Walter Scott
Waverley - So war's vor sechzig Jahren
Walter Scott

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Kapitel LVII

Die Verwirrung in König Agramants Lager.

Es war Waverleys Gewohnheit, zuweilen etwas getrennt von dem Hauptkorps zu reiten, um sich alles Merkwürdige anzusehen, worauf sie bei ihrem Marsche stießen. Sie waren eben in Lancashire, wo ein schloßartiges altes Gebäude seine Aufmerksamkeit erweckte. Er verließ die Schwadron auf eine halbe Stunde, um sich das Gebäude zu besehen und eine flüchtige Skizze davon aufzunehmen. Als er zurückkehrte, begegnete ihm Fähnrich Maccombich. Dieser Mensch hatte eine Art von Ehrfurcht gegen Waverley gezeigt, seitdem er ihn zuerst in Tully-Veolan sah und ihn in die Hochlande einführte. Er schien zu zögern, als wolle er mit unserm Helden zusammentreffen. Als er aber an ihm vorbeikam, näherte er sich nur seinem Steigbügel und sprach das einzige Wort: »Vorsicht!« Dann ging er schnell weiter, jede Erklärung vermeidend.

Edward war durch diesen Wink etwas überrascht. Er folgte Evan mit den Augen und sah ihn bald unter den Bäumen verschwinden. Sein Diener Alick Polwarth, der ihn begleitete, sah dem Hochländer ebenfalls nach, und dann dicht an seinen Herrn heranreitend sagte er:

»Ich glaube, Sie sind unter den hochländischen Vagabunden nicht sicher.«

»Wie meinst Du das, Alick?« fragte Waverley.

»Nun, die Mac-Ivors haben sich in den Kopf gesetzt, daß Sie die junge Miß Flora beleidigt haben, und ich hörte mehr als einen sagen, sie würden sich nicht viel darum kümmern, ein Birkhuhn aus Ihnen zu machen, und Sie wissen wohl, daß viele von ihnen sich kein Gewissen daraus machen würden, dem Prinzen selbst eine Kugel durch den Leib zu jagen, wenn der Häuptling ihnen Befehl dazu gäbe, oder auch wenn sie nur glaubten, ihm damit einen Gefallen zu thun.«

Waverley fühlte sich zwar überzeugt, daß Fergus Mac-Ivor einer solchen Verrätherei unfähig sei, keineswegs aber hatte er gleiches Vertrauen auch zu seinen Leuten. Er wußte, daß, wo man die Ehre des Häuptlings oder seiner Familie gefährdet glaubte, der für den glücklichsten gehalten würde, der die Beleidigung zuerst rächte, und oft hatte er das Sprichwort unter ihnen gehört: Die erste Rache ist die schnellste und sicherste. Dies mit Evans Wink vereinigend, hielt er es für das klügste, seinem Pferde die Sporen einzusetzen und schnell zu seiner Schwadron zurückzukehren. Ehe er aber das Ende der langen Allee erreichte, in der er sich befand, fiel ein Pistolenschuß und eine Kugel pfiff an seinem Kopfe vorbei.

sagte Alick, »ich sah ihn in das Gehölz weichen.«

Edward, der über diese Handlung der Verrätherei mit Recht aufgebracht war, sprengte die Allee hinab und bemerkte in einiger Entfernung das Bataillon Mac-Ivor. Er sah auch einen einzelnen Menschen mit allen Kräften laufen, um das Bataillon zu erreichen, Dieser war, wie er vermuthete, der Meuchelmörder, der, einen Hag überspringend, leicht auf weit kürzerem Wege zu dem Bataillon gelangen konnte, als er zu Pferde. Unfähig, sich zu bezwingen, gebot er Alick, zu dem Baron von Bradwardine zu reiten, der ungefähr eine halbe Meile entfernt an der Spitze seines Regimentes hielt, um ihm das Vorgefallene zu berichten. Er selbst ritt unverweilt zu der Abtheilung Fergus Mac-Ivors. Der Häuptling war gerade beschäftigt, seine Leute zu sammeln. Von einer Meldung bei dem Prinzen zurückgekehrt, war er zu Pferde. Als er Waverley bemerkte, spornte er sein Pferd ihm entgegen.

