Johann Wolfgang von Goethe
Briefe an Charlotte Stein, Bd. 2
Johann Wolfgang von Goethe

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1100

[Freitag 16. Mai]

Meiner Lotte schick ich einen Morgen Grus, und etwas zur Unterhaltung bis ich selbst kommen und ihr das alte Lied vorsingen kann.

d. 16. May 83.

G.

1101

[Sonntag 18. Mai]

Schon frühe hätte ich angefragt, ich hatte aber so viel zu kramen. Fritz ist gut. Ernst ist auch da. Und mein Geist beschäfftigt sich gern mit dem deinigen. Ich freue mich deiner Gesundheit. Es war mein liebster Wunsch auf diesen Tag. Wir wollen heute Abend zusammen seyn, vielleicht zeichnen. Lebe wohl. Und sprich mit Steinen wegen Fritzen ich wollt es geschähe bald.

d. 18. May 83.

G.

1102

[Montag 19. Mai]

Ich wünsche daß dich der heutige Morgen für den gestrigen Tag schadlos halten möge.

Meine Bäume und Blüten sollen recht freundl. seyn meine Beste zu erquicken. Grüse deine Mutter und geniese der schönen Zeit.

d. 19. May 83.

G.

1103

[Sonntag 25. Mai]

Guten Morgen liebe Lotte. Fritz hat gut wie immer geschlafen und räumt nun seine Sachen ein. Du weist doch wie sehr ich dich auch in ihm liebe und wie ich mich freue dies Pfand von dir zu haben. Sage mir was du heute vorhast, und wo wir uns sehen. Adieu du meinige.

d. 25ten May 83.

G.

1104

[Dienstag 27. Mai]

Guten Morgen Liebe Lotte. Es ist mir gar nicht recht daß ich am schönen Tage von dir soll. Frage doch bey der Herzoginn an wie der Barometer steht. Ich vermuthe es giebt heute wieder ein Gewitter. Wenn ich dich doch mitnehmen könnte. Ich werde Fritzen wohl aufpacken damit ich doch etwas von dir habe. Adieu, liebe mich.

d. 27. May 83.

G.

1105

[Jena, Mittwoch 28. Mai]

Ich muß dir meine Beste noch heute Abend schreiben, damit der Bote dir balde Morgen meinen Grus bringen kann. Wir haben einen schönen Tag gehabt und ich habe offt an dich gedacht. Jedes Gute hätte ich mit dir theilen mögen, und nur die Beschwerlichkeiten für mich allein behalten. Ich bin durch einige Fluren geritten, habe das Gut Pösen das denen Hellfelds gehört besehen, und daselbst eine sehr mittelmäsige, um nicht zu sagen schlechte Wirthschafft gefunden. Gleich darauf kamen wir zu einer Mühle der schönsten die ich ie gesehn, ob es gleich grösere giebt. Die Wirthschaffts Gebäude sind so artig aufgebaut, und die Haushaltung so ordentlich und gut daß es mir eine Freude seyn wird dir alles zu beschreiben. Wenn das Glück nur einigermassen will, so belohnt sich in diesem Fache Verstand, Geschick und Fleis gar schön.

Fritzen traf ich in Maue wo er mit Götzen hingegangen war und wir assen da zusammen. Er hatte grose Lust auf die Leuchtenburg die er vor sich liegen sah zu gehen. Morgen laß ich ihn mit Magister Lenz hinfahren worauf er sich schon sehr freut.

Ein alter launiger Bauer machte uns bey Tische allerley Spas. Es giebt doch noch in dieser Klasse recht glückliche Menschen, wenn sie nur einigermassen wohlhabend sind und der Druck nicht zu starck auf ihnen liegt.

Abends fuhren wir auf der Saale bis Burgau, und gingen alsdenn völlig herein.

Wir begegneten der Obr. Ltnant Witzleben, die mit ihren Kindern auf dem Jenischen Jahrmarckt war. Sie sieht erbärmlich aus, klagt sehr über ihren Mann und grüsst dich. Lebe wohl meine Beste, und gieb dem Boten ein Wörtgen zurück.

Fritz schläft schon und hat mir aufgetragen dir seine Geschichte zu erzählen wie ich's denn auch gethan habe.

Grüße die guten Freunde, und sage dem Herzog und der Herzoginn ein geziemend Wort.

Liebe mich, denn das ist der Grund worauf mein ganzes Schicksaal gestickt ist; Ich bin dir immer nah und möchte dir ieden guten Gedancken mittheilen. Lebe wohl, ich kann nicht vom Blatte wegkommen worauf du deine Augen heften wirst. Adieu noch einmal.

Vor Himmelfarth 83.

G.

1106

[Weimar, Sonntag 1. Juni]

Tausend Danck für den Morgen Grus. Hier hast du den meinigen recht herzlich zurück.

Fritz ist gar gut und wird uns gemeinsam Freude machen.

Ich habe viel zu kramen und sehe dich erst gegen Abend indess besucht dich mein Geist offte. Adieu du beste.

d. 1. Juni 83.

G.

1107

[Montag 2. Juni]

Mein halber und mehr als halber Tag ist vorbey und ich habe noch keine Ackten auf Morgen gelesen. Mit dieser Lieblichen Beschäfftigung muß ich noch einige Stunden hinbringen, und der Freude entsagen dich zu sehen.

Um sechse hoff ich doch zu kommen.

Eine Staffete von Ludekus bringt schändliche Nachrichten vom Prinzen.

Lebe wohl Lotte gieb ein freundlich Zeichen des Lebens von dir.

Fritzen hab ich umquartirt, sag ihm aber nichts. In der duncklen Kammer war böse Lufft, die er nicht einathmen muß. Jetzt wird er recht artig seyn. Du wirst dich des Gedanckens freuen.

d. 2. Jun. 83.

G.

1108

[Donnerstag 5. Juni]

Mein Glück und Wohlseyn besteht in dem deinigen und in deiner Liebe.

Hier ist der Schein zurück.

Ich will heute aufräumen, und allerley wegarbeiten. Von rechtswegen sollte ich auf Tiefurth gehen.

Adieu meine beste mein alles.

d. 5. Jun. 83.

G.

1109

Meiner l. Lotte sag ich einen guten Morgen und frage sie ob sie immer die Freude und der Trost meines Lebens seyn und bleiben will. Zu Mittage geh ich nach Tiefurt, Abends bin ich wieder da und hoffe mit und bey dir zu seyn. Adieu tausendmal und so viel Danck für deine Begleitung gestern Abend.

G.


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