Johann Wolfgang von Goethe
Briefe an Charlotte Stein, Bd. 2
Johann Wolfgang von Goethe

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[Donnerstag 2. May]

Tausend Dank, bester Geheimerath, für die Mittheilung des lieben Briefs aus Ludwigslust: hier die Hälfte von dem an mich, wo unsre gute Prinzeß anfängt daß ich ihr aus Ihren Memoirs etwas erzählen soll.

Nun muß ich Ihnen auch noch ganz besonders für den gestrigen Abend danken, ich hätte gern bis Mitternacht zugehört. Ich hoffe Sie sind wohl zur Freude von uns allen die wir Sie lieben und verehren.

2t Mai 1811

v. Stein

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[Montag 13. Mai]

Weimar 13t Mai 1811.

Sehr verehrungswürdiger Herr Geheimerath!

Gestern trug mir die Hoheit auf Ihnen zu sagen wie sehr sie gerührt gewesen in der Zuneigung von Hackerts Leben ihre so geliebten Verwandten so hübsch erwähnt zu sehen und habe ihr gefreut daß Ihnen das Gefühl von ihr zu diesen theuren Personen nicht fremd sei, so war es ohngefähr was sie mir sagte Ihnen zu schreiben; damit sollte ich aber auch etwas zu verstehen kriegen, weil ich ihr neulich vorwarf, daß sie viel zu sehr an ihren Verwandten hing um uns hier lieb zu haben, worüber sie bös auf mich wurde, sie ist aber doch sehr liebenswürdig und viel verständig.

Wie wird man denn künftig etwas von Ihnen zu hören bekommen ob Sie wohl sind und zufrieden, und zufrieden vom Bad, da alle Ihre hiesige Bande und Bändel auch mit Ihnen davon sind. Meine besten Wünsche begleiten Sie.

v. Stein.

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[Mittwoch 18. September]

18t Sept. 1811.

Mit vielem Dank, verehrter Geheimerath, fürs vorgestrige Gericht, schicke ich Ihnen zugleich 96 Stück Miscellen wovon die zwischen fehlenden sich vielleicht noch bei Ihnen befinden. Knebel hat mir die ihm geliehenen zurück gesendet und mir umständlich Bericht vom Komet erstattet. Gestern habe ich mir aus Ihrem Garten einige Reseda geholt, mich einige Minuten in Ihrer Hütte an der Sonne gewärmt; der Himmel war so lockend, aber es wurde einem doch nicht wohl in der scharfen Luft. Hierbei auch der 2. Theil der Studien.

v. Stein.

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[Donnerstag 10. Oktober]

Ich gehe Morgen auf 8 Tage nach Kochberg, und schicke zum Abschied beikommende Frucht, möge sie nur von innen auch recht schmackhaft sein; darf ich wohl erinnern an das versprochne Mährchen Ihres Lebens die noch folgenden Theile mir mitzutheilen, wenn es jetzt nicht sein kann doch wenn ich zurück komme, und die treue Nachbarin indessen nicht zu vergessen.

10t Oct. 1811

v. Stein.

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[Dienstag 24. Dezember]

24t Dec. 1811.

Mir deucht es wäre so ein altes Recht, das Sie, bester Geheimerath, auf einen Wachsstock von mir zum Weihnachtsgeschenk haben; hier brennt mein Stöckchen also ganz demüthig, da ich eigentlich nichts sinnigers zu geben weiß das Ihrer würdig wäre, es ist doch noch immer ein Flämmchen das auf dem Ihnen errichteten Altar lodert.

Sie haben wohl den Brief von der Helwig den ich Ihnen heute Früh schickte erhalten, seien Sie doch nicht grausam und sagen auch dieser Verehrerin ein Wort. Haben Sie der Arnim noch nicht gedacht?

v. Stein.

50

Mittwoch

Ich habe der Herzogin Ihr gutes Vorhaben mit der Vorlesung vorgetragen, aber Morgen und vielleicht auch Übermorgen sind besetzt wie Sie durch inliegendes Zettelchen sehen werden, also künftige Woche. Ich habe gestern Mittag die schönsten Gerichte erhalten, und der holländische Hering ist diesmal richtig angelangt, tausend Dank dafür, er war sehr gut wie alles übrige das drum herum war.

den 12t Febr. 1812.

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[Montag 16. März 1812]

Liebster bester Geheimerath! Ich habe dem Erbprinz die Zeichnung gewiesen und ich soll nun erst nach Ilmenau schreiben und mich erkundigen was wohl so ein Dejeuner kosten könnte, das ist also noch in weitem Feld, indessen wenn der Prinz die Zeichnung nicht behält, wünschte ich sie vor mich zu haben, denn ich habe wie Werner eine besondere Vorliebe für das Lied und will indessen die 3 rh. dafür zahlen, sagen Sie mir nur wem ich sie zustellen soll. Das Vögelchen ist gar artig, kam heute von selbst zum erstenmal aus seinem Bauer und rufte mich seine Artigkeit zu sehen; dabei singt er ohngeachtet des tiefen Schnees wie der lustige Müller i cares for nodody pp. Möge es Ihnen auch so wohl und heiter wie meinem Vögelchen sein. Für die schönen Kreppel so ich gestern aus Ihrem Haus bekommen, danke ich sehr und habe auch heute noch davon genossen. Heute Abend bin ich bei der Herzogin zum Caffé der mir leider immer besser schmeckt je theurer er wird. Dem Caffé Feind hätte ich das nicht sagen sollen, aber man sagt doch gern seinen Freunden was einem Gutes begegnet. Adieu lieber Goethe.

