Walter Scott
Waverley - So war's vor sechzig Jahren
Walter Scott

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Kapitel LXX

Dies Haus ist nicht mein eigen
Ich sehs am ganzen Bau.

Die Hochzeitsgesellschaft reiste in großem Stile. Voran fuhr eine Kutsche, nach dem neuesten Geschmack gearbeitet, mit sechs Pferden bespannt, ein Geschenk Sir Everards an seinen Neffen, die durch ihre Pracht die Augen von halb Schottland blendete, ihr folgte die Familienkutsche des Herrn Rubrick, beide waren von Damen besetzt; der begleitenden Herren mit ihren Dienern zu Roß waren in runder Summe etwa zwanzig. Dessenungeachtet, und ohne die Furcht, dadurch einer Hungersnoth ausgesetzt zu werden, kam der Amtmann Macwheeble dem Hochzeitszuge auf der Straße entgegen, um ihn zu bitten, in seinem Hause in Klein-Veolan einzukehren. Der Baron staunte und sagte, sein Sohn und er würden gewiß nach Klein-Veolan kommen und den Amtmann begrüßen, aber er könnte nicht daran denken, den ganzen comitatus nuptialis mitzubringen. Er hatte gehört, fügte er hinzu, daß die Baronie durch ihren unwürdigen Besitzer verkauft worden sei, und freue sich daher, zu sehen, daß sein alter Freund Dunkan seinen früheren Posten auch unter dem neuen dominus wieder erhalten hatte. Der Amtmann drehte und wand sich und wiederholte dann seine Einladung, bis endlich der Baron, ungeachtet er sich durch die Hartnäckigkeit Macwheebles beinahe verletzt fühlte, seine Einwilligung nicht länger versagen konnte.

Er verfiel in tiefes Sinnen, als sie sich dem Eingange der Allee näherten, und als er bemerkte, daß die Verzierungen wieder hergestellt, die Trümmer fortgeschafft und die beiden großen steinernen Bären, die verstümmelten Gegenstände seiner Vergötterung, auf ihren Posten an dem Thorwege wieder zurückgeführt waren, fuhr er empor wie aus einem Traum. »Der neue Besitzer,« sagte er zu Edward, »zeigte, wie die Italiener das nennen, mehr gusto in der guten Zeit, daß die Herrschaft sein ist, als der Hund Malcolm, obgleich ich ihn selbst hier auferzog, vita adhuc durante je erworben hat. – Und dennoch, da ich von Hunden spreche, sind das da nicht Ban und Buscar, die mit Davie Gellatley die Allee heraufgesprungen kommen?«

»Ich bin dafür, daß wir ihnen entgegengehen,« sagte Waverley, »denn ich glaube, daß der gegenwärtige Herr des Hauses Oberst Talbot ist, der erwarten wird, uns zu sehen. Wir zögerten anfangs, gegen Euch zu erwähnen, daß er Eure ehemalige Besitzung kaufte, und wenn Ihr nicht geneigt seid, ihn zu besuchen, so können wir selbst jetzt noch zu dem Amtmann gehen.«

Der Baron hatte Gelegenheit zur Entfaltung seiner ganzen Großherzigkeit. Er that einen langen Athemzug, nahm eine gewaltige Prise und sagte, »da man ihn einmal so weit gebracht hätte, könne er an dem Thore des Obersten nicht vorübergehen und würde sich glücklich schätzen, den neuen Herrn seiner alten Hintersassen zu sehen.« Er stieg deshalb ab, die andern Herren und Damen thaten dasselbe, er gab seiner Tochter den Arm, und während sie die Allee hinuntergingen, zeigte er ihr, wie schnell die diva pecunia der Leute vom Süden – ihre Schutzgöttin, wie er sie nennen könnte – alle Spuren der Verwüstung entfernt hätte.

