Walter Scott
Waverley - So war's vor sechzig Jahren
Walter Scott

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Kapitel XXIII.

Eine Hirschjagd und ihre Folgen.

Die feierliche Jagd wurde aus verschiedenen Gründen über drei Wochen verschoben. Die Zwischenzeit brachte Waverley mit großer Zufriedenheit in Glennaquoich zu, denn der Eindruck, den Flora bei ihrem ersten Zusammentreffen auf ihn gemacht hatte, wurde täglich stärker. Sie war ganz der Charakter, einen Jüngling von romantischer Einbildungskraft zu bezaubern. Ihr Wesen, ihre Sprache, ihr Talent für Poesie und Musik verliehen ihren seltenen persönlichen Reizen eine größere und mannigfaltigere Gewalt. Selbst in ihren heiteren Stunden stand sie in Edwards Gedanken weit über den gewöhnlicheren Evastöchtern und schien sich nur auf Augenblicke zu den Gemeinplätzen der Unterhaltung und Heiterkeit herabzulassen, für welche andere allein zu leben scheinen. In der Nähe dieser Zaubererin und während die Jagd den Morgen hinnahm und Musik und Tanz die Abendstunden füllten, wurde Waverley täglich mehr von seinem gastlichen Wirthe eingenommen, täglich verliebter in dessen reizende Schwester.

Endlich erschien die zu der großen Jagd festgesetzte Zeit, und Waverley und der Häuptling brachen nach dem Versammlungsplatze auf, der eine Tagereise nördlich von Glennaquoich lag. Fergus wurde bei dieser Gelegenheit von 200 Mann seines Clans begleitet, die sämmtlich wohl bewaffnet und gekleidet waren. Waverley fügte sich der Sitte des Landes insoweit, daß er die Strümpfe, (mit dem kurzen Schurz konnte er sich nicht aussöhnen), die Holzschuhe und das Barett der Hochländer als den bequemsten Anzug zu den bevorstehenden Unternehmungen anlegte, und der ihn zugleich am wenigsten der Unannehmlichkeit aussetzte, auf dem Sammelplatze wie ein Fremder angestarrt zu werden. Sie fanden an dem bezeichneten Orte mehrere mächtige Häuptlinge; allen wurde Waverley förmlich vorgestellt und von allen wurde er herzlich gegrüßt. Ihre Vasallen und Clansleute, deren Lehnspflicht zum Theil war, ihre Häuptlinge bei solchen Gelegenheiten zu begleiten, waren in so großer Anzahl zugegen, daß sie eine kleine Armee bildeten. Diese thätigen Gehilfen breiteten sich in der Gegend nah und fern aus und bildeten einen Cirkel, in der Jägersprache Tinchel (Kessel) genannt, der, sich allmählich zusammenziehend, das Wild in Heerden dem Thale zutrieb, wo die Häuptlinge und die ausgezeichnetsten Jäger lagernd es erwarteten. Inzwischen bivuakirten die erhabenen Herren auf der blumigen Haide, in ihre Plaids gehüllt, eine Art, die Sommernacht hinzubringen, die unserm Waverley keineswegs unangenehm dünkte. Mehrere Stunden nach Sonnenaufgang lagen die Berggipfel und Schluchten noch in Schweigen und Einsamkeit, und die Häuptlinge unterhielten sich durch verschiedenen Zeitvertreib, bei dem das Spiel mit Muscheln einen Haupttheil ausmachte. Andere saßen einzeln auf abgelegenen Höhen, wahrscheinlich in die Besprechung politischer Neuigkeiten vertieft. Endlich wurden Signale von der Annäherung des Wildes gegeben und gehört. Fernes Geschrei tönte von Thal zu Thal, als die verschiedenen Abtheilungen der Hochländer, Felsen erkletternd, Bäche durchwatend, Dickichte durchkriechend, einander näher und näher kamen, und das erschreckte Wild mit den andern Thieren, die vor ihm herflohen, in einen engeren Kreis zwangen. Dann und wann fiel ein Schuß, durch tausendfältiges Echo erwidert. Das Gebell der Hunde schloß sich bald dem Chore an, der immer lauter und lauter wurde. Endlich zeigten sich die vordersten Haufen des Wildes, und während sie zu zweien oder dreien von den Höhen herabsetzten, zeigten die Jäger ihre Geschicklichkeit, indem sie die feistesten Hirsche auswählten und mit ihren Büchsen niederstreckten. Fergus namentlich bewies eine ungewöhnliche Gewandtheit, und auch Edward war so glücklich, die Aufmerksamkeit und den Beifall der Jäger auf sich zu ziehen.

