Walter Scott
Waverley - So war's vor sechzig Jahren
Walter Scott

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Kapitel IV.

Wahl eines Standes.

Aus der Genauigkeit, mit welcher ich Waverleys Beschäftigung schilderte, und der schiefen Richtung, welche diese unvermeidlich seiner Phantasie geben mußte, wird der Leser vielleicht vermuthen, daß ich in der folgenden Erzählung den Roman des Cervantes nachahmen wolle; er thut mir mit dieser Vermuthung Unrecht. Meine Absicht ist nicht, den Schritten jenes unnachahmlichen Schriftstellers zu folgen, indem ich eine so gänzliche Verirrung des Geistes selbst beschriebe, die die Gegenstände, die sich den Sinnen darbieten, verkennt, sondern jene gewöhnliche Verirrung des Urtheils, welche die Ereignisse zwar in ihrer Wirklichkeit auffaßt, aber ihnen die Färbung eines eigenen romantischen Tones mittheilt. Edward Waverley war weit davon entfernt, allgemeine Sympathie mit seinen eigenen Gefühlen zu erwarten. Er fürchtete nichts so sehr wie die Entdeckung der Gefühle, welche durch sein Träumen erweckt wurden. Er hatte weder einen Vertrauten, dem er seine Träumereien mittheilte, noch wünschte er einen zu haben, und so empfindlich war er, sich vor Spott zu bewahren, daß, wenn er die Wahl zwischen einer schmachvollen Strafe und der Notwendigkeit gehabt hätte, eine ruhige Schilderung seiner Ideenwelt zu geben, er nicht gezögert haben würde, die erstere vorzuziehen. Diese Heimlichkeit wurde ihm doppelt werth, als er mit zunehmendem Alter den Einfluß der erwachenden Leidenschaften fühlte. Weibliche Gestalten von ausgezeichneter Schönheit und Anmuth begannen sich in seine geistigen Abenteuer zu mischen, auch währte es nicht lange, bis er die Geschöpfe seiner Einbildungskraft mit den weiblichen Wesen des wirklichen Lebens verglich. Die Liste der Schönheiten, welche allwöchentlich ihren Staat in der Kirche von Waverley entfalteten, war weder zahlreich noch auserwählt. Bei weitem die leidlichste war Fräulein Sissly oder wie sie sich lieber nennen ließ, Miß Cäcilia Stubbs, die Tochter des Squire Stubbs vom Meierhofe. Ich weiß nicht, ob es nur durch »den gewöhnlichsten Zufall von der Welt« geschah, ein Ausdruck, der, von weiblichen Lippen gebraucht, den boshaften Vorsatz nicht immer ausschließt, oder nur durch eine Übereinstimmung des Geschmackes, daß Cäcilia unsern Edward auf seinen Lieblingsspaziergängen durch den Waverley-Haag mehr als einmal begegnete. Er hatte noch nicht den Muth gewonnen, sie bei diesen Gelegenheiten anzureden, aber dieses Zusammentreffen blieb nicht ohne Wirkung. Ein romantischer Liebhaber ist ein sonderbarer Anbeter, der sich oft nicht darum kümmert, aus was für Holz er den Gegenstand seiner Anbetung schnitzt. Wenn die Natur diesem Gegenstand irgend ein leidliches Verhältnis von persönlichen Reizen verliehen hat, so kann er endlich leicht den Juwelier und Derwisch aus der orientalischen Erzählung spielen, und die Angebetete aus den Vorräten seiner eigenen Einbildungskraft reichlich mit übernatürlicher Schönheit und allen Gaben geistiger Schätze ausstatten. Doch ehe die Reize der Miß Cäcilia Stubbs diese zu einer positiven Gottheit erhoben, oder sie wenigstens ihrer heiligen Namensschwester gleich stellten, erhielt Mistreß Rahel einige Winke, welche sie bestimmten, die nahende Apotheose zu hindern. Selbst die Einfachsten und Verdachtlosesten des weiblichen Geschlechts haben, Gott segne sie, eine instinktmäßige Schärfe der Erkenntnis in solchen Dingen, welche zuweilen so weit geht, einzelne Umstände zu bemerken, die nie existierten, selten aber das übersieht, was sich ihrer Beobachtung wirklich darbietet. Mistreß Rahel war klug genug, die nahende Gefahr nicht zu bekämpfen, wohl aber sie aus dem Wege zu räumen, und stellte ihrem Bruder die Nothwendigkeit vor, daß der Erbe seines Hauses mehr von der Welt sehen müsse, als es bei seinem beständigen Aufenthalt in Waverley möglich sei.

