar ein Schreiben eingelaufen, dessen Umschlag den Ausdruck »Grand Hotel« trug. Beinah hätte Kortüm den Brief ungelesen in den Ofen geworfen. Jedoch nicht das Grand Hotel selbst war der Absender, nur ein Hotelgast: Utzenstorff. Er weile hier zum Wintersport, schrieb er. Es sei entsetzlich vornehm in diesem Hotel, fein wie die feine Welt im Film und zum Sterben langweilig. Silvester gedenke er nicht in diesem Paradies zu verleben, sondern in der »Goldenen Waage«. Er bäte, die nötigen Vorbereitungen zu treffen: »Kortüm, mein Freund: alle Vorbereitungen!«

Diese Bitte leuchtete Herrn Kortüm ein!

»Was brauche ich? Rum drei Flaschen, Arrac eine Flasche, zwei Bündel Knallbonbons, Hutzucker, Zitronen. Nein, vorher brauche ich etwas ganz anderes: Gäste!«

Und Herr Kortüm schrieb an Doktor Windhebel, Professor Holdermann, Konstanze Schröter, Repshagen, Klaus Schart. Er überlegte weiter: Monich. Dem würde er es persönlich sagen. Und . . . ach ja, Wingen. Der lag unterm Schnee. Tief eingefroren. Den erreichte keine Einladung zur Feier eines Zeitwechsels mehr. Kortüm wurde traurig: die eingeholte Windfahne sah nun Wingen nicht in ihrem Interim, dieses drehbare Denkmal guter Stunden, diese zweigesichtige Fahne ohne Wind . . . gewiß: Lotte wird bei der Feier sein, etwas Wingensches also doch. Aber sicherlich nur bis zum Neujahrsläuten. Dann würde sie Gute Nacht sagen, in ihre Stube gehn und auf einen Zettel schreiben, was morgen früh zuerst zu tun sei. Wie aber wäre es – bei Gott! wie wäre es mit Wenzel? Mit des toten Meisters lebendigem Bälgetreter?! Herr Kortüm legte einen anderen Briefbogen zurecht, tauchte die Feder ein und beehrte sich, Herrn Emil Wenzel, Bälgetreter bei St. Marien, zu einer kleinen Silvesterfeier in die »Goldene Waage« 507 einzuladen: »Beginn neun Uhr. Dunkler Straßenanzug. U. A. w. g. Fr. J. Kortüm.« Dann nahm Kortüm sämtliche Einladungen noch einmal vor und schrieb post scriptum: »Man empfiehlt, Wohnung in der ›Forelle‹ in Esperstedt zu nehmen. Ich selbst bin augenblicklich vertraglich gehalten, keine Zimmer an Gäste zu vermieten, und die Lokalitäten aus dem Lohberggipfel sind bei zehn Grad unter Null nicht gemütlich. Ich bitte jedoch, den erwähnten Passus im Vertrag nicht dahin verstehen zu wollen, daß man nachts in die ›Forelle‹ hinunterlaufen müsse: im Gegenteil – bis zum Hellwerden und nach demselben ist man mir bestens willkommen, und sofern die verehrten Gäste in der ›Goldenen Waage‹ nicht einschlafen, kann von Vertragsbruch keine Rede sein. Der Obige.«

Konstanze telegraphierte aus Frankfurt, ein Gastspiel mache ihre Anwesenheit unmöglich.

Repshagen schrieb: im Winter verlasse er Mecklenburg grundsätzlich nicht. Aber er sende mit gleicher Post ein Paket Frischgeschlachtetes, bäte um einen Gruß an die Silvestergesellschaft, der die kleine Frühstücksbeigabe am anderen Morgen vielleicht willkommen sei und wünsche allen Benutzern des Kortümweges ein gutes neues Jahr. Außerdem wünsche er für das erwähnte gute Jahr die baldige Zusendung einer Photographie des Gasthofes »Zur Forelle« unter Angabe von Preisen. Auch eine Abbildung des Wirtes der »Forelle« sei ihm erwünscht.

Windhebel sandte eine einfache Postkarte, in deren eine Ecke er mit seiner Stecknadelschrift gekritzelt hatte: »Eintreffe Mittwoch Mittag. W.«

Klaus teilte Herrn Kortüm in einem verschlossenen Brief mit, daß er selbstverständlich komme, aber trotz der von Herrn Kortüm erwähnten Bedenken im Lohberghaus oben schlafen möchte, da seinen augenblicklichen wirtschaftlichen Verhältnissen Höhenluft zuträglicher sei als der Aufenthalt in einem Hotel.