»Oberst Mac-Ivor,« fugte Waverley ohne weiteren Gruß, »ich habe Sie zu benachrichtigen, daß einer Ihrer Leute in diesem Augenblicke aus einem Hinterhalte auf mich geschossen hat.«

»Da das,« antwortete Mac-Ivor, »den Umstand eines Hinterhaltes ausgenommen, ein Vergnügen ist, welches ich mir eben selbst machen wollte, möchte ich wohl wissen, wer von meinen Clansleuten es wagte, mir vorzugreifen.«

»Ich werde zu Ihren Diensten stehen, wenn es Ihnen gefällig ist. – Derjenige, welcher Ihnen vorgriff, ist Ihr Page, Callum Beg.«

»Tritt vor, Callum! Hast Du auf Mr. Waverley gefeuert?«

»Nein,« antwortete Callum, ohne zu erröthen.

»Du hast es gethan,« sagte Alick Polwarth, der schon wieder zurückgekehrt war, da er einen Reiter getroffen hatte, den er mit dem Bericht des Vorgefallenen an den Baron von Bradwardine absendete, während er selbst in vollem Galopp zu seinem Herrn zurückkehrte. »Du hast es gethan, ich hab Dich so deutlich gesehen wie die alte Kirche in Coudingham.«

»Du lügst,« erwiderte Callum mit der ihm eigenen Starrköpfigkeit. Dem Kampfe zwischen den Gebietern würde, wie in den Tagen des Ritterthums, ein Kampf zwischen den Knappen vorangegangen sein. Fergus aber forderte mit seinem gewöhnlichen bestimmten Tone Callums Pistole. Der Hahn war hinunter, Pfanne und Zündloch schwarz, sie mußte also eben erst abgefeuert sein.

»Nimm das,« sagte Fergus, indem er dem Burschen mit voller Kraft einen Hieb mit dem Pistolenschafte über den Kopf versetzte, »nimm das dafür, daß Du ohne Befehl handeltest und, um es zu verheimlichen, logst.« Callum empfing den Schlag, ohne davor zurückzuweichen, und stürzte ohne ein Lebenszeichen nieder.

»Still gestanden, bei Eurem Leben,« sagte Fergus zu den übrigen Clansleuten, »ich jage dem ersten, der sich zwischen Herrn Waverley und mich drängt, eine Kugel durch den Kopf.«

Alle standen regungslos, nur Evan Dhu zeigte einige Besorgniß. Callum lag stark blutend am Boden, doch niemand wagte es, ihm Beistand zu leisten. Er schien den Todesstreich empfangen zu haben.

»Und nun zu Ihnen, Herr Waverley, haben Sie die Güte, zwanzig Schritte seitwärts auf das Feld zu reiten.« Waverley that es ohne Zögern, und als sie eine Strecke von der Marschlinie entfernt waren, sagte Fergus, indem er sich nach ihm umwendete, mit erzwungener Ruhe: »Ich konnte mich über das Wandelbare Ihres Geschmackes nur wundern. Aber Sie bemerkten ganz richtig, selbst ein Engel hätte keine Reize für Sie, er müßte denn eine reiche Ausstattung mitbringen. Jetzt habe ich einen vortrefflichen Commentar zu dem dunkeln Texte.«

»Ich vermag Ihre Meinung nicht einmal zu errathen, Oberst Mac-Ivor, obgleich es deutlich ist, daß Sie Händel mit mir suchen.«

»Ihre erheuchelte Unwissenheit soll Ihnen zu nichts helfen, lieber Herr. Der Prinz – der Prinz selbst hat mich mit Ihren Ränken bekannt gemacht. Ich dachte nicht daran, daß Ihre Verpflichtungen gegen Miß Bradwardine die Ursache waren, weshalb Sie die beabsichtigte Verbindung mit meiner Schwester abbrachen. Ich sehe, die Nachricht, daß der Baron die Erbbestimmungen über seine Besitzungen veränderte, war für Sie ein hinreichender Grund, Ihres Freundes Schwester zu verwerfen und Ihres Freundes Geliebte an sich zu bringen.«

»Sagte Ihnen der Prinz, daß ich mit Miß Bradwardine versprochen sei?« fragte Waverley. »Unmöglich!«

»Er that es, Herr,« antwortete Mac-Ivor, »also ziehen Sie entweder und vertheidigen Sie sich oder geben Sie Ihre Ansprüche auf die Dame auf.«

»Das ist reiner Wahnsinn,« rief Waverley, »oder ein merkwürdiges Mißverständniß.«

»Keine Ausflüchte! Ziehen Sie Ihr Schwert!« sagte der wüthende Häuptling, der sein eigenes schon entblößt hatte.