Sir Everard wollte anfangs nichts von einem Vorschlage wissen, der dahin zielte, seinen Neffen von ihm zu trennen. Edward war, wie er zugab, etwas bücherhaft; aber die Jugend sei ja nach dem, was er immer gehört hätte, die Zeit zum Lernen, und sein Neffe würde ohne Zweifel an Jagd und Landwirthschaft Gefallen finden, wenn seine Wuth nach Wissen sich gelegt hätte, und sein Kopf mit Kenntnissen vollgepfropft wäre. Er selbst hatte es oft bereut, nicht einige Zeit seiner Jugend auf Studien verwendet zu haben, er würde deshalb mit nicht minderer Geschicklichkeit gejagt oder geschossen haben.

Die Angst der Tante Rahel verlieh ihr aber doch die Gewandtheit, ihr Ziel zu erreichen. Jedes Oberhaupt ihres Hauses hatte fremde Länder besucht oder dem Vaterlande in der Armee gedient, ehe es sich für das übrige Leben in Waverley-Haus niederließ, und um die Wahrheit dieser Behauptung zu bekräftigen, berief sie sich auf den Stammbaum, eine Autorität, der Sir Everard nie widersprach. Kurz, es wurde dem Mr. Richard Waverley der Vorschlag gemacht, daß sein Sohn unter der Leitung seines jetzigen Lehrers, Herrn Pembroke, und durch die Freigebigkeit des Barons reichlich ausgestattet, reisen sollte. Der Vater selbst sah kein Hinderniß gegen diesen Vorschlag. Als er aber an der Tafel des Ministers gelegentlich davon sprach, sah der große Mann sehr ernst aus. Der Minister bemerkte, die unglückliche Wendung von Sir Edwards politischen Meinungen sei der Art, daß es höchst unpassend sei, wenn ein junger Edelmann von so hoffnungsvollen Aussichten den Continent mit einem Führer bereiste, der ohne Zweifel nach der Wahl seines Oheims sei und nach dessen Lehren sein Benehmen leite. Wie die Gesellschaft des Mr. Edward in Paris und Rom sein würde, wo der Prätendent und dessen Söhne alle Arten von Schlingen legten, das wären Punkte, die Mr. Waverley wohl überlegen müßte. So viel könnte er sich selbst sagen, daß der König von den Verdiensten des Mr. Richard Waverley einen so gerechten Begriff hätte, um dessen Sohne, wenn er die Armee einige Jahre zu seiner Laufbahn wählte, eine Schwadron in einem der Dragonerregimenter zu ertheilen, die kürzlich aus Flandern zurückgekehrt wären.

Ein so gegebener und fast aufgedrungener Wink konnte nicht vernachlässigt werden, und Richard Waverley glaubte, obgleich voller Besorgniß, die Vorurtheile seines Bruders zu verletzen, die Anstellung annehmen zu müssen, die ihm so für seinen Sohn geboten wurde. Die Wahrheit ist, daß er viel und mit Recht auf Sir Everards Zärtlichkeit für Edward rechnete, die ihn wahrscheinlich abhalten werde, ihm einen Schritt nachzutragen, den er im gebührenden Gehorsam gegen die väterliche Autorität that. Zwei Briefe verkündeten diesen Beschluß dem Baronet und dessen Neffen. Dem letzteren theilte Richard lediglich die Thatsache mit und deutete auf die Notwendigkeit hin, Vorbereitungen zu treffen, um zu seinem Regimente zu stoßen. Gegen seinen Bruder war er ausführlicher und genauer. Er stimmte mit ihm auf die schmeichelhafteste Weise darin überein, daß es für seinen Sohn zweckmäßig sein würde, etwas mehr von der Welt zu sehen, und war sogar beinahe demüthig in seinen Ausdrücken der Dankbarkeit für die angebotene Unterstützung, indeß bedauerte er innig, daß es jetzt unglücklicher Weise nicht in Edwards Macht stehe, genau den Plan zur Ausführung zu bringen, den sein bester Freund und Wohlthäter für ihn entworfen hätte. Er selbst hätte mit Schmerz an des Jünglings Unthätigkeit in einem Alter gedacht, wo alle seine Vorfahren schon Waffen trugen; selbst der König hätte sich zu erkundigen geruht, ob der junge Waverley nicht jetzt in Flandern sei, in einem Alter, in welchem sein Großvater schon für seinen König in dem großen Bürgerkriege blutete. Dies wäre von dem Anerbieten einer Schwadron begleitet worden. Was hätte er thun können? Es sei keine Zeit gewesen, seines Bruders Meinungen zu Rathe zu ziehen, selbst wenn er hätte vermuthen können, daß derselbe Einwürfe machen würde, wenn sein Neffe der glänzenden Laufbahn seiner Vorfahren folge. Kurz, Edward sei jetzt – die Zwischenstufen des Cornets und des Lieutenants waren mit großer Leichtigkeit übersprungen worden – Kapitän Waverley im Dragonerregiment Gardiner, zu dem er im Verlaufe eines Monats stoßen müsse, der Garnisonsort sei Dundee in Schottland.

