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69. Die erste verbotene Fahrt

Diese erste stürmische Nachtfahrt im späten Oktober mit Dumala neben sich und dem Beifahrer Hoppe, einem langen, vergnügten Mann, auf dem Anhänger hinter sich, blieb dem Karl Siebrecht in seinem ganzen Leben unvergeßlich. Es war alles noch neu für ihn: zum erstenmal saß er als Alleinverantwortlicher am Steuer eines Lastzuges, führte ihn über unbekannte Straßen einem unbekannten Ziel zu. Es donnerte und dröhnte, die Schienen hinter ihm klapperten – stumm saß Dumala neben ihm, an seiner immer wieder erloschenen Zigarre lutschend, immer noch den steifen schwarzen Hut auf dem Kopf, eine finstere Gestalt. »Schneller!« sagte er nur manchmal. »Noch schneller – wir müssen vor Morgen dort sein.«

»Dort« war irgendein Ort in Hinterpommern, ein Dorf, ein Gut. Siebrecht hatte lange auf der Karte suchen müssen, ehe er ihn überhaupt fand. Noch fuhren sie auf großen Landstraßen, noch hatten sie freie Fahrt. Die Wälder rauschten neben ihnen, dann kamen sie aufs freie Feld, und sofort sprang der Wind sie von der Seite an, erfüllte das Führerhäuschen mit dem feuchten, nahrhaften Geruch von frischgepflügtem Herbstacker. »Noch ein Zahn mehr!« verlangte Dumala. »Schlaf bloß nicht ein, mein Sohn!«

Der Sohn sah vor sich hin. Jetzt dröhnten sie durch ein verschlafenes Städtchen. Seine Hände lagen fest am Steuer, sein Fuß schwebte trittbereit über der Kuppelung. Er hatte keine Ahnung, wie die Straße weiter lief, aber »noch einen Zahn mehr« hatte Dumala gesagt, und so fuhr er einen ganzen Zacken mehr! Alles war noch neu für ihn. Noch verstand er nicht, warum sie diese Fuhre durchaus in der Nacht erledigten und warum es so geheimnisvoll zuging. Gesagt hatte ihm, getreu seinem Versprechen unter »Erstens«, der Dumala gar nichts. Er hatte ihn vom Bahnhof in Köpenick – es war schon dunkel gewesen – auf einen Lagerplatz geführt, an dessen Tor ein richtiger deutscher Soldat Posten stand, ein seltener Anblick in diesen Tagen. Auf dem dunklen, unbeleuchteten Platz hatten Berge von Material gelegen, von irgendeinem aufgelösten Pionier- oder Eisenbahnpark: Schienen und Lokomotiven, Spaten und Feldbahnwagen, Kipploren, Hacken, Weichen ... Alles in Bergen, die verrostet, zusammengefallen waren ... An einen solchen Berg Schienen hatte Karl Siebrecht seinen Lastzug, feldgrau gestrichen, heransetzen müssen. »Wir fahren heute die Schienen für die Zuckerrübenbahn von Rittergut Neuhof«, hatte Dumala zu einem auftauchenden Schatten gesagt, und dann war Siebrecht in die Kantine geschickt worden, um noch etwas Warmes zu essen und zu trinken. Um das Aufladen hatte er sich nicht zu kümmern brauchen. Aber was zum Henker war so geheimnisvoll daran, wenn sich das Rittergut Neuhof eine Bahn zur Zuckerrübenabfuhr zulegte?

In der Kantine hatten ein paar schläfrige, verdrossen aussehende Soldaten herumgesessen, altgediente Leute, die den Mund nicht auftun mochten. Aber das Essen war ausgezeichnet gewesen und der Kaffee richtiger Bohnenkaffee. Unaufgefordert wurde ihm noch ein Stullenpaket gebracht und eine Thermosflasche mit Kaffee.