Jetzt aber zeigte sich die ganze Heerde der Hirsche am obern Ende des Thales, in eine dichte Masse zusammengedrängt, und eine so furchtbare Phalanx bildend, daß ihre Geweihe aus der Ferne einem Haine ohne Laub glichen. Ihre Zahl war ungemein groß, und aus dem verzweiflungsvollen Halt, den sie machten, die stärksten Rothwildhirsche voran, wie in einer Art von Schlachtordnung und die Gruppe der Jäger, die ihnen den Weg durch das Thal versperrte, anstarrend, begannen die erfahrensten Waidmänner Gefahr zu ahnen. Das Werk der Vernichtung nahm indeß jetzt auf allen Seiten seinen Anfang, Hunde und Jäger waren bei der Arbeit, und Flinten- und Büchsenschüsse fielen überall. Zur Verzweiflung getrieben, machte das Wild endlich einen fürchterlichen Angriff gerade auf dem Punkte, auf welchem die vornehmsten Jäger ihren Stand genommen hatten. Es wurde in gälischer Sprache das Losungswort gegeben, sich flach auf das Gesicht niederzuwerfen, Waverley aber, für dessen englisches Ohr das Signal verloren ging, wäre beinahe als Opfer seiner Sprachunkenntniß gefallen, Fergus, der seine Gefahr bemerkte, sprang auf und riß ihn mit Heftigkeit nieder, eben in dem Augenblicke, als die ganze Heerde auf sie hereinbrach. Da dem Strome zu widerstehen durchaus unmöglich war, und von Hirschgeweihen gestoßene Wunden höchst gefährlich sind, konnte die rasche That des Häuptlings bei dieser Gelegenheit als eine Lebensrettung seines Gastes betrachtet werden. Er hielt ihn mit festem Griffe am Boden, bis die ganze Herde über sie fortgegangen war. Waverley versuchte dann aufzustehen, aber er bemerkte, daß er mehrere starke Kontusionen bekommen hatte, und fand bei näherer Prüfung, daß sein Fußgelenk verrenkt war. Dies störte die Heiterkeit der Gesellschaft, obgleich die Hochländer, an dergleichen Ereignisse gewöhnt und darauf vorbereitet, keinen Unfall erlitten hatten. Augenblicklich errichtete man eine Laubhütte, in der Edward auf einem Lager von Haidekraut niedergelegt wurde. Der Chirurg, oder der, welcher das Amt eines solchen versah, schien den Charakter eines Vieharztes und Beschwörers in seiner Person zu vereinigen. Er war ein alter ausgedörrter Hochländer mit einem ehrwürdigen grauen Barte und trug als einziges Kleidungsstück einen Rock aus Tartan, dessen Zipfel bis auf die Kniee herabfielen, und der, vorn nicht getheilt, zugleich Wamms und Schurz bildete. Er näherte sich Edward mit vieler Ceremonie, und obgleich unser Held große Schmerzen ausstand, wollte er doch nichts unternehmen, was diese lindern, konnte, ehe er dessen Lager dreimal umschritten hatte, indem er sich von Osten nach Westen mit dem Laufe der Sonne bewegte. Dies, was er den deasil nannte, schienen sowohl der Arzt als die Umstehenden für eine Sache der höchsten Wichtigkeit zur Vollendung der Kur zu betrachten, und Waverley, dem der Schmerz den Widerspruch unmöglich machte, und der außerdem keine Wahrscheinlichkeit der Milderung sah, unterwarf sich schweigend.