Sir Everard Waverley empfing diese Nachricht mit gemischtem Gefühl. Zur Zeit der hannoverschen Erbfolge hatte er sich aus dem Parlament zurückgezogen, und seine Aufführung in dem denkwürdigen Jahre 1715 war nicht ganz unverdächtig geblieben. Es gab Gerüchte von geheimen Musterungen der Lehnsleute und Pferde, die in Waverley-Haag bei Mondlicht abgehalten, und von Kisten mit Gewehren und Pistolen, die in Holland gekauft und an den Baronet adressirt, aber durch die Wachsamkeit eines berittenen Zollaufsehers aufgefangen worden seien, der später für seine Dienstfertigkeit durch einen Haufen kräftiger Freisassen in einer mondlosen Nacht geprellt, d.h. auf ein Tuch geworfen und so lange emporgeschleudert worden sei, bis ihm Sehen und Hören verging. Ja es wurde sogar gesagt, bei der Verhaftung des Sir William Wyndham, des Führers der Torypartei, sei in der Tasche von dessen Schlafrock ein Brief des Sir Everard gefunden worden. Aber eine offene Handlung, auf die man eine Anklage hätte stützen können, fand sich nicht, und die Regierung, welche damit zufrieden war, die Insurrektion von 1715 gedämpft zu haben, hielt es weder für klug noch für räthlich, ihre Rache weiter als auf die Unglücklichen auszudehnen, welche die Waffen wirklich ergriffen hatten.

Sir Everards Besorgnisse wegen persönlicher Folgen schienen übrigens nicht mit den Gerüchten übereinzustimmen, welche unter seinen Whig-Nachbarn verbreitet waren. Es war wohl bekannt, daß er mehrere der unzufriedenen Northumberländer und Schotten mit Geld unterstützt hatte. Diese wurden später bei Preston gefangen genommen und in Newgate eingekerkert, und sein Anwalt war es, der die Vertheidigung einiger dieser unglücklichen Edelleute bei dem Prozesse führte, allgemein aber wurde angenommen, wenn die Minister einen Beweis von der wirklichen Theilnahme Sir Everards an dem Aufstande gehabt hätten, so würde er der bestehenden Regierung entweder nicht so offen getrotzt, oder dies wenigstens nicht ungestraft gethan haben. Die Gefühle, welche damals seine Schritte veranlaßten, waren die eines jungen Mannes in einer aufgeregten Zeit. Seitdem war Sir Everards Jakobitismus allmählich geschwunden, wie ein Feuer aus Mangel an Nahrung ausbrennt. Seine Grundsätze als Tory und Anglikaner wurden durch gelegentliche Uebung bei Wahlen und Quartalssitzungen aufrecht erhalten, aber die in Bezug auf das Erbrecht waren allmählich geschwunden. Nur widerstritt es seinen Gefühlen gewaltig, daß sein Neffe unter der braunschweigischen Dynastie in die Armee eintreten sollte, und zwar um so mehr, als es, abgesehen von seiner hohen und gewissenhaften Meinung von der väterlichen Gewalt, unmöglich oder doch wenigstens sehr unklug gewesen wäre, offen einzuschreiten, um dies zu verhindern. Dieser unterdrückte Unwille rief manches Oh und Ach hervor, welches auf Rechnung eines Anfalles der Gicht geschrieben werden konnte, bis der würdige Baronet sich eine Rangliste holen ließ und sich damit tröstete, daß er die Nachkommen der Häuser von treuer Anhänglichkeit, der Mordaunts, Granvilles und Stanleys ebenfalls in dieser Liste fand, und indem er alle seine Gefühle der Familiengröße und des kriegerischen Ruhmes heraufrief, schloß er mit einer Logik, welche der Falstaffs einigermaßen glich, wenn ein Krieg bevorstände, wäre es, obgleich es eine Schande sei, auf einer andern Seite als einer zu sein, eine noch größere Schande, unthätig zu bleiben, als auf der schlimmsten Seite zu stehen, und wäre diese auch schwärzer, als die Usurpation sie machen könnte. Die Verwirklichung des Plans der Tante Rahel war zwar nicht ganz nach ihren Wünschen ausgefallen, aber sie mußte sich in die Umstände fügen, und ihr Kummer wurde durch die Beschäftigung zerstreut, die sie dabei fand, ihren Neffen zu dem Feldzuge auszurüsten, und wesentlich durch die Aussicht gemildert, ihn in voller Uniform prunken zu sehen.