Die Geleise waren schon fertig aufgeladen, als er zurückkam. »Das ist dein Beifahrer, Hoppe heißt er«, sagte Dumala, und die beiden sahen sich im Schein der Autolampe an, schüttelten sich die Hand und trennten sich wieder. Dumala setzte sich neben Karl Siebrecht. »Los!« sagte er. »Bis auf die Chaussee lotse ich dich. Köpenick ist verdammt winklig. Paß gut auf, damit du das nächstemal allein Bescheid weißt.« Als sie auf freier Straße waren, und Karl Siebrecht losfahren wollte, sagte Dumala nur: »An die Seite fahren und halten!« Und dann: »In der Ledertasche links von dir hast du all deine Fahrerpapiere, auch die über deine Fracht. Kommt eine Kontrolle, holst du die raus. Laß dich nie ausfragen, Sohn, sei ein bißchen mundfaul, es steht eben alles in deinen Papieren. Kapiert?«

»Jawohl.«

»Schön. Mich kennst du nicht, mich hast du nur ein Stück mitgenommen. Ich sorge schon für mich allein, verstanden?«

»Jawohl.«

»Dann fahre los, mein Sohn!« – Und Karl Siebrecht fuhr los.

Übrigens hatten sie auf dieser ersten Fahrt nur eine einzige Kontrolle, da waren sie schon weit über Stettin und Stargard hinaus, tief im Hinterpommerschen. Sie kamen in einem Walde gerade um eine Kurve, da sah Karl Siebrecht kurz vor sich die rote Laterne, die winkend auf und ab bewegt wurde. »Kontrolle!« sagte Dumala kurz und kroch in sich zusammen.

Langsam kam der Lastzug zum Halten, die beiden Landjäger mußten noch ein Stück nebenherlaufen. »Ihre Papiere«, sagte der eine, und Siebrecht griff in die Tasche neben sich.

»Wo wollen Sie denn hin?« fragte der andere, während der erste die Papiere nahm.

»Steht alles aufgeschrieben«, antwortete Siebrecht kurz und wunderte sich, wohin eigentlich der Dumala verschwunden war. Nicht eine Spur war von dem Mann zu sehen. Um beschäftigt zu sein, griff er nach dem Stullenpaket und fing an zu essen.

»Hatten Sie nicht eben einen Mann da vorne bei sich?« wurde er gefragt.

»Keine Ahnung«, sagte er kauend.

»Und Sie fahren ganz ohne Beifahrer?«

»Wenn keiner hinten drauf sitzt, werde ich wohl allein fahren!«

Also schien auch der Hoppe verschwunden, eine komische Fuhre war solch eine Schienenfuhre für ein ländliches Gut!

Aber dann sah Karl Siebrecht das Büchlein, das der Landjäger gerade aus einem Zelluloidfutteral zog, es war sein Führerschein. Aber sein Führerschein war es nicht, denn den trug er in der Innentasche seiner Lederjacke! Unwillkürlich griff er unter dem Pelz danach, fühlte mit Daumen und Zeigefinger den kantigen Umriß und sah doch dort in den Händen des Landjägers den gleichen Führerschein, sah im Licht der Taschenlampe sein Bild, das der Landjäger jetzt musternd mit ihm verglich. Sah seinen Namen darunter geschrieben, und die Handschrift war seine eigene, sah wenigstens wie seine eigene aus!

Gefahr! schrie es in ihm. Höchste Gefahr! In was bist du da getappt! Die können die tollsten Schiebungen mit dir machen, und jetzt sind sie verschwunden! Dumala, Hoppe, das sollst du erst mal beweisen! Was kann nicht alles unter den Schienen stecken?!

Er hatte zu essen aufgehört und wickelte seine Brote wieder ein.

Der zweite Landjäger tauchte aus dem Dunkel auf, er hatte wohl unterdes den Inhalt der Wagen zu kontrollieren versucht. Einen Augenblick flüsterten die beiden miteinander. Dann sagte der Landjäger: »Sie können weiterfahren. Hinter Dramburg biegen Sie rechts ab.«

»Gute Nacht, Herr Wachtmeister«, antwortete Karl Siebrecht und schlug die Tür zu. Einen Augenblick saß er überlegend, die Papiere in der Hand. Die Landjäger standen noch immer auf der Straße. Da waren dieser Dumala und der Hoppe, und da war der doppelte Führerschein ... Aber dann entschloß er sich doch und fuhr an. Der Dumala hatte gesagt, er werde für sich selbst sorgen, und es sah ganz danach aus, als könne er das, und für den Hoppe dazu! Und was den Führerschein anging ... Erstens hieß es ja wohl die Schnauze halten und keine Fragen stellen. Aber eine Frage mußte er nun doch stellen, darum kam dieser Herr mit dem steifen Hut nicht herum ...