Nachdem diese Ceremonie auf gehörige Weise vollzogen war, setzte der alte Aeskulap dem Kranken mit vieler Geschicklichkeit einen Schröpfkopf und kochte dann auf dem Feuer mehrere Kräuter zu einem Umschlage, wobei er fortwährend auf gälisch leise mit sich selbst redete. Hierauf benetzte er die verletzten Theile, wobei er nicht unterließ, entweder Gebete oder Zauberformeln zu sprechen; was es eigentlich war, vermochte Waverley nicht zu unterscheiden, da sein Ohr nur die Worte vernahm: Kaspar, Melchior, Balthasar, – Max, Prax, Fax und ähnliches Geplärre.

Der Umschlag verminderte schnell die Schmerzen und die Geschwulst, was unser Held der Heilkraft der Kräuter oder der Wirkung der Wärme zuschrieb, was aber von den Umstehenden einstimmig den Zauberformeln beigelegt wurde, unter denen der Arzt die Operation vollzog. Es wurde Edward dabei zu verstehen gegeben, daß sämmtliche Ingredienzien nur beim Vollmond gesammelt worden waren, und daß der Zauberer dabei fortwährend einen Zauber gesprochen, der auf englisch so laute:

Heil sei Dir, heilig Kraut,
Gesproßt auf heiligem Grund
Auf dem Oelberg wardst Du gebaut
Und bist ein glücklicher Fund –
Bist gut für Schlag und Bruch,
Heilest jede Wund,
In der Jungfrau Namen nehme
Ich Dich auf vom Grund.

Edward bemerkte mit einigem Staunen, daß selbst Fergus, ungeachtet seiner Kenntnisse und seiner Erziehung, den Aberglauben seiner LandIeute zu theilen schien, entweder weil er es für unpolitisch hielt, bei einer allgemein geglaubten Sache Unglauben zu zeigen, oder noch wahrscheinlicher, weil er, gleich den meisten Menschen, die über dergleichen Dinge nicht ernst und gründlich nachdenken, in seinem Innern einen Rest des Aberglaubens bewahrte, der die Freiheit seines Redens und Handelns bei andern Gelegenheiten aufwog. Waverley machte daher keine Bemerkungen über die Behandlungsweise, belohnte aber den Arzt mit einer Freigebigkeit, welche dessen ungemessenste Hoffnungen weit überstieg. Er brach in so viele unzusammenhängende Segenssprüche in gälischer und englischer Sprache aus, daß Mac-Ivor, durch das Uebermaß seiner Danksagungen aufgebracht, denselben kurz ein Ende machte, indem er rief: Ceud mile mhalloich ort – Hunderttausend Flüche über Dich; und damit den Helfer der Menschen aus der Laube stieß.

Als Waverley allein war, ließ ihn die Erschöpfung des Schmerzes und der Anstrengung, denn der ganze Tag hatte viele Mühseligkeit mit sich gebracht, in einen tiefen, doch fieberhaften Schlaf fallen, den er hauptsächlich einem Opiat verdankte, das ihm der alte Hochländer in einer Abkochung verschiedener Kräuter gereicht hatte.

Früh am nächsten Morgen entstand die Frage, wie der kranke Waidmann fortzuschaffen sei, denn der Zweck des Zusammenkommens war erreicht und die Jagdlust durch den Unfall gestört, über welchen Fergus sowie alle seine Freunde die innigste Theilnahme äußerten. Die Frage wurde durch Mac-Ivor entschieden, der von Birken und Haselzweigen eine Tragbahre hatte anfertigen lassen, auf die man Waverley legte und die von seinen Leuten mit vieler Geschicklichkeit und Vorsicht getragen wurde.