Professor Holdermann bedauerte, seine Frau habe zur Feier des Jahresschlusses bereits seit längerer Zeit eine kleinere Gesellschaft eingeladen, die mit dem Mittagessen beginne. Bis zur Teestunde mindestens müsse er teilnehmen, erreiche aber dann gerade noch den Sechsuhrzug und würde also erst gegen zehn Uhr abends in der »Goldenen Waage« eintreffen.

Wenzel sandte an Herrn Kortüm einen schwer leserlichen Brief in der Landessprache, dessen erster Teil die Versicherung enthielt, daß er Punkt neun Uhr zur Stelle sein werde. Im zweiten längeren Teil 508 erfuhr Kortüm, daß den Bälgetreter diese Einladung gerührt habe – die Thüringischen Worte für »wirklich gerührt« waren jedoch durchaus nicht zu verstehen, und Kortüm mußte erst Monich um eine Übersetzung ins Deutsche bemühen. Im dritten Abschnitt aber teilte Wenzel mit, daß er keinen dunklen Straßenanzug besitze, nur seinen hellgrauen Sommeranzug. Er müsse sich deshalb erlauben, das schwarze Lüsterjackett anzuziehen, das er beim Bälgetreten anhabe. Da man voraussichtlich bei der Feier hauptsächlich sitzen werde, befänden sich ja seine hellen Hosen meistens unterm Tisch und fielen nicht auf: »Und obenrum, hochgeehrter Herr Kortüm, sehe ich je stockschwarz aus in meinem Lüster un passe zu den andern.«

Holdermann trat als letzter Gast, beschneit und durchfroren, über die Schwelle der »Waage«, erblickte im Kerzenschein die Gesellschaft, blieb aber trotz des tröstlichen Duftes nach Punsch im Türrahmen stehen, wie jeder der nacheinander eintreffenden Gäste stehen geblieben war und die mächtige lachende und weinende Maske angestarrt hatte, die da zu Häupten der Gäste feierlich und überlebensgroß im wehenden Schein der Lichter blitzte:

»Sieh da! Die silberne Windfahne auf Halbmast!«

»Aber in bester Gesellschaft«, sprach Herr Kortüm.

»Der Wind«, meinte Klaus, »war auch kein schlechter Kumpan, als er sie noch drehte.«

»Daß junge Leute es nicht lassen können, bei jeder Gelegenheit auf die Liebe anzuspielen«, sagte Utzenstorff mißbilligend.

Holdermann zog seinen Pelz aus, rieb die Hände warm und ging auf Kortüm zu: »Alles Gute –«

»Bloß nich vorher gratuliern!« rief Monich.

»– im neuen alten Heim«, fuhr Holdermann fort. »Sie haben uns einen bösen Schrecken eingejagt.«

Aber Kortüm war nicht der Mann, einen lebendigen Zustand an einem historischen messen zu lassen. Er schnitt weitere Anmerkungen über das Gewesene ab: »Einen Schreck eingejagt hat mir vor allem unser Freund Wenzel da. Statt ruhig in seinem hellen Sommeranzug zu kommen –«

»Aber Kortüm!« rief Utzenstorff vorwurfsvoll.

»Wenzels Sommeranzug gleicht nicht der Kleidung, welche Sie im Sommer tragen«, bedeutete Kortüm dem Chef der Produktion der World, »statt in hellgrau kommt er bei diesem Wetter in Lüster!«

509 »Nee nee, Herr Kortüm, das mit dunklem Anzug hab' ich schon verstanden. Das weiß ich von meinem Dienst: Je schwärzer, je feierlicher un je gehobner das Gemüt. Aber eins habe ich nich verstanden: warum sagen Sie denne U. A. w. g. statt herzlichen Gruß?«

»U.A. w. g., Herr Wenzel«^ belehrte ihn Doktor Windhebel, »heißt: um Antwort wird gebeten. Echobesitzer brauchen Antwort.«

»Echo! Oh« – Utzenstorffs Auge schweifte durch den Raum – »welche glorreiche Erinnerung. Mein Freund, öffnen Sie dieses Fenster. Wir wollen das Echo im alten Jahre noch einmal probieren.«

»Laß es zu, Kortüm!« rief Monich erschrocken. »Sonst ruft Herr Utzenstorff wieder ›Volk‹ zum Fenster naus, un 's Echo kommt, un Herr Doktor Windhebel redet wieder eine geschlagene Stunde, un ich habe jetzt wieder nischt im Magen!«

»Magen«, sprach Utzenstorff, sah Kortüm an und strich über seinen Bauch – »in der Tat . . .«

»Herr Schart, wollen Sie uns bitte da vom Nebentisch die Pappschachtel –«

»– Pappschachtel?? Freund, ich fürchte, die ändert wenig an meinem Zustand« –

»– herübergeben«, vollendete Kortüm seinen Satz, öffnete den Deckel und bot Utzenstorff ein Knallbonbon an.