In der That waren die umgehauenen Bäume nicht nur fortgeschafft, sondern auch die Wurzeln ausgegraben und die Stellen mit Gras besäet, so daß jede Spur der Verwüstung für ein Auge, welches den Ort früher nicht gesehen hatte, verwischt war. Eine ähnliche Umwandlung hatte auch mit dem äußern Menschen des Davie Gellatley stattgefunden, der ihnen zwar entgegenkam, aber dabei alle Augenblicke stehen blieb, um den neuen Anzug zu bewundern, der seine Person schmückte. Er tanzte mit seinen gewöhnlichen albernen Possen zuerst zum Baron, dann zu Rosa, strich mit der Hand über seine Kleider, indem er rief: Hübsch Davie, hübsch, und war kaum im Stande, eines seiner tausend Lieder auszusingen, so athemlos machte ihn das Uebermaß seiner Freude. Auch die Hunde begrüßten ihren ehemaligen Herrn mit zahlreichen Freudensprüngen. »Auf mein Gewissen, Rosa,« sagte der Baron, »die Dankbarkeit dieser rohen Thiere und des armen Narren bringt Thränen in meine alten Augen, während Malcolm, der Schelm – doch ich bin dem Obersten Talbot verpflichtet, daß er meine Hunde in so guten Stand setzte, und den armen Davie auch. Aber Rosa, meine Liebe, wir dürfen nicht zugeben, daß sie eine lebenslängliche Last für das Gut bleiben.«

Indem er so sprach, kam Lady Emily, auf den Arm ihres Gatten gestützt, an dem untern Thore ihren Gästen mit tausend Begrüßungen entgegen. Nachdem die Ceremonie der Vorstellung, durch die Gewandtheit und Leichtigkeit der Lady Emily bedeutend abgekürzt, vorüber war, entschuldigte sie sich, daß sie eine Art von List gebraucht hätte, um sie zu einem Orte zurückzubringen, der peinliche Erinnerungen in ihnen erwecken möchte.

»Aber da er den Besitzer wechseln sollte,« fuhr sie fort, wünschten wir, daß der Baron –«

»Bloß Herr Bradwardine, gnädige Frau, wenn es Ihnen gefällig ist,« sagte der alte Herr.

»Herr Bradwardine und Herr Waverley sehen sollten, was wir gethan hätten, um das Gut ihrer Väter wieder in seinen frühern Stand zu setzen.«

Der Baron antwortete mit einer tiefen Verbeugung. Als er den Hof betrat, fand er in der That, außer den alten schwerfälligen Ställen, die niedergebrannt und durch Gebäude von gefälligerem Aeußern ersetzt worden waren, alles so viel als möglich in demselben Zustande, in welchem er es verlassen hatte, als er vor Monaten die Waffen ergriff. Das Taubenhaus war wieder gefüllt, der Springbrunnen spielte mit seiner gewöhnlichen Lebendigkeit, und nicht nur der Bär über dem Becken desselben, sondern auch all die andern Bären hatten ihre verschiedenen Positionen wieder eingenommen und waren mit so vieler Sorgfalt ausgebessert worden, daß man keine Spur mehr von der kürzlich an ihnen verübten Gewaltthat sehen konnte. Der Baron blickte alles mit stummer Verwunderung an und sagte endlich zu dem Obersten:

»Während ich mich Euch verpflichtet fühle, daß Ihr mein Familienzeichen wiederhergestellt, muß ich mich doch darüber wundern, daß Ihr nirgend Euer eigenes Wappen angebracht habt, das, wenn ich nicht irre, einen Bullenbeißer trägt, den man früher einen Talbot nannte, wie der Dichter sagt:

Ein Talbot stark – ein fester Rüde;

wenigstens ist solch ein Hund das Wappen der kriegerischen und berühmten Earls von Shrewsbury, mit denen Eure Familie wahrscheinlich blutsverwandt ist.«

»Ich glaube,« sagte der Oberst lächelnd, »daß unsere Hunde von demselben Wurfe stammen, denn ich meines Theils würde, wenn die Wappen sich den Vorrang streitig machen wollten, sie, wie das Spruchwort sagt, sich »wie Hund und Bär« zerreißen lassen.«