Edward Waverley empfing diese Nachricht mit lebhaftem und unverhohlenem Staunen. Es war, wie ein schönes altes Gedicht sich ausdrückt: »Wie ein Feuer, das man in die Haide wirft, das einen einsamen Hügel in Rauch hüllt, während es ihn zugleich mit düsterem Feuer beleuchtet«. Sein Lehrer oder, wie ich vielmehr sagen muß, Mr. Pembroke, denn er verdiente kaum den Namen eines Lehrers, fand in Edwards Zimmer einige Bruchstücke von Versen, die er unter dem Einfluß der heftigen Gefühle geschrieben zu haben schien, als dieses Blatt seines Lebensbuches so plötzlich vor ihm umgewendet wurde. Der Doktor, der an alle Poesie glaubte, welche von seinen Freunden herrührte, und die in schönen geraden Linien mit einem großen Buchstaben zu Anfang einer jeden geschrieben war, theilte diesen Schatz der Tante Rahel mit, welche mit thränengetrübter Brille denselben in ihr Kollektaneenbuch legte, unter die besten Recepte zu Speisen und Arzneien, Lieblingstexte, Stellen aus Predigten der Hochkirche, und einige Liebes- und Jakobitenlieder, die sie in ihren jüngeren Tagen sammelte. Von hier wurden ihres Neffen poetische Tentamina ausgezogen, als das Buch selbst mit andern authentischen Dokumenten der Waverley-Familie der Einsicht des unwürdigen Herausgebers dieser denkwürdigen Geschichte vorgelegt wurde. Gewähren sie auch dem Leser kein höheres Vergnügen, so werden sie ihn wenigstens besser als irgend eine Erzählung mit dem wilden und ungeregelten Geiste unseres Helden bekannt machen.

Spät, als des Herbstes Abendstrahl
Auf Mirkwood-See, aufs wilde Thal
Herabsank, glänzte aus der Fluth
Zurück der Wolke Purpurgluth;
Vom Spiegel hold zurückgestrahlt,
Die Haide sich im Weiher malt,
Der wettergraue Thurm, die Wand
Des Felsens, an des Wassers Rand
Der schwanke Baum die Blüthe zart,
So treu, so wahr in ihrer Art,
Als läge unter jener Fluth
Ein Land, wo Leid und Sorge ruht,
Und eine Welt, die schöner weit,
Als diese Welt der Zeitlichkeit.

Doch Winde werden wach zur Stund,
Der Seegeist fährt empor vom Grund,
Er hört es, wie die Eiche kracht,
Er nimmt den Mantel schwarz wie Nacht,
Ein Krieger, der da unverweilt
Beim Schlachtruf nach der Rüstung eilt.
Der Wirbelwind kam näher kaum,
Er schüttelt seinen Helm, den Schaum,
Gefurcht die Stirn, geschwärzt die Wang',
Sein Wogenmund spricht Donnerklang.
Ans Ufer wirft der Wogenschwall
Die zarten, holden Bilder all,
Gehüllt in Graus und ganz zerschellt
Liegt nun die holde Feenwelt.

Ich schaute ernst und doch entzückt
Den Wechsel, der die Seel' entrückt –
Als Sturm mit Wogen rang und Flur,
Sah ich den Aufruhr der Natur
Von eines Thurmes Mauerrest,
Und stärker ward die Brust gepreßt
Bei des erhabnen Donners Schlag,
Der in dem Herzen hallte nach;
Ins Toben stimmt' ich ein vermessen,
Die stille Scene war vergessen.