Einer nach dem anderen langte zu. Die Herren saßen nun mit den bunt und golden ausgefransten, knallgeladenen Orakeln da, und Holdermann begann zögernd: »Angenehm fröhliche Farben. Aber offen gestanden, Herr Kortüm: wäre es nicht gut, so ganz allmählich etwas Substanzielleres zu sich zu nehmen, als in diesen Papierwickeln auch günstigsten Falles enthalten sein kann?«

Herr Kortüm erhob sich, machte eine leichte Verbeugung: »Meine Herren! Ich habe es so gedacht: der Karpfen kommt in« – er nahm seine Uhr heraus – »in zwanzig, höchstens zweiundzwanzig Minuten. Wenn wir in Ruhe speisen, gelingt es uns, die Zeit bis zum Einläuten des neuen Jahres in Beschäftigung hinzubringen. Ich sehe den Grund, am Silvesterabend Karpfen zu essen, darin, daß ein Fisch Gräten hat und unsre Aufmerksamkeit bindet. Nichts ist gefährlicher als die letzte halbe Stunde eines Jahres, wenn man sie – von Zeit zu Zeit nach der Uhr blickend – untätig bei versiegendem Gespräch in einer immer nachdenklicher werdenden Gesellschaft verbringt. Für diesen Fall würde ich traumlosen Schlaf unbedingt vorziehen. Da nun Karpfengräten nicht Hechtgräten sind, eine milde Form von Gräten nur, aber Gräte 510 immerhin – so sind wir bis zum Läuten angenehm gefesselt von dem Karpfen, den ich mir von Oppenheimer Krötenbrunnen Spätlese begleitet denke. Wunderbar werden unsre letzten Viertelstunden verrinnen, und eh wir uns dessen versehen, öffnet Herr Schart das Echofenster, wir heben die Gläser und sind ohne Beschwerde dort angekommen, wo wir seit dem letzten Silvester hinwollten.«

»Diese Ansprache«, versicherte Windhebel, »bedeutet für uns, ganz abgesehen von ihrem Inhalt, rein als Zeitablauf gewürdigt, einen Reingewinn von hundertvierzig Sekunden: nun kommt der Karpfen in achtzehn Minuten.«

»Halten Sie noch so eine Rede!« rief Holdermann.

»Lassen wir das Orakel reden. Bitte, der Jüngste fängt an.« Kortüm griff nach Klaus Scharts Knallbonbon und zog mit ihm.

Es knallte. Klaus wickelte das Röllchen auf. Er las. Er las recht lange . . .

»Nun?« fragte Herr Kortüm endlich.

»Laut bitte«, mahnte Utzenstorff.

Klaus las:

»Allein die Liebe soll erfüllen, Adam, den Begehrten?
Dann müßten alle seine Rippen flinke Evas werden –
Oh Adam ohne Rippenbein bei solcher Lieb auf Erden!

– halt!« rief Klaus, als alle zugleich ihre Meinung zu dem Sprüchlein sagen wollten – »so muß es heißen« – er nahm seinen Bleistift, strich aus, schrieb drüber: »Ja, so:

Ach Eva, du hast Adams Liebe –
Was hilft's dir, daß er Rippen hat:
Wenn dich der Engel nicht vertriebe,
Du äßest dich an Äpfeln satt
Erkenntnisfroh im Garten Eden
Und ließest Adam hungrig beten.«

»Hing an dem Baum der Schlange so viel Obst, Herr Schart?«

»War nicht dabei. Ich kenne die Geschichte nur vom Hörensagen, Doktor Windhebel.«

»Nu endlich klappert's draußen!« rief Monich.

Die Türe ging auf, und Lotte trat ein mit der Karpfenschüssel. Ein Mädchen folgte ihr mit Tellern, Platten, Soßenschalen.