Indem der Oberst dies sagte, wobei der Baron wieder eine gewaltige Prise nahm, betraten sie das Haus, das heißt, der Baron, Rosa und Lady Emily mit dem jungen Stanley und dem Amtmann, denn Edward und die übrigen Gäste blieben auf der Terrasse zurück, um ein neues Gewächshaus zu besehen, das mit den schönsten Pflanzen angefüllt war. Der Baron nahm sein Lieblingsgespräch wieder auf: »Wie sehr Ihr auch Gefallen daran finden möget, die Ehre Eures Wappens zu verleugnen, Oberst Talbot, eine Laune, wie ich sie auch bei andern Edelleuten in Eurem Lande gefunden habe, muß ich Euch doch wiederholen, daß es eines der ältesten Wappen ist, eben so wie das meines jungen Freundes Stanley, welches einen Adler mit einem Kinde aufweist.«

»Den Vogel mit dem armen Würmchen, nennen sie's in Derbyshire,« sagte Stanley,

»Ihr seid ein Hansnarr, Sir,« sagte der Baron, der an diesem jungen Manne einen großen Gefallen fand, vielleicht deshalb, weil er ihn zuweilen neckte. »Ihr seid ein großer Hansnarr, und ich muß Euch nächstens bessern,« sagte er, indem er seine gewaltigen Augenbrauen zusammenzog, »Aber was ich sagen wollte, Oberst Talbot, Eure prosapia oder Abstammung ist sehr alt, und da Ihr die Besitzung, die ich für mich und die meinigen verwirkte, für Euch und die Eurigen recht- und gesetzmäßig erworben habt, wünsche ich, daß sie bei Eurem Namen so lange als bei den frühern Besitzern bleiben möge.«

»Das ist wirklich sehr freundlich von Euch, Herr Bradwardine,« entgegnete der Oberst.

»Und dennoch, Sir, kann ich mich nur darüber wundern, daß Ihr, Oberst, bei dem ich so viel amor patriae bemerkte, um selbst andere Nationen herabzusetzen, doch den Gedanken fassen konntet, Eure Laren oder Hausgötter procul a patriae finibus aufzustellen und Euch gewissermaßen selbst zu expatriiren.«

»Wirklich, Baron, ich sehe nicht ein, weshalb ein alter Soldat einen andern noch länger betrügen sollte, nur um das Geheimniß der thörichten Knaben Waverley und Stanley und meiner Frau, die auch nicht klüger ist, zu bewahren. Ihr müßt also wissen, daß mein Vorurtheil zu Gunsten meines Vaterlandes nicht abgenommen hat, und daß die Summen, welche ich dem Käufer dieser umfangreichen Baronie vorstreckte, nur dazu dienten, für mich ein kleines Gut von 250 Acker Land zu kaufen, welches Brerewood heißt, und dessen Hauptverdienst darin besteht, nur wenige Meilen von Waverley-Haus entfernt zu sein.«

»Und wer in des Himmels Namen hat denn diese Besitzung gekauft?«

»Das auseinanderzusetzen,« sagte der Oberst, »ist Sache dieses Herrn.«

Der Amtmann, auf den sich diese Bemerkung bezog und der während dieser ganzen Zeit vor Ungeduld hin und her getrippelt war, trat jetzt vor und rief: »Das kann ich, Euer Gnaden.« Mit diesen Worten zog er aus seiner Tasche ein großes Packet, erbrach mit zitternder Hand das Siegel und sagte: »Hier ist die Erklärung von Malcolm Bradwardine von Inchgrabbit, nach aller Form Rechtens unterzeichnet und untersiegelt, wonach er für eine gewisse festgesetzte und ihm ausgezahlte Summe die ganze Besitzung und Baronie Bradwardine, Tully-Veolan und Zubehör, nebst dem Schlosse, dem Herrenhause, dem –«

»Um Gottes willen, Sir, zur Sache. Ich weiß das alles auswendig,« sagte der Oberst.