Der Lastzug donnerte und schüttelte. Es war anders, ihn zu fahren, wenn man ganz allein darauf saß. Es war einsam. Selbst ein Dumala war Gesellschaft gewesen, die Gedanken fielen anders aus, wenn ein Mensch daneben saß. Da war Rieke zu Hause, vielleicht schlief sie, es war kurz nach drei Uhr morgens, aber wahrscheinlich schlief sie nicht, sondern wartete auf ihn. Sie würde zornig auf ihn sein, wenn er zurückkam, und mit Recht ... Er hätte ja jetzt einmal halten und sich den Führerschein ansehen können, aber das hatte Zeit. Nicht Zeit hatte die Fahrt. Dumala hatte gesagt, er müsse vor Morgen auf dem Gut sein, er solle noch einen Zahn zulegen. So ein alter Spieß hatte eine Art, etwas zu sagen, die für jeden Soldaten etwas Bindendes hatte, der Spieß mochte einem mißfallen oder nicht. Übrigens mißfiel ihm der Dumala nicht einmal so sehr. Wann er den wohl wiedersehen würde? Es war fast ausgeschlossen, daß er noch zur Zeit aufs Gut kam.

Hinter Dramburg, wo er so schlicht gesagt rechts abbiegen sollte, wurden die Wegeverhältnisse etwas unübersichtlich. An einer Straßenkreuzung hielt er und legte sich die Landkarte über die Knie. Aber ehe er sie studierte, griff er nach den Papieren in der Tasche. Er nahm den Führerschein, schlug ihn auf. Da war sein Bild, und darunter stand sein Name, ganz, als hätte er ihn selbst geschrieben: Karl Siebert ... Oh, wie so schlau und einfach! Sie hätten ihn ruhig nach seinem Namen fragen können, Siebrecht und Siebert, so etwas konnte man schon falsch verstehen, da war nichts reinzufallen. Die hatten Routine, diese Brüder, die machten so etwas nicht zum erstenmal! Das war ordentlich gemacht, das war kein Pfusch, irgendwie gab es einem wieder Vertrauen zu diesem Dumala und wer alles dahinterstand!

»Jetzt fährst du rechts, mein Sohn!« sagte Dumala und setzte sich neben ihn. »Kram die Papiere weg. In einer kleinen Stunde hast du es geschafft.«

»Zu Befehl!« sagte der Fahrer, kramte die Papiere weg und fuhr rechts.

Wenn der angeben konnte, so konnte er auch angeben. Nur nichts sich merken lassen, wenn der sich nichts merken ließ. Natürlich war es möglich gewesen, neben dem langsam anfahrenden Lastzug im Schatten des Anhängers ein Stück nebenherzulaufen und sich dann auf den Sitz dieses Anhängers zu schwingen. Daß er nicht eher daran gedacht hatte! Er grinste, aber nur nach innen, wenn er sich den Dumala dachte, wie er stämmig und schwer neben dem Anhänger hergelaufen war – was er wohl mit seinem steifen Hut angefangen hatte?

»Rechts!« befahl Dumala. »Achtung, Feldweg!«

Jawohl, jetzt kamen Feldwege, jetzt kamen auch Waldwege, jetzt war an irgendein nennenswertes Tempo nicht mehr zu denken. Der Boden war weich von dem Oktoberregen, schwerfällig schob sich der Lastzug ins Unbekannte. Zwischen den Bäumen hing Nebel, die Luft wurde immer feuchter. Die Räder rutschten, einmal schrammten sie knackend am Stamm einer Kiefer entlang. »Halt!« sagte dann Dumala, und sie hielten. »Warten!« sagte Dumala und kletterte aus dem Führersitz. Einen Augenblick sah ihn Siebrecht noch im Licht der Scheinwerfer einen Weg entlanggehen, den steifen Hut im Nacken, der Mantel hing schwer herab. Dann hatte ihn das Dunkel verschluckt.

