Friedrich Huch
Enzio
Friedrich Huch

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An einem der nächsten Nachmittage war sie bei ihm. Sie spielte ihm vor. Etwas Derartiges hatte er noch nie gehört: Wild, erotisch, von einem Temperament, von einem Schwung, der ohne 433 weiteres ins Blut ging. Bald sang, bald pfiff sie zwischen ihren Melodien, das Spiel ging in eine Tarantella über, und als sie endete, stand Enzio hochrot neben ihr. – Sie erhob sich: Nun, wie hat es Ihnen gefallen? – Er starrte sie an: Schön sind Sie! hinreißend schön! – Jetzt spielen Sie mir etwas von sich vor! Er schüttelte den Kopf. – Sie sollen aber! – Ich will aber nicht! – Sie müssen, ich will es. – Auf keinen Fall! – Sie packte ihn an beiden Schultern, und suchte ihn auf den Klaviersitz niederzuziehen; er wehrte sich, sie ließ nicht nach. Es entstand ein stillschweigendes Ringen, immer hartnäckiger und zäher, sie biß ihn in die Hand, dazwischen rief sie: Sie sollen, ich will es! und faßte ihn mit beiden Armen um den ganzen Körper. Enzios Blut lohte; die Gedanken verließen ihn, er faßte ihre Schläfen mit allen Fingern, suchte ihr Gesicht aufwärts zu wenden, mit Anspannung aller Kräfte gelang es, er preßte seine Lippen auf die ihren, zu einem langen Kuß. Sie erwiderte ihn aufs heftigste. Spielen, spielen, spielen, rief sie, und dachte gar nicht daran, daß er spielen solle, faßte ihn von neuem und fühlte nur seinen starken, schönen Körper.

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