16t Merz 1812.

v. Stein.

52

[Charfreitag 27. März]

Warum nicht gut gegangen, lieber Geheimerath? und doch ließen Sie mir bei Ihrem letzten Besuch den Eindruck von Wohlsein und Fröhlichkeit zurück, daran ich mich also irrig gehalten habe. Möchte es Ihnen so wohl sein wie meinem Vogel, er singt mir eben alleweile die lieblichsten Töne, wird alle Tage artiger gegen mich. Ich hoffe doch Sie bald zu sehen.

27t Merz 1812.

v. Stein.

53

[Ostersonntag 29. März]

Nur ein Wort, lieber Geheimerath, von Ihrem Befinden? Ich habe gar niemand der mir etwas von Ihnen sagen kann, so muß ich mich doch an Sie selbst wenden; wäre mein Vogel schon so gelehrig, ich schickte ihn mir Nachricht zu holen. Vom Frühling spürt man doch etwas denn es singen die Vögel und die Lüfte wehen lauer, möchte er Ihnen bald wohlthätig werden.

 29t Merz 1812
am ersten Ostertag.

v. Stein.

54

[Sonnabend 31. Oktober]

Vielen Dank für die überschickten Sprüche, jetzt aber interessirt mich nur Ihre Dichtung und Wahrheit. Der Theil vom Schiller gehört mir nicht, ich habe beide, aber der Fr. v. Wolzogen, sagte mir die Schillern; ich will ihn also letzterer vor ihre Schwester zustellen.

Hätten Sie wohl die Güte unsrem Freund Knebel beikommendes Päckchen zuzustellen.

Leben Sie wohl und kommen bald wieder zu uns.

31t Octob. 1812.

v. Stein.

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[Sonntag 13. Dezember]

Aus Ihrer Küche haben Sie meine Unlust zum Essen überwunden, dafür ich Ihnen sehr dankbar bin, nur kann ich nicht recht erfahren ob Sie verehrter Meister wieder wohl sind. Wenn Sie nur ein Kind wären, daß ich Ihnen ein Bäumchen anputzen oder sonst eine Freude womit machen könnte. Gestern bekam ich etwas geisterhaftes Papier, davon ich Ihnen etwas schicke sich damit in Rapport zu setzen da Sie zu diesen appetitlichen Blättern eine Neigung haben; auch einen Wachsstock Leuchter füge ich bei, daß ich gewiß die erste bin die Ihnen den Weihnachten bescheert.

Mein Canarienvogel macht sich immer seiner Herkunft würdiger und singt als wenn es Frühjahr wäre; morgen versuch ich auszugehen, aber schwer gehe ich aus meiner Zelle. Leben Sie wohl.

13t Dec. 1812.

Ihre Verehrerin v. Stein.

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[Donnerstag 18. November 1813]

Die Großfürstin Marie bittet Sie um 12 Uhr heute zu ihr zu kommen oder auch um 6 Uhr den Abend, wie es Ihnen könnte gelegen sein, sie will noch Abschied von Ihnen nehmen. Ich hoffe Sie sind wohl? mich drückt der Nov. gar sehr auf meinen Kopf.

Ihre Verehrerin v. Stein.

57

[Montag 3. Januar 1814?]

Sie sind sehr gut bester Geheimerath vor mich und den kleinen Sänger, und sage Ihnen tausend Dank dafür; die kleinen Freunde haben sich den Salat recht gut schmecken laßen. Das Gedicht werde ich nachher studieren.

von Stein.

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[Donnerstag 6. Januar]

Ich habe lange an dem Namen des hübschen Neujahr Wunsches studiert, aber es ist eine schwere Aufgabe denn durchs ganze Alphabet sind Ihnen treue Herzen zugethan, ich danke Ihnen für die Mittheilung; ich lege etwas bei das mir Knebel für Sie neulich eingeschloßen hatte; der arme Knebel war gestern recht umhergetrieben, bei Ihnen wird er sich wieder erholt haben. Adieu bester Geheimerath, bleiben Sie wohl, und lassen kein Nervenfieber in Ihr Haus kommen.

Die treue Verehrerin
v. Stein.      

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[Sonntag 23. Januar]

23t Jan. 1814.

Recht innigsten Dank, lieber bester verehrter Meister, für Ihr Geschenk das mir ein freundlicher Sonnenblick durch mein schon viele Tage umwölktes Haupt war. Wenn der Schnee sich nicht zu dick zwischen uns legt, so brech ich doch noch durch so bald es geht, und mache mir Bahn zu Ihnen, denn ich bin geizig auf Sie, und muß dem Autor auch persönlich Dank sagen. Für die gestrigen Rübchen schließ ich Ihnen, oder vielmehr der lieben Hausfrau, den schönsten Dank bei, das Gericht war sehr gut.

Ihre treue Verehrerin v. Stein.


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