»Weshalb soll ich in einem wahnsinnigen Streite fechten?«

»So geben Sie jetzt und für immer alle Ansprüche auf die Hand der Miß Bradwardine auf.«

»Was für ein Recht haben Sie,« rief Waverley, der jetzt die Selbstbeherrschung verlor, »was für ein Recht haben Sie oder ein lebender Mensch auf Erden, mir solche Bedingungen vorzuschreiben?« Jetzt zog auch er sein Schwert.

In diesem Augenblicke kam der Baron von Bradwardine, von mehreren seiner Reiter begleitet, herangesprengt. Einige wurden durch Neugier getrieben, andere, um Theil an dem Streite zu nehmen, welcher, wie sie unbestimmt gehört hatten, zwischen den Mac-Ivors und ihrem Corps ausgebrochen sein sollte. Der Clan, der sie kommen sah, setzte sich in Bewegung, um seinen Häuptling zu unterstützen, und es entstand eine Verwirrung, welche leicht zum Blutvergießen hätte führen können. Hundert Zungen sprachen zugleich. Der Baron docirte, der Häuptling stürmte, die Hochländer schrieen auf gälisch, die Reiter fluchten und verschworen sich auf niederschottisch. Endlich kam die Sache so weit, daß der Baron drohte, die Mac-Ivors anzugreifen, wenn sie nicht in ihre Reihen zurückträten, und viele von ihnen legten auf ihn und die andern Reiter an. Die Verwirrung wurde besonders durch den alten Ballenkeiroch genährt, der ohne Zweifel glaubte, der Tag seiner eigenen Rache sei gekommen; da ertönte der Ruf: »Gebt Raum! Macht Platz! Place á Monsseigneur!« – Dies verkündete die Annäherung des Prinzen, der mit einer Abtheilung Fitz-James-Dragonern, die als seine Leibgarde dienten, herbeikam. Sein Erscheinen stellte einige Ordnung her. Die Hochländer traten in ihre Glieder, die Kavallerie rückte in Schwadronformation, der Baron und der Häuptling schwiegen.

Der Prinz rief sie und Waverley vor sich. Nachdem er die erste Ursache des Zwistes, die Schurkerei Callum Begs, gehört hatte, befahl er diesen zur augenblicklichen Hinrichtung in die Haft des Generalprofoßes zu bringen, wenn er die Züchtigung, die der Häuptling an ihm vollzogen, überleben sollte. Aber in einem Tone, der zwischen dem Ansprechen eines Rechtes und dem Ersuchen um eine Gunst lag, bat Fergus, daß er ihm zur Verfügung gestellt werde, und versprach exemplarische Bestrafung. Dies abzulehnen, hätte als ein Eingriff in die patriarchalische Macht der Häuptlinge gelten können, auf die sie sehr eifersüchtig waren, und die man nicht beleidigen durfte. Callum wurde daher der Gerechtigkeitspflege seines eigenen Stammes überlassen.

Alsdann fragte der Prinz nach der Ursache des weiteren Zwistes zwischen dem Obersten Mac-Ivor und Waverley. Es entstand eine Pause. Beide Partner fanden in der Gegenwart des Barons von Bradwardine ein unübersteigliches Hinderniß, einen Vorfall zu erwähnen, bei dem der Name seiner Tochter unvermeidlich ausgesprochen werden mußte. Sie richteten die Augen auf den Boden mit Blicken, in denen sich Scham und Verlegenheit mit Mißvergnügen mischten. Der Prinz, der unter den unzufriedenen und widerspenstigen Gemüthern am Hofe von St. Germain aufgewachsen war, wo Zwistigkeiten aller Art die tägliche Entscheidung des entthronten Monarchen in Anspruch nahmen, hatte, wie der große Friedrich von Preußen gesagt haben würde, seine Lehrzeit für das Metier bestanden. Einigkeit zwischen seinen Anhängern zu befördern oder wieder herzustellen war unerläßlich. Er traf danach seine Maßregeln.

»Monsieur de Beaujou!«

»Monseigneur,« sagte ein ausgezeichnet hübscher Kavallerieoffizier in seinem Gefolge.

»Ayez la bonté d'alligner ces montagnards-là, ainsi que la cavallerie, s'il vous plait et de les remettre à la marche. Vous parlez si bien l'anglais, que cela ne vous donnerait pas beaucoup de peine.«

»Ah! pas du tout, Monseigneur,« antwortete Graf von Beaujeu, indem er den Kopf auf den Hals seines kleinen feurigen wohlgerittenen Pferdes beugte. Und damit sprengte er vertrauensvoll und wohlgemuth an die Spitze von Mac-Ivors Regiment, obgleich er kein Wort gälisch und nur sehr wenig englisch verstand.

