Johann Wolfgang von Goethe
Briefe an Charlotte Stein, Bd. 2
Johann Wolfgang von Goethe

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1310

[Donnerstag 4. November]

Schon seit ich wach bin geh ich mit einem Briefgen an dich um. Du kommst mir zuvor. Hier ist Hemsterhuys. Erzähle mir daraus und finde ia auch darinne Ursache mich zu lieben. Diesen Abend bin ich bey dir. Vielleicht sehn wir uns auch noch eher.

d. 4. Nov. 84.

G.

1311

[Sonnabend 6. November]

Sehr willkommen ist mir der Strahl des Lichtes den du mir sendest. Der Tag ist nichts weniger als elecktrisch und meine Beschäfftigungen dazu, die alle Säffte stocken machen, und alle natürliche Wärme einsperren. Liebe mich, so wird mir's wohl werden und bleiben. Gegen Abend seh ich dich.

d. 6. Nov. 84.

G.

1312

[Dienstag 9. November]

Ich dancke meiner Besten für das Frühstück. Es schmeckt fürtrefflich. Der Tag ist schön und ich gehe vielleicht nach Tiefurt zu Tische. Diesen Abend bin ich bey dir und wir lesen in denen Geheimnissen fort, die mit deinem Gemüth so viele Verwandschafft haben.

Lebe wohl du liebe Seelenführerinn. Das ist ein Beynnahme den ich von Hemsterhuys gelernt habe.

d. 9. Nov. 1784.

G.

1313

[Freitag 12. November]

Endlich komme ich dazu meiner Lotte ein Wort zu sagen, es geht heute sehr bunt bey deinem Freunde.

Ich erwarte dich sehnlich! Herders kommen.

Laß nur das weise Papier aufziehen wir wollen es auf dem Rahmen färben lassen.

Lebe wohl. Komme bald. Ich bin wohl.

d. 12. Nov. 1784.

G.

1314

[Sonnabend 13. November]

Heute Abend muß ich wieder Leute haben doch nur nach der Comödie. Den Graf Morelli will ich einladen was ich balde thue thu ich doppelt. Meine Lotte kommt doch auch, vorher seh ich dich. Adieu. sage mir ia bald daß du mich liebst.

13. Nov. 1784.

G.

1315

[Donnerstag 18. November]

Eh ich weggehe muß ich noch meine liebste Pflicht erfüllen und meiner liebsten Lotte schreiben. Jetzt da ich fort soll bliebe ich gerne und finde daß ich so nötig drüben nicht bin. Der Geh. R. Fritsch kommt Sonnabends hinüber und mit ihm kehr ich zurück, Abends bin ich also wieder da. Lebe recht wohl. Gedencke mein. Hier wieder ein Epigramm das unter die mittelmäsigen gehört. Grüse Herders.

18. Nov. 1784.

G.

1316

[Jena, Freitag 19. November]

Man hat mir Ullen herüber geschickt mit Briefen worunter einer vom Herzog war, und nichts von dir, daraus schliese ich daß du nichts von seinem Weege wusstest.

Hier ist des H[erzogs] Brief, du wirst sehen daß ihm wohl ist, möge diese Reise zu Berichtigung seines Wesens beytragen.

Mir geht es recht wohl hier. Mögte ich doch in dieser Ruhe einige Zeit hinbringen können, vorausgesetzt daß du daran Theil nehmen könntest.

Ich bringe den Spinoza lateinisch mit wo alles viel deutlicher und schöner ist, ein Leben Antonins, und eine Astronomie die sich gut lesen lässt.

Von des Toaldo neuem Wetter Cyklus habe ich dir gesagt. Ich bin auf meine neuen Baro und Thermometers verlangender als iemals.

Morgen Abend komme ich wieder und wir setzen unser Leben fort. Meine Hoffnungen ruhen nur auf dir und werden reichlicher ieden Tag erfüllt.

Lass mich dich zu Hause treffen, und lebe recht wohl.

Jena d. 19. Nov. 1784.

G.

1317

[Weimar, Sonntag 21. November]

Voll Verlangen dich balde zu sehen schick ich dir den gewöhnlichen Tribut, sage mir daß du auch nach mir verlangst und daß ich bald kommen soll. Ich will zu Mittage bey dir essen, und die Bücher mitbringen und hoffe meinen Sabbath in dir.

d. 21. Nov. 1784.

G.

1318

[Montag 22. November]

Ich bitte um den Blechkasten und schicke dir das versprochne. Eine Aneckdote liegt zum Grunde. Ich glaube es war Königinn Christina der ein Bettler die Antwort soll gegeben haben.

Herder hat mir seine Abh. über das griechische Epigramm geschickt die recht schön ist, und seine Mythologische Fabeln die ich mit dir lesen will und soll. Lebe wohl und wenn Eine Bitte bey dir statt findet so wecke den Amor nicht wenn der unruhige Knabe ein Küssen gefunden hat und schlummert. Lebe wohl.

Der deine.

d. 22. Nov. 1784

1319

[Dienstag 23. November?]

Ich mögte von meiner L. etwas freundliches hören. Gehn wir etwa spazieren. Wenn dir's wohl ist, dich der Hof nicht fordert, solltest du Herders auf heut Abend einladen, daß wir die Fabeln lesen könnten. Hier etwas das du ihnen mit der Einladung schicken kannst.

d. 13. Nov. 84.


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