Die verschiedenen Stämme versammelten sich jetzt ein jeder unter dem Kriegsgesange seines Clans und geführt von seinem patriarchalischen Herrscher. Einige, die schon aufgebrochen waren, konnte man sehen, wie sie die Hügel hinanstiegen, oder die Schluchten von dem Schauplatze der Handlung hinabgingen, und der Klang ihrer Sackpfeifen entschwand endlich dem Ohre. Andere boten auf der nahen Ebene noch ein reizendes Bild verschiedener wechselnder Gruppen, während ihre Federn und ihre losen Plaids im Morgenwinde flatterten und ihre Waffen in der aufgehenden Sonne blitzten. Die meisten Häuptlinge kamen, um Abschied von Waverley zu nehmen und ihre Hoffnung auf baldiges Wiedersehen auszusprechen. Aber Fergus verkürzte die Ceremonie des Abschiednehmens. Als endlich seine eigenen Leute zusammengetreten und gemustert waren, begann Mac-Ivor seinen Marsch, doch nicht in der Richtung, von woher sie gekommen waren. Er gab Edward zu verstehen, daß der größere Theil seiner jetzt im Felde stehenden Leute zu einer fernen Unternehmung bestimmt wäre, und daß er, nachdem er ihn in dem Hause eines Edelmannes abgesetzt, der ihm jede mögliche Aufmerksamkeit widmen würde, selbst den größeren Theil des Weges mit seinen Leuten ziehen müßte. Er werde indeß keine Zeit verlieren, wieder zu seinem Freunde zu kommen. Waverley war sehr verwundert, daß Fergus diese weitere Bestimmung nicht erwähnt hatte, als sie zu dem Jagdzuge aufbrachen, doch seine Lage ließ nicht viele Fragen zu. Der größere Theil der Clansleute zog unter dem alten Ballenkeiroch und Evan Dhu Maccombich voraus, die allem Anschein nach sehr aufgeregt waren. Wenige blieben als Eskorte des Häuptlings zurück, der neben Edwards Sänfte herging und mit der herzlichsten Aufmerksamkeit für ihn Sorge trug. Nach einer Reise, welche der Schmerz seiner Verletzungen, die Unebenheit des Weges und die Art des Transportes sehr peinlich machten, wurde Waverley gegen Mittag sehr gastlich in dem Hause eines Edelmannes aufgenommen, der mit Fergus verwandt war, und der zu seiner Bequemlichkeit alle Anstalten getroffen hatte, welche ihm die damals in Schottland übliche einfache Lebensweise gestattete. In seinem Wirthe, einem alten Manne von beinahe siebenzig Jahren, bewunderte Edward einen Ueberrest früherer Einfachheit. Er trug keine andere Kleidung, als welche seine Güter ihm lieferten; das Tuch war von der Wolle seiner eigenen Schafe, gewebt von seinen eigenen Leuten, gefärbt mit den Kräutern, die auf den Bergen rings umher wuchsen. Sein Linnen war von seinen Töchtern und Mägden aus seinem eigenen Flachs gesponnen, und sein Tisch zeigte zwar eine reiche Fülle und Abwechslung von Wild und Fisch, doch nichts als einheimische Produkte.

Er nahm für sich selbst kein Recht der Clanschaft in Anspruch und fühlte sich glücklich in dem Bündniß und Schutz Bich Ian Vohrs und anderer kühner und unternehmender Häuptlinge, die ihn in dem ruhigen, von jedem Ehrgeiz freien Leben schützten, das er liebte. Es ist wahr, daß die auf seinen Gütern geborenen jungen Leute oft verlockt wurden, ihn zu verlassen, um in den Dienst seiner thätigeren Freunde zu treten, aber einige alte Diener und Anhänger pflegten ihre grauen Locken zu schütteln, wenn sie ihren Herrn wegen Mangel an Muth tadeln hörten, und sagten: Wenn der Wind still ist, fällt der Regen um so leiser.

Dieser gute alte Mann, dessen Milde und Gastfreundschaft unbegrenzt waren, würde Waverley, da seine Lage Beistand forderte, mit Güte aufgenommen haben, wäre er auch der geringste sächsische Bauer gewesen. Seine Aufmerksamkeit für einen Freund und Gast Bich Ian Vohr aber war ängstlich und ununterbrochen. Andere Umschläge wurden auf das beschädigte Glied gelegt und neue Zauberformeln in Anwendung gebracht. Endlich nahm Fergus von Edward für einige Tage Abschied. Er würde dann nach Tomanrait zurückkehren, sagte er, und hoffe, Edward gesund genug zu finden, um einen von den Hochlandskleppern seines Wirthes besteigen und so nach Glennaquoich zurückkehren zu können.