»Messieurs les sauvages Ecossais,« sagte er, »das is sein sie so gut, Edelmann wilde, de vous arranger.«

Der Clan verstand den Befehl mehr aus seinen Bewegungen, als aus seinen Worten. Da er aber den Prinzen selbst gegenwärtig sah, eilte er, die Glieder zu formiren.

»Ah! serr gut! Fort bien,« sagte der Graf von Beaujeu. »Edelmann wilde – ah, très bien – nun! – Qu'est ce que vous appellez visage, Monsieur?« fragte er einen, der neben ihm hielt. »Ah, oui! Gesicht. – Je vous remercie, Monsieur. – Meine Herren, haben Sie die Güt', ßu macken Gesickt zu die Rechte, in Glieder. – Marsch! Mais, très bien – encore, Messieurs, il vous faut mettre à la marche .... Marchez donc au nom de Dieu parceque j'ai oublié le nom anglais – mais vous êtes des braves gens, et me comprenez très bien.«

Der Graf eilte hierauf zu der Kavallerie, um sie in Bewegung zu setzen. »Meine Herren Cavaliers, Sie müssen fallen ein – Ah, par ma foi – ich nicht sagte, fallen runter! Ich fürchten, der kleine dicke Herr haben sich viel weh gethan. Ah, mon Dieu! c'est le commissaire qui vous a apporté les premières nouvelles de ce maudit fracas. Je suis trop faché, Monsieur.«

Aber der arme Macwheeble, der mit einem Schwert quer an seiner ganzen Person und einer weißen Kokarde, so groß wie ein Eierkuchen, jetzt in dem Charakter als Kriegskommissär figurirte, wurde in dem Gewirre der Reiter, die sich in Ordnung aufzustellen eilten, überritten und begab sich dann unter dem allgemeinen Gelächter der Zuschauer hinter die Front.

»Eh bien, Messieurs, Schwenkung nach rechts – ha, das ist es! – Eh, Monsieur Bradwardine, ayez la bonté, de vous mettre à la tête de votre régiment, car par Dieu, je n'en puis plus!«

Der Baron von Bradwardine war gezwungen, dem Herrn von Beaujeu zu Hilfe zu kommen, nachdem dieser seine wenigen englischen Kriegsausdrücke erschöpft hatte. Die eine Absicht des Chevalier war so erreicht. Die andere war, daß die Soldaten beider Abtheilungen von dem Zorne abgeleitet werden möchten, dem sie sich für den Augenblick hingegeben hatten.

Als Karl Eduard mit dem Häuptling und Waverley allein war, sagte er: »Wenn ich Ihrer uneigennützigen Freundschaft weniger verdankte, so könnte ich ernsthaft böse auf Sie beide über diesen ungewöhnlichen und unbegründeten Streit werden. Solch ein Streit in einem Augenblicke, wo der Dienst meines Vaters so entschieden die größte Einigkeit fordert! Das Schlimmste aber ist, daß meine besten Freunde glauben, sie dürften sowohl sich selbst als die Sache, die sie vertheidigen, der kleinsten Laune opfern.«

Die beiden jungen Männer erklärten sich bereit, jede Zwistigkeit seiner Entscheidung anheimzustellen.

»In der That,« sagte Waverley, »ich weiß kaum, wessen ich beschuldigt werde. Ich suchte den Oberst Mac-Ivor nur auf, um ihm zu sagen, daß ich nur soeben dem Meuchelmorde von der Hand eines seiner unmittelbaren Begleiter entgangen sei, einer feigen Rache, welche er, wie ich wußte, nicht gut heißen konnte. Die Ursache, derentwegen er Händel mit mir sucht, kenne ich nicht, ausgenommen, daß er mich sehr ungerecht beschuldigt, zum Nachtheil seiner eigenen Ansprüche die Neigung einer jungen Dame gesucht zu haben.«

»Wenn hier ein Irrthum obwaltet,« sagte der Häuptling, »so entsprang er aus einem Gespräche, welches ich diesen Morgen mit Sr. königl. Hoheit selbst hatte.«