Nun puckerte nur noch der Motor in der Stille, es war, als sei er das eigene Herz. Der langsame, beharrliche Lärm vergrößerte noch die Stille. Da waren Fichtenzweige, die ganz voller Tropfen hingen, zwischen ihnen das Netz einer Spinne. Auf dem Weg vor ihm Geleise, Spuren von Hufen, fremdes Leben, in das er hineingeraten war, er wußte nicht, warum. Irgendwo weit hinten war die kleine Wohnung in der Eichendorffstraße mit Frau und Freund – jetzt lag sie unvorstellbar weit. Als läge das alles Jahre, ein halbes Leben zurück.

Hier, tief im Walde, das Motorenklopfen, eine Gestalt, die sich entfernte, ein Spinnennetz, Tropfen von Dunst und Nebel an nadeligen Zweigen – das war sein Leben geworden ...

Er schreckte auf. Neben ihm, auf dem Waldweg, stand der Beifahrer Hoppe. Er stampfte mit den Füßen, schlug mit den Armen, um sich zu erwärmen. »Frisch, was?« fragte er. – Es mußte ein verdammt kaltes Fahren sein auf dem offenen Sitz des Anhängers, ohne Windschutzscheibe, ohne den wärmenden Motor.

»Heute geht's noch«, sagte Hoppe. Und fragte: »Stimmt das, daß du heute erst deine Führerprüfung gemacht hast?«

»Nee! Gestern morgen, es ist nach vier Uhr früh.«

»In Ordnung!« sagte Hoppe. »Du kannst fahren. – Da kommt der Bulle wieder!«

Der Bulle, also der Dumala, kam zurück mit einem langen, schlanken Herrn, der den Karl Siebrecht entfernt an Herrn von Senden erinnerte. Dieser Herr kletterte neben Karl Siebrecht in den Führerstand. »Los!« sagte auch er. »Ich sage Ihnen, wie Sie zu fahren haben.« Kein überflüssiges Wort, keine Vorstellung, kein Gruß.

Sie fuhren nur noch ein kurzes Stück. Dann standen da ein paar Männer verloren im dunklen Wald: ein paar junge Leute, ein Vollbart in Försteruniform, ein alter Landarbeiter. »Halt!« sagte der Herr.

Alles ging ganz schnell. Sie warfen die Schienen von den Wagen, und nun kamen Kisten unter den Schienen zum Vorschein, recht große Kisten. Zu vieren packten sie an, keiner schloß sich aus, der Dumala nicht, der feine Herr nicht. Sie trugen die Kisten in den Wald, da waren Gruben gegraben, in die wurden sie hineingelegt. Ein paar blieben zum Zuschaufeln zurück, ein paar halfen, die Schienen wieder auf den Lastzug zu laden. Rasche, wortlose Arbeit. Gegen fünf Uhr war alles geschafft. Karl Siebrecht und Dumala standen plötzlich allein am Lastzug, der Hoppe bastelte hinten am Anhänger. »Nun, mein Sohn«, sagte Dumala, »schläfst du, bis es hell wird. Du kannst bis aus dem Wald herausfahren. Den Weg zurück findest du doch?«

»Jawohl.« Kein Wort mehr.

»Gegen acht bist du auf dem Hof und lieferst deine Schienen ab. Der Herr hat als Rückfracht für dich Kartoffelflocken, die fährst du nach Stettin. Dann kommst du wieder dorthin, wo du abgefahren bist. Verstanden?«

»Jawohl.«

»Noch eine Frage?«

»Nein.«

»Gut«, sagte Dumala und schien es wirklich gut zu finden. Er tippte gegen den Hut und ging los, in den dunklen Wald hinein, tiefer ins Dunkle, verschwand, wurde unsichtbar. Karl Siebrecht starrte ihm nach.