»Für Cosmo Comyne Bradwardine, Esq., seine Erben und Angehörigen unwiderruflich entweder als a me vel de me –«

»Bitte, schnell zu lesen, Sir.«

»Beim Gewissen eines ehrlichen Mannes, Oberst, ich lese so kurz, als mit dem Stil verträglich ist. Unter der Reservation und Belastung –«

»Herr Macwheeble, das dauert so lange, wie ein russischer Winter – erlaubt mir. Kurz, Herr Bradwardine, Eure Familienbesitzung ist Euch abermals zum freien Eigenthum und zu unumschränkter Verfügung zurückgegeben, nur belastet durch die Summe, welche zu dem Rückkaufe vorgeschossen wurde, die, wie ich höre, zu dem Werthe durchaus nicht im Verhältniß steht.«

»Ein altes Lied, ein altes Lied, Ew. Gnaden,« rief der Amtmann, indem er sich die Hände rieb, »seht nur in das Rentenbuch.«

»Welche Summe durch Herrn Edward Waverley, hauptsächlich durch den Erlös aus seinem väterlichen Erbtheil, welches ich ihm abkaufte, vorgeschossen, seiner Gattin, Eurer Tochter, zugeschrieben wird, sowie der aus dieser Ehe entspringenden Nachkommenschaft.«

»Das ist eine katholische Sicherheit,« rief der Amtmann, »für Rosa Comyne Bradwardine, alias Waverley als Leibrente, und für deren Kinder aus besagter Ehe als Lehn, und da ich von der Heirat einen etwas genauen Contract intuitu matrimonii aufsetzte, so kann er später nicht als donatio inter virum et uxorem verringert werden.«

Es ist schwer zu sagen, ob der würdige Baron über die Rückgabe seines Familiengutes mehr entzückt war oder über das Zartgefühl und die Großmuth, das ihn auf den Todesfall frei verfügen ließ und so viel als möglich selbst den Schein einer ihm auferlegten pekuniären Verpflichtung vermied. Als die erste Freude vorüber war, wendeten sich seine Gedanken auf den männlichen, unwürdigen Erben der, wie er sagte, sein Geburtsrecht gleich Esau für ein Gericht Linsen verkauft hätte.

»Aber wer kochte ihm den Brei,« rief der Amtmann, »das möcht' ich wissen. Wer anders als Ew. Gnaden gehorsamer Diener Duncan Macwheeble? Se. Gnaden, der junge Herr Waverley, legte es von allem Anfange an in meine Hände, vom Augenblick der Citation an, wie ich wohl sagen darf. Ich überflügelte sie, ich spielte Versteckens mit ihnen, ich schmeichelte ihnen, und wenn ich Inchgrabbit und Jamie Howie nicht einen tüchtigen Streich gespielt habe, will ich Hans heißen. Er, ein Rechtsgelehrter! Ich rieth ihnen, sich vor unserem hübschen jungen Bräutigam nicht sehen zu lassen. Ich machte ihnen Gruseln vor unseren wilden Landleuten und den Mac-Ivors, die eben erst beruhigt sind, so daß sie keinen Schritt vor die Thüre wagten, wenn die Sonne untergegangen war, aus Furcht vor Heatherblutter und ähnlichen Teufelskerlen, die sie fortblasen möchten. – Und auf der andern Seite machte ich ihnen Angst mit dem Oberst Talbot, ob sie gegen den Freund des Herzogs einen unmäßigen Preis festhalten wollten? Ob sie nicht wüßten, wer Herr im Hause wäre? Ob sie nicht an dem Beispiel manches armen irregeleiteten Menschen genug gehabt hätten?«

»Der zum Beispiel nach Derby gegangen wäre, Herr Macwheeble?« flüsterte ihm der Oberst zu.

»O stille, Oberst, um Gottes willen! Laßt die Fliege an der Wand bleiben! Es waren manche brave Leute in Derby, und es ist nicht gut, vom Strick zu sprechen.« – Er warf einen scheuen Blick auf den Baron, der in tiefe Träumerei versunken war.

Plötzlich auffahrend, faßte er Macwheeble bei einem Knopfe und führte ihn in eine Fenstervertiefung, von wo nur einzelne Bruchstücke ihres Gespräches die Gesellschaft erreichten. Gewiß betraf es Stempelpapier und Pergament, denn kein anderer Gegenstand hatte eine so tiefe unbedingte Aufmerksamkeit des Amtmanns in Anspruch zu nehmen vermocht.