»Mit mir?« sagte der Chevalier. »Wie kann der Oberst Mac-Ivor mich so mißverstanden haben?« Er führte hierauf Fergus bei Seite und nach fünf Minuten ernsthafter Unterredung spornte er sein Pferd zu Edward. »Ists möglich – nein, kommen Sie her, Oberst, denn ich will kein Geheimnis; ist es möglich, Herr Waverley, daß ich irre, wenn ich vermuthe, daß Sie ein begünstigter Liebhaber der Miß Bradwardine sind? Eine Thatsache, von der ich so vollkommen überzeugt war, daß ich sie diesen Morgen gegen Bich Ian Vohr als einen Grund anführte, weshalb Sie, ohne ihn dadurch zu beleidigen, nicht fortfahren könnten, eine Verbindung zu suchen, die für jeden, der nicht anderweitig verpflichtet ist, selbst zu viel Reize hat, um so leicht aufgegeben zu werden.«

»Ew. königl. Hoheit,« sagte Waverley, »müssen sich auf Gründe gestützt haben, die mir ganz unbekannt sind, als Sie mir die ausgezeichnete Ehre anthaten, in mir den begünstigten Liebhaber der Miß Bradwardine zu vermuthen. Ich fühle die Auszeichnung, die in dieser Vermuthung liegt, aber ich habe keinen Anspruch darauf. Uebrigens ist mein Vertrauen auf mein eigenes Verdienst mit Recht zu gering, um irgendwo zu hoffen, nachdem ich so bestimmt zurückgewiesen wurde.«

Der Chevalier schwieg einen Augenblick, sah beide fest an und sagte dann: »Meine Herren, gestatten Sie mir, Schiedsrichter in dieser Sache zu sein, nicht als Prinzregent, sondern als Karl Stuart, Ihr Waffenbruder für eine und dieselbe glorreiche Sache. Lassen Sie meine Ansprüche auf Ihren Gehorsam gänzlich bei Seite gelegt sein, und ziehen Sie Ihre eigene Ehre in Erwägung. Bedenken Sie, ob es gut oder zweckmäßig ist, unsern Feinden den Vortheil zu gewähren und unsern Freunden das Aergerniß zu geben, daß wir unserer geringen Zahl ungeachtet nicht einig sind. Verzeihen Sie mir auch, wenn ich noch hinzufüge, daß die Namen der Damen, welche erwähnt wurden, von uns allen mehr Achtung erfordern, als daß sie zu Gegenständen eines Zwistes gemacht werden dürften.«

Er nahm Fergus bei Seite, sprach zwei oder drei Minuten sehr ernsthaft mit ihm, kehrte dann zu Waverley zurück und sagte: »Ich glaube, ich habe den Obersten Mac-Ivor überzeugt, daß sich sein Zorn auf ein Mißverständnis stützte, zu welchem allerdings ich selbst Veranlassung gab, und ich halte Herrn Waverley für zu großmüthig, als daß ich glaube, er werde irgend eine Erinnerung an das Vergangene bewahren, wenn ich ihm die Versicherung gebe, daß die Sache sich so verhält. – Sie müssen diese Sache Ihrem Clan auseinander setzen, Bich Ian Vohr, um jede neue Gewaltthat zu verhüten.« Fergus verneigte sich. »Und nun, meine Herren, machen Sie mir das Vergnügen, zu sehen, daß sie sich die Hände geben.«

Sie näherten sich kalt, jeder widerstrebend, um den Schein zu vermeiden, den ersten Schritt gethan zu haben. Indeß gaben sie sich die Hände und trennten sich dann mit einer ehrfurchtsvollen Verabschiedung von dem Chevalier.

Karl Eduard ritt hierauf an die Spitze der Mac-Ivors, stieg vom Pferde, bat den alten Ballenkeiroch um einen Trunk aus seiner Feldflasche und marschirte eine halbe Stunde mit ihnen. Er fragte nach der Geschichte und den Verbindungen des Slioch nan Ivor, wobei er geschickt die wenigen gälischen Worte, die er verstand, benutzte, und den Wunsch aussprach, mehr zu lernen. Er bestieg hierauf wieder sein Pferd und galoppirte zu der Kavallerie des Barons, die in Front aufgestellt war, besichtigte das Sattel- und Zaumzeug, erkundigte sich nach den ersten Edelleuten und selbst nach den jüngeren Söhnen, fragte nach ihren Namen, sprach über ihre Pferde, ritt eine Stunde weit neben dem Baron von Bradwardine und hielt drei lange Geschichten über den Feldmarschall Herzog von Berwick aus.

»Ah, Bonjour, mon cher ami,« sagte er, indem er seinen gewöhnlichen Platz in der Marschlinie wieder einnahm, »que mon métier de prince errant est ennuyant, par fois. Mais, courage! c'est le grand jeu, après tout.«


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