»Na, denn man los!« sagte Hoppe. »Hat der Bulle dir Geld gegeben?«

»Nein.«

»Mir auch nicht. Na, wir werden schon durchkommen. Vielleicht gibt der Herr uns was. Du mußt doch tanken.«

Aber sie bekamen den Herrn gar nicht wieder zu sehen. Kurz nach acht kamen sie auf den Rittergutshof, und da liefen nun die jungen Leute herum, die in der Nacht mit ihnen gearbeitet hatten. Jetzt waren sie Inspektoren und Rechnungsführer und taten fremd und unbekannt. Nur daß sie nach Art der jungen Leute es nicht lassen konnten, manchmal einen heimlich zwinkernden Seitenblick zu werfen. Sie aßen mit ihnen, und Karl Siebrecht und Hoppe bekamen dann ein Zimmer, wo sie schlafen konnten. Unterdes wurden die Flockensäcke aufgeladen. Es sollte erst am nächsten Morgen weitergehen. Abends gingen sie alle zusammen in den Gasthof, aber auch hier wurde nichts erwähnt und nichts erzählt, sie tanzten und dalberten ein bißchen mit den Dorfmädchen, es wurde geraucht und ein wenig getrunken.

Wozu sollte auch etwas erzählt werden? Karl Siebrecht brauchte nicht mehr zu fragen, weder den Dumala noch den Beifahrer Hoppe, noch sonst einen. Auch ohnedies wußte er Bescheid. Gerade vor kurzem waren die Zeitungen davon voll gewesen, daß Mitglieder einer Entente-Kommission in einem Hafenort tätlich beleidigt worden waren – die deutsche Reichsregierung hatte sich entschuldigen und schwere Buße zahlen müssen. Diese Entente-Kommissionen, die überall im Deutschen Reich herumreisten, in alle Werke, auf alle Lagerplätze ihre Nasen steckten, ob Deutschland auch sämtliche Waffen abgeliefert hätte – diese Entente-Kommissionen, die das Volk nur Schnüffelkommissionen nannte, hatte nun auch Karl Siebrecht betrogen. Er hatte Waffen verstecken helfen. Wenn er erwischt wurde, wurde er bestraft, aber dann wurde Karl Siebert bestraft – und den gab es nicht. Fragte sich nur, was Rieke zu alldem sagen würde?

Auf der langen Heimfahrt, ausgeruht und gut gefüttert, dachte Karl Siebrecht lange darüber nach, was er Rieke sagen sollte, ob er ihr überhaupt etwas sagen würde. Hatte es einen Zweck? Sie würde dagegen sein, sie mußte dagegen sein, sie war für ein ruhiges Leben, ein behagliches Auskommen. Abenteuer haßte sie. Er aber hatte den Entschluß gefaßt, dies erst mal weiter mitzumachen, es war besser als Taxifahren. Es lag auch mehr Sinn darin. Wozu ihr also etwas sagen? Aber irgend etwas mußte er ihr doch sagen!

Der Wind pfiff über die weiten Felder, durch die der Pflug ging, der Wagen dröhnte und klapperte, ein paar Ketten klirrten. »Bist du eigentlich verheiratet?« fragte Karl Siebrecht seinen Beifahrer, der jetzt neben ihm saß.

»Nee, gottlob nicht!« lachte der. Und nach einer Pause, als habe er die Gedanken des anderen erraten: »Wirst du weitermachen oder –?«

»Doch«, sagte Karl Siebrecht. »Ich werde weitermachen.«

»Schön!« sagte der andere nur, und wieder schwiegen sie.

Und was werde ich Rieke sagen? fragte sich Karl Siebrecht wieder. Er wollte sich trösten: Wenigstens bringe ich ihr einen Haufen Geld mit, mehr als ich in zwei Wochen Taxifahren eingenommen habe. Denn es hatte sich gezeigt, daß Dumala auch daran gedacht hatte. In der Tasche für die Papiere hatten drei Umschläge mit Geld gesteckt, jeder mit einer Aufschrift, aber ohne Namen: Fahrer – Beifahrer – Tanken hatte daraufgestanden.

Wenigstens bringe ich ihr viel Geld nach Haus; wiederholte er sich beharrlich. Und wußte doch, daß dies Unsinn war, daß es Rieke gar nicht auf Geld ankam, sondern auf ganz etwas anderes, das er nicht geben konnte. Eigentlich führe ich gar keine richtige Ehe, dachte er plötzlich und erschrak sehr. Aber nun ließ ihn dieser Gedanke während der ganzen Fahrt nicht mehr los.


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