»Ich verstehe Ew. Gnaden vollkommen, es kann eben so leicht hergerichtet werden wie eine Abwesenheitsvollmacht.«

»Für sie und ihn nach meinem Tode und für ihre männlichen Erben, aber mit Bevorzugung des zweiten Sohnes, wenn Gott sie mit zweien segnet, der dann Namen und Wappen des Geschlechtes Bradwardine führen soll, ohne irgend einen anderen Namen oder ein anderes Wappen.«

»Still, Ew. Gnaden!« flüsterte der Amtmann. »Ich will schon alles machen, das kostet nichts als eine Verzichtleistung in favorem, und die soll zur nächsten Sitzung der Schatzkammer bereit sein.«

Die besondere Unterredung endete hier, und der Baron wurde jetzt aufgefordert, neuen Gästen die Honneurs von Tully-Beolan zu machen. Diese waren der Major von Cairnvreckan, der ehrwürdige Morton und zwei oder drei andere Bekannte des Barons, denen es mitgetheilt worden war, daß er die Besitzungen seiner Väter wieder erstanden hätte. Unten auf dem Schloßhofe ertönte Jubelgeschrei der Dorfbewohner, denn Saunders Saunderson, der das Geheimniß mehrere Tage mit löblicher Klugheit bewahrte, ließ beim Anfahren der Kutsche seiner Zunge freien Lauf.

Aber während Edward den Major Melville freundlich und den Geistlichen mit der aufrichtigsten innigsten Herzlichkeit begrüßte, sah sein Schwiegervater etwas verlegen aus, weil er nicht wußte, wie er die Pflichten der Gastfreundschaft gegen so viele Gäste erfüllen und seinen eigenen Leuten ein passendes Fest geben sollte. Lady Emily erlöste ihn aus dieser Verlegenheit, indem sie ihm sagte, wenn sie auch in mancher Beziehung eine schlechte Stellvertreterin der Mistreß Edward Waverley wäre, so hoffe sie doch, daß der Baron die Unterhaltung billigen würde, die sie in Erwartung so vieler Gaste angeordnet, auch werde er für Vorräthe gesorgt finden, welche im Stande wären, die frühere Gastfreundschaft von Tully-Veolan einigermaßen aufrecht zu erhalten. Es ist unmöglich, das Vergnügen zu beschreiben, welches diese Versicherungen dem Baron verursachten, der mit einer Galanterie, welche halb dem steifen schottischen Laird, halb dem gewandten französischen Offizier angehörte, seinen Arm der schönen Sprecherin bot und sie nach dem geräumigen Speisesaale führte, wohin die übrige Gesellschaft ihnen folgte.

Nach Saunders' Anordnungen und durch seine Bemühungen war hier und in den anderen Gemächern alles so viel als möglich auf dem früheren Fuß wiederhergestellt, und wo neues Geräth nöthig gewesen war, war es der Form nach dem alten ähnlich. Eine Zugabe zu dem alten Gemache aber lockte Thränen in die Augen des Barons. Es war ein großes schönes Gemälde, welches Fergus Mac-Ivor und Waverley in der Hochlandstracht darstellte; die Scene war ein wilder felsiger Bergpaß, durch den im Hintergrund der Clan nach dem Tieflande herabzog. Das Gemälde war nach einer Erzählung entworfen und die Skizze, die während ihres Aufenthaltes in Edinburg ein junger Mann von ausgezeichnetem Talente gemacht hatte, war in London durch einen der ersten Künstler ausgeführt worden. Neben diesem Bilde hingen die Waffen, welche Waverley in dem unglücklichen Bürgerkriege getragen hatte. Das Ganze wurde mit Bewunderung und tieferen Empfindungen betrachtet.