Als Edward am nächsten Tage seinen freundlichen alten Wirth sah, erfuhr er, daß sein Freund mit Tagesanbruch abgereist sei und von seinen Leuten niemand zurückgelassen hätte als Callum Beg, seinen Leibpagen, der jetzt zur Bedienung Waverleys bestimmt war. Als er seinen Wirth fragte, ob er wisse, wohin der Häuptling gegangen sei, blickte der alte Mann ihn starr an, und in dem Lächeln, welches seine einzige Antwort war, lag etwas Geheimnißvolles und Trübes, Waverley wiederholte feine Frage, und sein Wirth erwiderte mit dem Sprichwort:

»Schon Manchen hat ins Grab gesandt,
Daß er das fragt, was ihm bekannt.«

Er wollte fortfahren, aber Callum Beg sagte ziemlich naseweis: Ta Tighearnach, d.h. der Häuptling, wollte nicht, daß der Sassenagh Duinhé-wassel – englischer Edelmann – bei seiner Krankheit mit vielem Sprechen belästigt würde. Waverley schloß hieraus, daß es seinem Freunde unangenehm sein würde, wenn er einen Fremden nach dem Zwecke der Reise frage, welchen er ihm nicht selbst mitgetheilt hatte.

Es ist überflüssig, die Genesung unseres Helden zu verfolgen. Am sechsten Tage, als er schon wieder mit einem Stocke herum gehen konnte, kehrte Fergus mit etwa zwanzig seiner Leute zurück. Er schien sehr heiter, wünschte Waverley Glück zu seiner fortschreitenden Genesung, und da er ihn im Stande fand, ein Pferd zu besteigen, machte er ihm den Vorschlag, sogleich nach Glennaquoich zurückzukehren. Waverley stimmte freudig bei, denn während der ganzen Zeit seiner unfreiwilligen Haft hatte die Gestalt seiner schönen Angebeteten in seinen Träumen gelebt.

»Nun ist er geritten durch Sumpf und durch Moor,
Ueber Berg und manch ein Thal.«

während Fergus mit seinen Myrmidonen an seiner Seite hinschritt, oder sich dann und wann damit ergötzte, ein Reh oder ein Birkhuhn zu schießen. Waverleys Herz klopfte schneller, als sie sich dem alten Thurme des Ian van Chaistel näherten, und er die holde Gestalt seiner Herzenskönigin erkennen konnte, die ihnen entgegenkam.

Fergus begann sogleich mit seiner gewöhnlichen Lebhaftigkeit: »Oeffne Deine Thore, unvergleichliche Fürstin, dem verwundeten Mauren Abindarez, den Rodrigo von Narvez, Constable von Antiquera, zu Deinem Schlosse geleitet, oder öffne sie, wenn Dir das lieber ist, dem hochberühmten Marquis von Mantua, dem traurigen Begleiter seines halberschlagenen Freundes, Baldovinus von den Bergen. – Ruhe Deiner Seele, Cervantes, denn wie könnte ich ohne Dich meine Sprache romantischen Ohren anpassen.«

Flora trat jetzt näher und begrüßte Waverley mit vieler Freundlichkeit, indem sie ihr Bedauern über seinen Unfall aussprach, von dem sie bereits gehört hatte. Es wundere sie, sagte sie, daß ihr Bruder nicht mehr darauf geachtet habe, einen Fremden vor den Gefahren der Jagd zu warnen, zu der er ihn aufforderte. Edward entschuldigte leicht den Häuptling, der in der That mit eigener Gefahr sein Leben gerettet hatte. Als diese Begrüßung vorüber war, sagte Fergus seiner Schwester drei, vier Worte auf gälisch. Die Thränen traten ihr dabei in die Augen, doch es schienen Thränen des Glücks und der Freude zu sein, denn sie blickte auf zum Himmel und faltete die Hände, wie in dem feurigen Ausdrucke des Gebetes oder der Dankbarkeit, Nach einer Pause von einer Minute überreichte sie Edward einige Briefe, die während seiner Abwesenheit von Tully-Veolan für ihn angekommen waren, und gab zugleich auch ihrem Bruder einige. Dem letzteren händigte sie drei oder vier Nummern des caledonischen Merkurs ein, der einzigen Zeitung, welche damals nördlich des Tweed erschien.

Beide Männer zogen sich zurück, um ihre Briefe zu lesen, und Edward fand sogleich, daß die, welche er bekommen hatte, Dinge von der höchsten Wichtigkeit enthielten.


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