Im Begrüßen Lottes, bei dem Stuhlrücken und Zurechtsetzen versank Scharts Vers. Die schönen Ohren, denen er galt, hörten ihn ja doch 511 nicht. Konstanze hätte die Antwort nicht verschluckt. Allerdings würde sie ihm diese Antwort auf den liebenswürdigen Silvestervers vermutlich unter vier Augen gegeben haben. Nur den Chef der Produktion beschäftigte trotz der Karpfengräten Scharts gereimtes Produkt: »Sagen Sie«, sprach er gedämpft, »was sind Sie von Beruf, junge Unschuld?«

Der Schulmeister zu Hörsel hinter dem Walde hinter Eisenach – wollte Klaus eben sagen, aber Holdermann hatte Utzenstorffs leise Worte verstanden und kam Klaus zuvor: dieser Herr Schart verstände recht lesbare Sätze mit Tinte auf weißes Papier zu schreiben. Man werde schon aufmerksam auf ihn. Er, Holdermann, habe das kürzlich auch von der Konstanze Schröter gehört.

»Mmm . . . Schart: besuchen Sie mich.«

Strahlend sah ihn Klaus an: »In Gilghit«, kam es fast lautlos, unbewußt von seinen Lippen.

Utzenstorff verhörte das – er nickte: »In Berlin.«

Lottes Anwesenheit verhinderte Einzelgespräche. Ohne weitere allzu freudige Aufregungen verlief die Mahlzeit, wie dies Herr Kortüm gewollt hatte.

Mitternacht war längst vorüber. Das große Nordfenster hatte Wenzel wieder gut gedichtet gegen Echoruf und Winterwind. Die Herren waren unter sich. Utzenstorff hatte den Rock ausgezogen, denn er vertrug wenig Wärme. Der Raum war gut geheizt. Die Tafelrunde wurde immer stiller. Keiner wollte den anderen stören. Draußen schneite es. Wenn eine Flocke nahe ans Fensterglas wirbelte, blitzte sie golden auf vor der tiefblauen Nacht, tanzte, hob sich, sank, stieg, verschwand in der Finsternis . . . die nächste . . .

»Laßt sie herein.«

»Frostige Gäste.«

»Und wiegen könnte sie der Wirt ›Zur goldenen Waage‹ auch nicht.«

»Der wiegt nicht mehr«, sagte Herr Kortüm. »Ich habe nur noch eine Waagschale. Die andere hat mir Langloff abgehängt.«

»Einerlei Gäste.« Holdermann bewegte beide Hände im Kreise, als ob er Herrn Kortüm die Tafelrunde vorstellen wollte: »Ihr Wirtshausschild trifft nicht mehr zu.«

Herr Kortüm lächelte: »Wir malen morgen drüber: ›Zur Echostube‹.«

»Kortüm«, brummte Monich leise, »taufe doch nich immer dein Lokal um. Du hast doch nischt wie Unkosten davon.«

512 »Sei still, Monich. Was wir tun, was aus unseren Händen hervorgeht, das ändert sein Gesicht. Seht in den Spiegel: selbst unser eigenstes Eigentum verwandelt sich, unser Antlitz von Zeitwende zu Wende.« Er senkte den Kopf und sprach langsam: »Es ist ein ewiger Silvester.«

Utzenstorff griff nach seinem Glas – Holdermann, Monich, Wenzel, Klaus Schart, jeder nahm für sich einen Schluck.

Wenn der alte Kapitän am Schlüsselloch draußen vor der Türe gehorcht hätte, müßte jetzt der Verdacht in ihm aufgestiegen sein, Kortüm habe bereits am ersten Tage des Vertragsbeginnes den Pakt gebrochen und seine Gäste schliefen in der Echostube.

»Mm«, sagte Utzenstorff.

»M«, antwortete ihm Holdermann nach fünf Minuten.

»Je«, murmelte Wenzel.

Nach einer Viertelstunde nickte ihm Monich bejahend zu.

Wieder eine Viertelstunde . . .

Aber sie schliefen nicht. Es war nur jene wunderbare Höhe der Übereinstimmung erreicht, auf welcher Rede und Gegenrede überflüssig geworden sind, weil alle dasselbe denken und alle gelassen im gleichen Daseinsgefühl schweigen. Ein Laut, ein abgerissenes Wort reichen hin, um der Tafelrunde zu bestätigen von Zeit zu Zeit, daß der Gedankenschnee weiterfällt im gleichen Zeitmaß, lautlos, Flocke um Flocke, im gleichen Wehen zum gleichen Ort, einhüllend, was sich verschneien läßt.

Nicht wenig schneit ein, wenn eine solche Tafelrunde sich und die Dinge der Welt eine Nacht lang beschweigt. 513 514 515

 


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