Allen Gefühlen zum Trotz müssen die Menschen essen, und während der Baron das untere Ende der Tafel einnahm, bestand er darauf, daß Lady Emily sich an das obere setzen sollte, damit sie, wie er sagte, dem jungen Volke ein Beispiel gäbe. Nach einer kurzen Pause der Ueberlegung, welche er darauf verwendete, zu entscheiden, ob der presbyterianischen Kirche oder der bischöflichen Kirche von Schottland der Vorzug gebühre, bat er Herrn Morton, als den Fremden, den Segen zu sprechen, indem er bemerkte, daß Herr Rubrick, der zu Hause sei, für die ausgezeichnete Gnade, die ihm zu Theil geworden, das Dankgebet sagen würde. Das Essen war vortrefflich, Saunderson wartete in voller Livree auf, mit allen früheren Dienern, die wieder angenommen worden waren, ausgenommen einen oder zwei, von denen man seit der Affäre bei Culloden nichts gehört hatte. Die Keller waren mit Wein versorgt, den man für vortrefflich erklärte, und es war so eingerichtet worden, daß der Bär des Springbrunnens auf dem Hofe für diesen einen Abend Branntwein zum Gebrauch der geringen Leute spie. Als das Essen vorüber war, warf der Baron, im Begriff, einen Toast auszubringen, einen etwas besorgten Blick auf den Schenktisch, der aber mit Silberzeug reich versorgt war, es stand vieles von dem alten darunter, das man entweder versteckt gehalten hatte, oder das die benachbarten Edelleute von den Soldaten kauften und dem früheren Eigenthümer bereitwillig zurückerstatteten.

»In diesen Zeiten,« sagte er, »müssen die dankbar sein, welche nur Leben und Güter retteten, und doch jetzt, da ich im Begriffe stehe, diese Gesundheit auszubringen, kann ich nicht umhin, ein altes Familienerbstück zu beklagen, Lady Emily, ein poculum potatorium, Oberst Talbot.«

Hier wurde der Baron von seinem Haushofmeister leise angestoßen, und als er sich umsah, erblickte er in den Händen des Alexander ab Alexandro den berühmten Pokal des St. Duthac, den heiligen Bären von Bradwardine. Es ist eine Frage, ob die Wiedererwerbung seiner Güter ihm mehr Entzücken verursachte. »Bei meiner Ehre,« sagte er, »man könnte an Feen und Zauberer glauben, wenn Sie zugegen sind, Lady Emily.«

»Ich bin sehr glücklich,« sagte der Oberst, »daß es mir durch die Wiedererwerbuug dieses alten Familienstückes möglich wurde, Euch einen Beweis von der lebhaften Theilnahme zu geben, die ich an allem nehme, was das Glück meines jungen Freundes Edward betrifft. Aber damit Ihr die Lady nicht für eine Zauberin oder mich für einen Hexenmeister haltet, was in Schottland kein Spaß ist, muß ich Euch erzählen, daß Frank Stanley, Euer Freund, der von einem Tartanfieber ergriffen wurde, seitdem er Edwards Beschreibungen von schottischen Gebräuchen hörte, uns diesen merkwürdigen Becher zufällig beschrieb. Mein Diener Spontoon, der wie ein echter Soldat alles beobachtet und wenig spricht, gab mir zu verstehen, daß er glaube, das von Herrn Stanley beschriebene Stück im Besitze einer gewissen Mistreß Rosebag gesehen zu haben, welche früher Gehilfin eines Pfandleihers gewesen war. Während der letzten unangenehmen Zeiten in Schottland hatte sie Gelegenheit gefunden, Geschäfte in ihrem frühern Gewerbe zu machen, und war so die Depositärin der kostbarsten Beutestücke der halben Armee geworden. Ihr könnt denken, daß der Pokal schnell erworben wurde, und es wird mir eine wahre Freude sein, wenn Ihr mich nicht in der Vermuthung stört, daß der Werth dieses Stückes nicht dadurch verringert wurde, daß es durch meine Hände ging.«

Eine Thräne mischte sich mit dem Wein, mit dem der Baron den Pokal füllte, als er dem Obersten einen Trunk des Dankes bot und dann eine Gesundheit auf das Glück der vereinigten Häuser Waverley und Bradwardine ausbrachte.

Es bleibt nur noch zu erwähnen, daß kein Wunsch im Ganzen mehr erfüllt wurde als dieser.


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