In wonn'ge Jugendträume bricht
Die Wahrheit ein mit grellem Licht,
Heißt holde Bilder schnell vergehn –
Die Länder fliehn am Rand der Seen;
So schön, so flüchtig, ohne Halt,
Wie Herbststurm fegt das Blatt im Wald,
Tob für dein innres Ange sei
Jedwede Form, die zog vorbei,
Selbst Lieb und holder Frauen Blick
Verdrängt die Sucht nach Ehr und Glück.

In schlichter Prosa trat, wie diese Verse vielleicht weniger entschieden andeuten, der vorübergehende Gedanke an Miß Cäcilia Stubbs in dem Herzen des Kapitän Waverley mitten in der Unruhe auf, die der Lebenswechsel ihm verursachte. Sie zeigte sich in der That in vollem Glänze in ihres Vaters Stuhl, als er am nächsten Sonntag zum letzten Mal dem Gottesdienste in der alten Dorfkirche beiwohnte, bei welcher Gelegenheit er, durch die Bitten seines Oheims und der Tante Rahel bewogen, vielleicht auch, wenn man die Wahrheit sagen soll, aus eigenem Antriebe, in voller Uniform erschien. Es gibt kein besseres Mittel gegen eine zu hohe Meinung von andern, als wenn man zugleich eine vortreffliche von sich selbst hat. Miß Stubbs hatte in der That den ganzen Beistand angerufen, den die Kunst der Schönheit zu leisten vermag, aber ach, Reifrock, Schönpflästerchen, frisirte Locken und ein neuer Mantel von echter französischer Seide waren verloren bei dem jungen Dragoneroffizier, der zum ersten Mal seinen goldbetreßten Hut, seine steifen Stiefel und seinen Pallasch trug. Ich weiß nicht, ob bei ihm eintrat, was eine alte Ballade von mehreren Helden singt:

Sein Herz dem Ruhme sich neiget zu,
Doch ach, der Liebe nicht,
Im ganzen Lande findest du
Kein Weib, das ihn besticht, –

oder ob die funkelnde Goldstickerei, die jetzt seine Brust bedeckte, der Artillerie aus Cäciliens Augen trotzte; jeder Pfeil wurde vergebens auf ihn geschleudert.

Doch merkt' ich, wo der Pfeil herniedersank,
Den Amor schoß, nicht auf ein Blümlein zart,
Nein, auf den Rentnersohn in nächster Bank,
Der Hans ist reich und kriegt schon einen Bart.

Ich bitte ein für allemal die Leser um Verzeihung, welche Novellen nur zu ihrem Amüsement in die Hand nehmen, daß ich sie so lange mit altmodischer Politik, mit Whigs und Torys, mit Hannoveranern und Jakobiten geplagt habe. Die Wahrheit ist, ich kann sonst nicht versprechen, daß diese Geschichte verständlich oder auch nur wahrscheinlich werden würde. Mein Plan erfordert, daß ich die Gründe auseinandersetze, nach denen die Handlung fortschreitet, und diese Gründe entspringen nothwendiger Weise aus den Gefühlen, Vorurtheilen und Parteien jener Zeiten. Ich lade meine schönen Leserinnen, deren Geschlecht und Ungeduld ihnen das größte Recht gibt, sich über diese Umstände zu beklagen, nicht in einen fliegenden, von Hippogryphen gezogenen oder durch Zauberkraft bewegten Wagen ein, mein Fuhrwerk ist eine bescheidene englische Postchaise, auf vier Rädern ruhend und die königlichen Landstraßen innehaltend. Wem es nicht gefällt, mag es bei dem nächsten Halt verlassen und auf Prinz Husseins Teppich oder Maleks, des Webers, fliegendes Schilderhaus warten. Wer es zufrieden ist bei mir zu bleiben, wird zuweilen der Langsamkeit ausgesetzt sein, die von schlechten Straßen, steilen Bergen, Schluchten und andern Hindernissen des Bodens unzertrennlich ist, aber mit leidlichen Pferden und einem artigen Fuhrmann verpflichte ich mich, sobald als möglich eine malerischere und romantischere Gegend zu erreichen, wenn meine Passagiere geneigt sind, während meiner ersten Stationen einige Geduld mit mir zu haben.


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